Anke Spoorendonk zu TOP 15 - Entwicklung der Alters- und Personalstruktur der Landespolizei
PresseinformationKiel, den 13.12.2007 Es gilt das gesprochene WortAnke SpoorendonkTOP 15 Entwicklung der Alters- und Personalstruktur im Bereich der Landespolizei Drs. 16/1678Passend zur Großen Anfrage der FDP läuft die Gewerkschaft der Polizei gegen die Überalterungder Polizei in Schleswig-Holstein Sturm. Da ein Bild bekanntlich mehr als tausende Worte sagt,hat sie kurzerhand einen 60Jährigen in die Uniform eines Bereitschaftspolizisten gesteckt undfragt auf ihren Plakaten: „Ist das die Zukunft?“ Die Antwort lautet wenig überraschendeindeutig: Nein.Jedem, ob nun Polizeiexperte oder nicht, ist klar, dass ein 60Jähriger zwar in Sachen geistigerFitness durchaus mit einem jüngeren Polizeikollegen mithalten kann; das Erlebte wahrscheinlichaufgrund seiner Besonnenheit und Erfahrung sogar besser verarbeiten kann, aber körperlich ister seinen jüngeren Kollegen unterlegen. - Unterlegen ist er damit auch gewaltbereitenFußballfans, die auf Krawall gebürstet sind. Diesen Hooligans kann man keine Oldies in Uniformentgegenstellen. Die Altersgrenzen für Sondereinsatzkommando und Mobiles Einsatzkommandoliegen nicht ohne Grund bei 45 bzw. 48 Jahren. 2Sieht aber die Zukunft der Polizei wirklich so aus, wie eben beschrieben, also massenweiseüberalterte Polizisten, die zu Aufgaben herangezogen werden, von denen sie überfordertwerden? Die ausführliche Antwort auf die Große Anfrage belegt, dass wir derzeit in Schleswig-Holstein eine Altersstruktur haben, die zumindest mittelfristig nicht Besorgnis erregend ist.Darüber hinaus zeigen die einzelnen Antworten, dass man sich in der Polizei durchaus bewusstist, dass potenziell eine Überalterung droht.Die Zugangsjahrgänge werden kleiner, so dass sich die Altersstruktur in den nächsten zehn biszwanzig Jahren verändern wird. Erste Gegenmaßnahmen sind bereits getroffen. Dazu gehörenunter anderem die gezielte Anwerbung von Frauen und der Umbau der Schichtstruktur, um ingewissem Maße eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten. Davonprofitieren im Übrigen nicht nur die Polizistinnen, sondern auch deren Kollegen.Die Probleme der Wasserschutzpolizei, die auf dem Arbeitsmarkt der ausgebildeten Seeleutegegen starke Konkurrenz allzu oft das Nachsehen hat, zeigen, dass man auch bei der Polizeifrühzeitig neue Rekrutierungsmuster entwickeln muss. Ob diese dann im Einzelfall erfolgreichsind, zeigt sich erst im Laufe der Jahre, wenn die Neueingestellten wirklich bei der Stangegeblieben sind.Für viele Polizisten ist das sicherlich ein ganz neues Gefühl: bislang galt der Beruf des Polizistenals durchaus attraktiv. Die Werbetrommel musste erst in den letzten Jahren zum Einsatzkommen. Die Zahlen deuten darauf hin, dass die Konkurrenz zunehmen wird, was sich meinesErachtens allerdings positiv auf die Arbeitsbedingungen auswirken könnte.In Schleswig-Holstein ist derzeit jeder siebte Polizist im mittleren Dienst 50 Jahre alt und älter.Da steht die schleswig-holsteinische Polizei im Vergleich zu anderen Bundesländern gar nicht soschlecht dar, dennoch lässt sich absehen, dass sich das Verhältnis weiter verschlechtern wird; derAnteil der Älteren also weiter wachsen wird. 3Ein zu großer Anteil älterer Kollegen ist für die Polizei nicht empfehlenswert, weil die älterenKollegen die Laufbahn ihrer jüngeren Kollegen blockieren. Das ist ein schlechtes Signal: Wennman sich als junger Polizist anstrengen kann, wie man will, und sich das überhaupt nicht in Formeiner Beförderung niederschlägt, kann das Engagement schnell in Frust umschlagen. Bereits vordiesem Hintergrund müssen wir einerseits über flexible Konzepte sprechen, die diePolizeibeamten immer wieder neu fordern. Also eben keine stupiden Routinen, sondern einanspruchsvoller Arbeitsalltag, der niemanden anödet. Das bedeutet aber auch, dass dieSchichtmodelle nicht endlos ausgereizt werden sollten. Überforderte Polizisten, die einenriesigen Berg Überstunden vor sich herschieben, sind in der Regel unzufriedene Polizisten.Personalmanagement heißt natürlich auch, für die Älteren angemessene Jobs zu schaffen, indenen sie ihre Erfahrungen weitergeben können. Das ist allerdings ein Thema, das wir imBeamtenrecht bislang noch viel zu wenig berücksichtigt haben.Wir müssen anerkennen, dass die starren Beamtenlaufbahnen angesichts der wachsendenAufgaben nicht mehr den Anforderungen eines modernen Personalmanagements entsprechen.Nicht nur die Interessenvertreter der Polizisten fordern bereits seit langem eineleistungsgerechte Besoldung, die baldmöglichst die bisher starre Form derStellenbewirtschaftung ersetzt. Das fordern auch diejenigen, die eine größere Durchlässigkeit imPolizeidienst propagieren. Letztlich geht es darum, die Wahlmöglichkeiten zu verbessern. DieAntwort der Landesregierung zeigt, dass die Zahlen der Kündigungen, um in der freienWirtschaft zu arbeiten, vernachlässigbar klein sind. Ich war zumindest überrascht darüber, dassjahrelang überhaupt kein einziger schleswig-holsteinischer Polizist in die Wirtschaft wechselte.Es bleibt aber die Frage, welche Motivationen hinter dieser extrem hohen Verweiltendenzstehen.Nicht erst an dieser Stelle zeigt sich, dass die Große Anfrage in erster Linie Zahlen zugänglichmacht. So lobenswert die Große Anfrage ist, und wir damit erstmals einen genauen Blick auf dieAltersstruktur der Polizei gewinnen konnten, desto größer wird die Neugier darauf, wie die 4Polizisten ihre Situation selbst interpretieren. Die GdP hat bereits die Ergebnisse der Anfragekommentiert. Ich frage mich, was das Gros der Polizisten davon hält.Letztlich wollen die Bürgerinnen und Bürger engagierte Polizeibeamte, die sich vor Ortauskennen und die ausgeruht und motiviert ihre Arbeit erledigen. Sie wollen bürgernaheBeamte, die sich unbürokratisch als Experten für ihr Viertel verstehen und darüber hinaus eingern gesehener Sicherheitspartner für Schulen und Kindergärten sind. Beamte, die sich auch fürdie Ursachen der Probleme interessieren, mit denen sie tagtäglich konfrontiert sind.Diese Traumbeamten fallen nicht vom Himmel. Es bedarf dauernder Anstrengungen,Qualifizierungen und auch Motivierung, um den guten Standard, den wir im Land haben, zubehalten.Ein Damoklesschwert von 5.000 zu streichenden Stellen ist sicherlich der völlig verkehrte Weg.