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29.02.08
10:32 Uhr
B 90/Grüne

Monika Heinold zur Krippenfinanzierung

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 45 – Ausbau U 3 / Krippenfinanzierung Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Dazu sagt die kinderpolitische Sprecherin Telefon: 0431 / 988-1503 Fax: 0431 / 988-1501 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172 / 541 83 53 Monika Heinold: E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh.gruene-fraktion.de


Nr. 092.08 / 29.2.2008

Vereinbarkeit von Familie und Beruf statt ganztägig Butterbrot und Streicheleinheiten für Mann und Kind
Der gesellschaftliche Konsens, dass Eltern die Möglichkeit haben sollen, sich frei zu ent- scheiden, ob und wie sie Familie und Beruf miteinander vereinbaren wollen, ist erst we- nige Jahre alt, und so wundert es nicht, dass Deutschland beim Ausbau der Kinder- betreuungseinrichtungen noch immer zu den europäischen Schlusslichtern gehört!
Über Jahrzehnte hat insbesondere die CDU eine Fremdbetreuung von Kindern unter drei Jahren blockiert und stattdessen auf die heile Familie gesetzt, auf die aufopfernde Mut- ter, die in ihrer Rolle voll aufgeht und Kinder wie Mann zuverlässig und gleichermaßen mit Streicheleinheiten und Butterbrot versorgt.
Dass dieses konservative Weltbild der CDU endlich ins Trudeln geraten ist, macht insbe- sondere das Ausbauprogramm Krippenplätze deutlich! Bis 2013 soll für 35 Prozent aller Kinder unter drei Jahren ein Betreuungsangebot in Tagespflege oder Kinderkrippe ge- schaffen werden. Das ist nicht nur gut, sondern absolut notwendig und überfällig.
Das Gesetz knüpft an das 2004 von Rot-Grün beschlossene Tagesbetreuungsausbau- gesetz an, das bis 2010 einen Versorgungsgrad von 20 Prozent vorsah.
Für Schleswig-Holstein heißt der neue Kurs, dass bis zum Jahr 2013 zirka 17.000 neue Betreuungsplätze geschaffen werden müssen. Das ist ein organisatorischer und ein fi- nanzpolitischer Kraftakt! Dementsprechend schwer hat sich die Landesregierung mit der Umsetzung der bundespolitischen Verabredung getan!
Schon im November 2007 hatten sich Kommunen und Träger von Kindertageseinrich- tungen darüber beklagt, dass die Landesregierung nicht in die Hufen kommt und dass es keine Eckpunkte zur Umsetzung und zur Finanzierung des Kinderbetreuungsausbaus gibt.
1/4 Niemand wollte vor Ort das Abenteuer eingehen, auf eine scheinbar verbindliche Zusage der Bundesregierung oder der Landesregierung hin mit einem Ausbau zu beginnen, nicht wissend, wie die Finanzierung aussieht.
Mit unserem Berichtsantrag aus dem letzten Jahr wollten wir Klarheit in die Debatte brin- gen. Auf Wunsch der Bildungsministerin waren wir damit einverstanden, dass der Bericht erst im Februar gegeben wird, in der Hoffnung, dass dann feststeht, nach welchen Krite- rien und nach welchem Verfahren die Fördermittel an Kommunen, Einrichtungen und Träger bewilligt werden.
Aber Pustekuchen – nach dem Bericht sind wir nicht schlauer als vorher, denn noch im- mer ist alles in der Schwebe, die Gespräche mit den Kommunen laufen noch, so die Landesregierung als Antwort auf unsere Frage.
Dennoch gibt es vier erfreuliche Feststellungen im Bericht: das Land wird alle Investiti- ons- und Betriebskostenmittel des Bundes ungeschmälert an die Kommunen weiter lei- ten – eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Das Land hat sich verpflichtet, sich in glei- cher Höhe wie der Bund an den Betriebskosten zu beteiligen und sich zu 50 Prozent an den für die Kommunen verbleibenden Investitionskosten zu beteiligen das Land wir 5 Mio. Euro bereit stellen, um Tagespflegeeltern zu qualifizieren.
Und die Landesregierung hat zugesagt, dass alle Kitas, die schon jetzt mit der Investition beginnen wollen, gefördert werden, wenn sie in die Bedarfsplanung der örtlichen Träger aufgenommen wurden und rechtsverbindliche Verträge abgeschlossen wurden.
Meine Damen und Herren, die Eltern warten darauf, dass das Versprechen auf einen Betreuungsplatz zügig umge- setzt wird!
Erst vor wenigen Wochen berichtete mir die Leitung einer Kindertagesstätte in Itzehoe, dass sie für August eine Nachfrage für 50 Krippenplätze haben, aber nur fünf neue Kin- der unter drei Jahren aufnehmen können!
Immer mehr junge Frauen wollen sich nicht mehr in das konservative Weltbild der glück- lichen Mutter zwischen „Weißer Riese“ und gelungenem Schweinebraten drängen las- sen, sondern sie fordern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf! Es wird also höchste Eisenbahn, dass sich der Krippenzug in Bewegung setzt!
