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13.12.07
16:36 Uhr
SPD

Thomas Rother zu TOP 15: Bei der Gewinnung von Nachwuchskräften besteht Handlungsbedarf

Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion

Kiel, 13.12.2007 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 15: Große Anfrage Entwicklung der Alters- und Personalstruktur im Bereich der Landespoli- zei (Drucksache 16/1678)

Thomas Rother:

Bei der Gewinnung von Nachwuchskräften besteht Handlungsbedarf

Die polizeirechtlichen Grundlagen sind auf der Höhe der Zeit, die Gebäude- und die technische Ausstattung der Polizei sowie ihre Ausrüstung haben sich verbessert und das wird fortgesetzt, konstatiert Thomas Rother in seiner Rede. Allerdings räumt er ein, dass die Motivation der Polizeibeamten oft strapaziert wurde, z. B. durch Ver- schlechterungen bei Arbeitszeit, Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Wenn die Vorschläge des Landesrechnungshofes und der CDU umgesetzt würden, könnten Probleme in Bezug auf die Entwicklung der Kriminalität und die Qualität polizeilicher Arbeit, entste- hen. Bei der Gewinnung von Nachwuchskräften sieht Rother Handlungsbedarf und formuliert eine Reihe von Fragen. Die Landespolizei unterziehe sich einem ständigen Organisationsentwicklungsprozess, um die Qualität der Arbeit zu erhalten. Sie sei da- bei, die Schwerpunkte der Kriminalitätsbekämpfung präziser zu formulieren, um ziel- genauer und wirkungsvoller eingreifen zu können.



Die Rede m Wortlaut: Die Gewährleistung der Inneren Sicherheit ist für uns nicht nur aus der gesetzlichen Verpflichtung, sondern ebenso aus der politischen Verantwortung heraus ein Schwer- punkt im Handeln dieses Landes. Nur wer sich sicher fühlt, kann sich auch frei bewe- gen. Diese Sicherheit wird durch die Arbeit unserer Landespolizei gewährleistet. Das



Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-



findet Anerkennung nicht nur in der Politik, sondern auch da, wo es wirklich wichtig ist, bei den Bürgerinnen und Bürgern.

Um die Polizistinnen und Polizisten in die Lage zu versetzen, weiterhin gute Arbeit zu leisten, müssen die polizeirechtlichen Grundlagen auf der Höhe der Zeit sein – das haben wir schon erledigt. Die Gebäudeausstattung und die technische Ausstattung der Polizei sowie die Ausrüstung der Beamtinnen und Beamten haben sich verbessert und das wird fortgesetzt.

Aber ohne gut ausgebildete und gut motivierte Beamtinnen und Beamte nützen die besten technischen Voraussetzungen nichts. Und diese Motivation haben wir in der letzten Zeit oft strapaziert, die Stichworte dafür sind:

• Das „auf Eis legen“ der „zweigeteilten Laufbahn“, • die Neuregelungen bei Heilfürsorge und Beihilfe oder • die Verschlechterungen bei Arbeitszeit, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, die aller- dings für alle Beamten des Landes und der Kommunen Schleswig-Holsteins gel- ten.

Das hat – trotz des Personalentwicklungskonzeptes - schon sehr an der Treue des Beamten zum Dienstherrn gerüttelt.

Hinzu kommen Vorschläge des Landesrechnungshofes, • die Polizei Big Band abzuschaffen, • kleinere Polizeistationen aufzugeben, • Rationalisierungsgewinne aus Reform 3 und Leitstellenkonzept nicht dem Einsatzdienst zur Verfügung zu stellen, • die Stellen aus dem Sicherheitspaket nach dem 11.09.2001 wieder zu „kassie- ren“ oder -3-



• die Arbeitszeitverlängerung in Stellenkürzungen umzumünzen.

Weiter hinzu kommt die Diskussion um das Personalstrukturkonzept der CDU- Landtagsfraktion, das bei einer Realisierung zu Stellenstreichungen auch in der Kern- aufgabe „Polizei“ führen würde.

Wenn das alles so käme, würden wir unsere Polizei nicht wieder erkennen. Und Prob- leme ganz anderer als finanzieller Art, nämlich in Bezug auf die Entwicklung der Krimi- nalität und die Qualität polizeilicher Arbeit, würden auf uns zukommen. Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollen wir Sozialdemokraten nicht!

Da kommt die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der FDP gerade recht, um hier klar Position zu beziehen. Denn die Ergebnisse machen deutlich, dass wir in Zukunft ein Problem bei der Gewinnung von Nachwuchskräften bekommen könnten. Die Masse der Vollzugsbeamten ist zwischen 40 und 49 Jahre alt, geht also in elf bis zwanzig Jahren in den Ruhestand. Und ich hoffe, dass es bei der bisherigen besonderen Altersgrenze bleibt.

