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28.02.08
10:27 Uhr
CDU

Frauke Tengler zu TOP 11: Dreh- und Angelpunkt bleibt das Individuum

Gleichstellungspolitik
Nr. 069/08 vom 28. Februar 2008
Frauke Tengler zu TOP 11: Dreh- und Angelpunkt bleibt das Individuum
Sperrfrist: Redebeginn. Es gilt das gesprochene Wort.
Mein Dank gilt zunächst der Landesregierung für eine detaillierte, umfangreiche, im perspektivischen Bereich ausbaubare Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion. Das Material liefert eine gute Datengrundlage mit zahlreichen Statistiken und anschaulichen Einzelprojekten.
Wobei ich es bedaure, dass für den Bereich der Wohlfahrtsverbände z. B. keine Zahlen und Statistiken zur Verfügung stehen.
In diesem Bereich ist der Frauenanteil erheblich höher als der Männeranteil. Für mich ist im Zusammenhang „Ehrenamt“ wichtig zu erwähnen: im Kreis Schleswig-Flensburg gibt es seit Januar 2008 die erste Wehrführerin in der Feuerwehr! Einstimmig gewählt!
Von der heutigen Debatte und anschließend stattfindenden Ausschussberatungen erwarte ich, dass wir auf der Grundlage der uns zur Verfügung gestellten Informationen politische Schlussfolgerungen ziehen. Was wollen wir gemeinsam in der Frauenpolitik in Schleswig-Holstein erreichen?
Pressesprecher Dirk Hundertmark Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de


Seite 1/5 Setzt Frauenpolitik eigentlich auch eine Männerpolitik voraus? Geschafft haben wir es, wenn es tatsächlich erreicht ist, was in Wahlkämpfen immer wieder gebetsmühlenartig wiederholt wird: Wir machen Politik für die Menschen. Also Menschenpolitik.
Frauenpolitik ist mehr als eine statistische Bestandsaufnahme! Genau wie Frauen keine soziologische Gruppe, sondern die andere Hälfte sind!
Frauenpolitik ist Teil einer sich stets wandelnden Gesellschaft: Als vor 18 Jahren Frau Prof. Ursula Lehr, ehemalige Bundesministerin für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit sagte: „auch 2jährige können nach entwicklungspsychologischen Erkenntnisse, in außerhäusliche Betreuung“ hieß es landauf landab: „Lehr macht die Familie kaputt“. Heute ist diese Forderung selbstverständlich und weitergehend.
Frauenpolitik heißt primär eine Wertedebatte führen, Verhaltensmuster ändern, traditionelle Rollenvorstellungen hinterfragen und eigene Lebensentwürfe entwickeln.
Der Staat ist sekundär gefordert die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu schaffen und da ist Schleswig-Holstein auf einem guten Weg, ich komme noch darauf zurück.
Dreh- und Angelpunkt ist und bleibt das Individuum, die Frau, die ihr Leben eigenverantwortlich in die Hand nimmt und die damit verbundenen Chancen auch als solche begreift. Frauen müssen Verantwortung wollen, Männer müssen wollen, dass Frauen Verantwortung übernehmen.
Fragen sie eine Frau: „Willst Du nicht für den Kreistag kandidieren?! Kommt die Antwort: „Glaubst du, dass ich das kann?“ Bei der gleichen Frage an einen Mann kommt die Antwort: „Wieso hat du mich nicht schon lange danach gefragt.“
Wo stehen wir heute? Ich will einige Passagen aus der Antwort der Landesregierung hervorheben, um deutlich zu machen, wo wir heute stehen. Ich beginne zunächst mit dem eigenen Umfeld und gehe dann zu allgemeingültigeren Aussagen über: 1/3 aller Abgeordneten im Schleswig-Holsteinischen Landtag sind Frauen. Von acht Ausschüssen haben lediglich drei Ausschüsse eine Frau zur Vorsitzenden – dabei handelt es sich um die Ausschüsse für Bildung, Soziales und Europa.
In der Landesregierung sind Frauen auf der Führungsebene stark