Auch die Wirtschaft ruft nach Betreuungsplätzen für Kleinkinder, denn angesichts des demographischen Wandels fehlen spätestes ab 2015 Tausende von Fachkräften – Män- ner wie Frauen! Und so ist auch die Wirtschaft aufgefordert, sich zu beteiligen, zum Bei- spiel durch den Aufbau von Betriebskindergärten mit flexiblen Öffnungszeiten.
Aber auch aus bildungspolitischer Sicht ist die Förderung von Betreuungsplätzen wichtig! Alle Fachleute sagen, dass eine gute staatliche Kinderbetreuung für ein Teil der Kinder die einzige Chance ist, früh Bildungschancen zu erhalten und soziales Lernen zu erfah- ren!
Für das eine oder andere Kind wäre es ein Segen, wenn es spätestens mit einem Jahr in den Genuss einer staatlichen Tagesbetreuung kommen würde: mit einem geregeltem Tagesablauf, mit einer warmen Mahlzeit, mit frischer Luft auf dem Spielplatz, sozialen Kontakten und Bildungsangeboten! Meine Fraktion will die Entscheidungsfreiheit der Eltern sicherstellen: Wer früh in den Be- ruf einsteigen will, muss für sein Kind ein Betreuungsplatz erhalten.
Und meine Fraktion setzt sich dafür ein, dass insbesondere auch Kinder aus bildungsfer- nen Schichten unabhängig von der Berufstätigkeit ihrer Eltern möglichst früh die Chance auf einen Betreuungsplatz erhalten!
Deshalb ist es geradezu absurd, dass CSU/CDU als Voraussetzung für den Ausbau von Krippenplätzen die Einführung eines Betreuungsgeldes durchgesetzt haben!
Welchen Sinn macht es, Familien, die ihr Kind nicht in eine Bildungseinrichtung geben, mit zirka zwei Mrd. Euro zu unterstützen? War die CDU nicht angetreten, alle familienpo- litischen Leistungen zu bündeln?
Das Betreuungsgeld ist aus finanzieller Sicht unverantwortlich und aus fachlicher Sicht grober Unfug!
Es ist ein bildungspolitischer Crashkurs, da es gerade bildungsfernen und zugleich ein- kommensschwachen Eltern einen starken Anreiz bietet, ihren Kindern frühe Förderange- bote vorzuenthalten und sich stattdessen lieber für die Geldleistung zu entscheiden.
Meine Fraktion lehnt das Betreuungsgeld ab – wir müssen uns finanziell auf die politi- sche Schwerpunktsetzung Infrastrukturausbau konzentrieren, sonst verhungert der sprichwörtliche Esel zwischen den beiden Heuhaufen.
Der beschossene Ausbau kostet viel Geld: In Schleswig-Holstein haben wir zurzeit bei den unter Dreijährigen eine Betreuungsquote von 8,3 Prozent, so dass noch 17.000 Plät- ze geschaffen und anschließend im Betrieb finanziert werden müssen.
Für die Kommunen wird das ein steiniger Weg, denn auch sie müssen die entsprechen- den Mittel zur Verfügung stellen. Dabei ist es wichtig, dass dieser Kraftakt bei der Quanti- tät nicht zu einem Ausbluten der Qualität kommt!
Gerade die PISA Ergebnisse haben uns doch gezeigt, wie notwendig ist es, Kinder von klein an gut zu fördern, damit sie später gleiche Bildungschancen haben und damit nicht länger einzig und allein das Elternhaus über den Bildungsweg des Kindes entscheidet!
Deshalb ist es auch richtig, dass es einen Qualitätsanspruch an die Tagespflege gibt. Für meine Fraktion sage ich ganz deutlich: Ziel muss es sein, die pädagogische Qualität der Kita in allen Tagespflegestellen sicher zu stellen.
Ziel darf es nicht sein, mit kostengünstigen Tagespflegegruppen auf weniger Qualität und damit auf günstigere Plätze zu setzen!
Frühe Förderung ist der beste Weg zu mehr Chancengerechtigkeit.
Die gerade veröffentlichte Untersuchung des Sinus-Institutes hat zum Ergebnis, dass die Probleme innerhalb der Familie wachsen und dass sich viele Eltern überfordert und von der Gesellschaft im Stich gelassen fühlen!
Und, auch das ein erschreckendes Ergebnis, dass die Mehrzahl der Eltern das Vertrauen in das öffentliche Bildungssystem verloren hat und dass die Milieus immer mehr ausein- ander driften. Deshalb ist es zwingend notwendig, eine qualitativ gute Kinderbetreuung flächendeckend anzubieten.
Dabei hilft es nicht weiter, sich um die Urheberschaft zu streiten. Bundesfamilienministe- rin von der Leyen, auch schon mal „Super-Nanny“ geannnt, hat ihre konservative Män- nertruppe derart auf Trab gebracht,, dass der SPD- Fraktionsvorsitzende Ralf Stegner schon davon spricht, dass die CDU in der Familienpolitik „sozialdemokratischen The- menklau“ betreibt. Sei´s drum! Hauptsache, es tut sich etwas!
Die Landesregierung ist nun aufgefordert, Nägel mit Köpfen machen und sich mit den Kommunen auf verbindliche Rahmenbedingungen zu verständigen!
Der Ausbau von Betreuungsplätzen für die ganz Kleinen duldet keinen Aufschub!

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