Im Zuge des erhöhten Nachwuchsbedarfs verringert sich gleichzeitig die Zahl der Schulabgänger und auch ein ausgleichender Zuzug aus den neuen Bundesländern findet immer weniger statt, weil dort das Kinderkriegen quasi mit dem Mauerfall fast aufgehört hat und sich die Arbeitsplatzsituation entspannt. Es ist keine Neuigkeit: Der Wettbewerb der Arbeitgeber um die „Guten“ wird sich verschärfen. Gleichzeitig ha- ben immer mehr Bewerberinnen und Bewerber Probleme, gerade die gesundheitliche Eignung für den Vollzugsdienst zu erbringen.

Der letzten Ausgabe von „Polizei in Schleswig-Holstein“ konnten wir einem Beitrag zum vierzigsten Geburtstag der Werbe- und Einstellungsstelle der Landespolizei ent- -4-



nehmen, dass 1970 noch 252.000 DM für die Nachwuchswerbung zur Verfügung standen, jetzt müssen 35.000 Euro reichen.

Für dieses Jahr kommt hinzu, dass zwei Anwärterstellen – trotz Abgrasen der Nachrü- ckerliste und allgemeinem Ausbildungsplatzmangel - unbesetzt geblieben sind. Wie sollen dann statt 140 Nachwuchseinstellungen im Jahr 2008 320 in den Jahren 2017 bis 2019 und 350 im Jahr 2020 realisiert werden?

Vor diesem Hintergrund halte ich die Aussage der Landesregierung in der Antwort zur Frage 3 auf der Seite 6 „Bei Auswertung vorstehender Tabellen erkennt die Landesre- gierung keinen Handlungsbedarf“ für etwas gewagt und zu optimistisch – zumal ja ge- handelt wird, was auch gut so ist und was der Innenminister hier ja auch beschrieben hat. Und damit haben wir für die Ausschussberatung auch genug Diskussionsfutter.

Denn es stellt sich aus meiner Sicht eine Reihe von Fragen: • Wie bekommen wir auch künftig genügend qualifizierte und auch körperlich fitte Bewerberinnen und Bewerber für den Polizeidienst? • Wäre eine Ausbildung über den derzeitigen Bedarf hinaus zur Verbesserung der Personalstruktur finanzierbar? • Welche Möglichkeiten bestehen, um auch nicht so guten Schulabgängern den Weg in die Polizei zu ermöglichen, z. B. mit besonderen Vorbereitungslehr- gängen? • Wie kann das Potenzial junger Migrantinnen und Migranten besser für den Polizeidienst erschlossen werden? • Wie müssen die Ausbildungseinrichtungen aussehen, um dem erhöhten Be- darf gerecht zu werden – auch in Bezug auf die Ausstattung der Unterkünfte? • Welche Möglichkeiten gibt es, um auch lebensälteren Menschen den Weg in den Polizeidienst zu ermöglichen? -5-



• Welche Veränderungen bei den Arbeitsbedingungen, den Besoldungsstruk- turen und den Karrierechancen brauchen wir, um den Polizeiberuf auch wirt- schaftlich attraktiv zu erhalten und attraktiver zu machen? • Wie können die Verfahren zur Personalauswahl gestrafft werden, um zu einer rascheren Entscheidung über Ernennung, Warteliste und Absage zu gelangen – denn wer bewirbt sich nur bei einem Arbeitgeber? • Wie können Qualität und Dienstfähigkeit des vorhandenen Personals besser gesichert werden? • Wie müssen die Werbeaktivitäten aussehen, damit sie noch erfolgreicher wer- den?

Es ist richtig, dass die Landespolizei sich einem ständigen Organisationsentwick- lungsprozess unterzieht, um die Qualität der Arbeit zu erhalten und jetzt dabei, ist die Schwerpunkte der Kriminalitätsbekämpfung präziser zu formulieren, um zielgenauer und wirkungsvoller eingreifen zu können – das diskutieren wir ja gleich unter einem anderen Tagesordnungspunkt.

Und ich meine, wenn wir uns mit den (von mir und anderen Kollegen) genannten Fra- gen im Innen- und Rechtsausschuss beschäftigen, wird deutlich werden, dass das Lob und die Anerkennung, die wir den Polizistinnen und Polizisten immer gern ausspre- chen, nicht nur Inhalt von Sonntagsreden ist, sondern ein Maßstab für unserer politi- sches Handeln in Bezug auf die Polizei und die Situation ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.