Seite 2/5 unterrepräsentiert. Von den abhängig beschäftigten Frauen in Schleswig-Holstein arbeitet ¼ in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen. Der Anteil von Frauen ist bis zu der Verdienstgrenze von 1300 Euro netto deutlich überrepräsentiert, oberhalb dieser Verdienstgrenze deutlich unterrepräsentiert.
Aber: Mädchen erzielen im Durchschnitt bessere Schulnoten als Jungen, sie konnten ihre Fähigkeiten bisher aber nicht entsprechend in berufliche Erfolge und höhere Verdienste umsetzen.
Wo wollen wir hin? Die Situation ist trotz aller Maßnahmen der Frauenpolitik immer noch unbefriedigend. Die Weichen dafür, dass Frauen in Zukunft wirtschaftlich und damit auch gesellschaftspolitisch besser dastehen als heute, sind jedoch gestellt.
Jahrzehntelange erfolgreiche Bemühungen haben dazu beigetragen, dass die Mädchen heute die Gewinnerinnen im Bildungssystem sind. Die Frauen haben ihre Bildungsdefizite nicht nur verringert, sondern die Männer in weiten Bereichen der allgemeinen wie beruflichen Bildung bereits überholt.
Mädchen machen heute 56 Prozent der deutschen Abiturienten aus. Dennoch lernen die meisten Frauen nach wie vor klassische, niedrig bezahlte Berufe wie Bürokauffrau, Einzelhandelskauffrau, Arzthelferin, Friseurin, Hotelfachfrau und Bankkauffrau.
Bei dem Umfang der Antwort der Großen Anfrage möchte ich mich auf den Bereich „gleiche Chancen“ konzentrieren.
56 Prozent der deutschen Abiturienten sind Mädchen. Dieses Potential gilt es zu heben. Zum Teil ist es dabei sich selbst zu heben: Hinweis, Einstellungspraxis Schleswig-Flensburg Frauenförderpläne werden durch das Faktische außer Kraft gesetzt. Es werden momentan mehr Frauen als Männer eingestellt. Grund: eine bessere Qualifikation!
Es geht um gleiche Chancen von Frauen und Männern mit und ohne Kinder, in allen Altersstufen und Lebensphasen, ebenso wie in besonderen Lebenssituationen. In Deutschland müssen die klassischen Rollenmodelle überwunden werden. Antwort s. 66 ff Skandinavien und Frankreich z. B. sind uns da um Längen voraus. Beispiel: Skandinavische Physiotherapeutin in Deutschland in Teilzeit beschäftigt fragt: „Was ist das eigentlich?“ In DK bin ich teilzeitbeschäftigt „eine faule Sau“ in Deutschland eine „Rabenmutter“?

Seite 3/5 Auch dafür braucht unsere Gesellschaft die Vorbildfunktion der Mütter: Familie, Kinder und eine aktive berufliche Karriere.
Dafür ist es wichtig, dass sich auch Bildung und Leistung für Frauen lohnen.
Wir sehen es an den Ergebnissen: Gut ausgebildete und bezahlte Frauen nehmen in der Regel nur eine kurze Elternzeit.
So eine spricht im Moment zu Ihnen. Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre war eine durchgehende Berufstätigkeit noch unüberlicher als heute. Elternzeit gab es nicht. Aber meine durchgehende Berufstätigkeit hat funktioniert, weil ich es wollte, ich eine Kinderbetreuung in der Nachbarschaft privat organisieren konnte und mein Mann mich in diesem Vorhaben unterstützte.
Die Voraussetzung für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie müssen weiterhin geschaffen werden. Der Staat muss die Rahmendaten für die Kinderbetreuung schaffen. Bisher gibt es in Schleswig-Holstein 8 % Plätze für Kinder unter 3 Jahren, im Kitabereich sind wir gut, hier gilt es die Unterbringungszeiten zu verlängern.
Die verlässlichen in Grundschulen, inzwischen flächendeckend, erlauben allenfalls eine Teilzeitbeschäftigung. Ich bin froh, dass Schleswig-Holstein inzwischen zu 30 % Ganztagsschulangebote machen kann, ausreichend ist das noch nicht!
Frauen nehmen bisher anders am Erwerbsleben teil, als ihre männlichen Kollegen, sie unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit häufig für Jahre. Folge: automatisch wird vermutet: Frau leistet aufgrund fehlender Erfahrung weniger, sie gilt als weniger produktiv. Nur Berufstätigkeit in Form einer kontinuierlichen Vollerwerbstätigkeit wird bisher in Deutschland belohnt. Mit Hilfe des Projektes: Chefsache Familie (S. 69 der Antwort) wird deutlich, dass die Landesregierung dieses erkannt hat und gegensteuert. Es wäre wünschenswert, wenn dieses Projekt, an dem Betriebe hautnah mit großem Erkenntnisgewinn beteiligt waren, landesweit durchgeführt werden könnte.
Vor dem Hintergrund sich verändernder gesellschaftlicher Strukturen: hohe Scheidungsrate viele Alleinerziehende viele Singlehaushalte zunehmende Altersarmut werden und müssen sich Frauen eine eigene wirtschaftliche Existenz aufbauen.



Seite 4/5 Dieses ist zunächst eine private Entscheidung, der Staat kann, wie beschrieben, flankierend wirken.
Außerdem kann eine eigene Existenzsicherung dazu beitragen, das Risiko häuslicher Gewalt zu mindern, S. 74 ff, dennoch sollte überprüft werden, inwieweit die „Helpline“ gegen häusliche Gewalt zeitlich und fachlich ausgeweitet werden kann.
Zum Schluss möchte ich den Fraktionen einen Vorschlag für den 24.04.2008 machen, jeder Abgeordnete lädt für diesen Tag, „Girls Day“ ein Mädchen ins Parlament ein und berichtet am Rande der Sitzung über den Abgeordnetenalltag.
Organisatorisch dürfte dem nichts entgegenstehen, ich biete Koordinierungshilfe an.



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