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11.10.07
17:31 Uhr
SSW

Lars Harms zu TOP 30 - Kindertagesstätten zu Familienzentren weiter entwickeln

Presseinformation Kiel, den 11.10.2007 Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 30 Kindertagesstätten zu Familienzentren weiterentwickeln Drs. 16/1640

Die Anhörung der Träger im Sozialausschuss zu Familienzentren hat gezeigt, wie vielfältig und
bunt die Trägerlandschaft in Schleswig-Holstein tatsächlich ist. Der SSW unterstützt ausdrücklich
diese bestehende Trägervielfalt, die in den größeren Städten gleichbedeutend mit einer realen
Wahlfreiheit für die Eltern ist. Sie können sich aussuchen, nach welchem pädagogischen Konzept
ihre Kinder betreut werden sollen. Teilweise sind von Stadtteil zu Stadtteil erhebliche
Unterschiede in Zielsetzung und Arbeit der Kitas zu beobachten. Die Träger zeigen also ein
ausgesprochenes Gespür für die soziale Umgebung, in der sie beheimatet sind. Es gibt in den
Kindertageseinrichtungen des Landes eben keine Nullachtfuffzig-Lösungen, die einem
Kindergarten einfach übergestülpt werden.


Ich finde, dass wir es dabei belassen sollten. Die Landespolitik sollte nicht über die Hintertür
„Familienzentrum“ eine lebendige und bunte Landschaft gleichmachen. Diese Gefahr besteht
durchaus, würden von oben herab Familienzentren verordnet werden. 2
Das bedeutet keineswegs, dass alles in Butter ist – so wie es jetzt ist. Immer noch werden Kinder
mit erheblichen Defiziten eingeschult, die sie und ihre Familien aus eigenem Antrieb kaum
kompensieren können. Immer noch ist die Akademisierung der Kleinkinderpädagogik nicht
besonders fortgeschritten und eine Vernetzung unterschiedlicher Träger oftmals abhängig vom
nichtbezahlter Extraarbeit der Erzieherinnen. Das ist der Ist-Stand, ohne dass wir über zusätzliche
Angebote sprechen.


Aber genau das wollte der vorliegende Antrag: zusätzliche Angebote für Eltern und Kinder in den
Kitas. Dem im Wege steht, die völlig ungeklärte Finanzierung. Die Frage nach der Finanzierung der
Kosten für zusätzliche familienorientierte Angebote ist noch völlig offen.


Das ist übrigens die einzige Gemeinsamkeit der beiden Anträge, die wir hier vorliegen haben. Ich
will es einmal klipp und klar formulieren: Familienzentren kosten Geld!


Prüfstein für jede Finanzierung ist dabei die nachgewiesene Nachhaltigkeit. Eine zeitlich
begrenzte Projektfinanzierung mit immer wieder kehrenden Antragsritualen halte ich nicht für
angebracht. Wenn wir es ernst meinen mit einer Familienförderung, die über punktuelle Hilfe
hinausgeht, dann müssen wir stabile Strukturen finanzieren. Das bedeutet für den Kindergarten:
ausreichende Räume und ausreichendes, fachlich geschultes Personal. Das Deutsche
Jugendinstitut hat ausdrücklich die unsichere Finanzsituation der Mütterzentren des ADS-
Grenzfriedensbund dokumentiert, um auf ein Defizit aufmerksam zu machen.


Für ein Familienzentrum mit familienfreundlichen Öffnungszeiten und einem mehrsprachigem
Angebot braucht es allerdings mehr. Nur sollte man das wie den Kindergärten und deren Trägern
selber überlassen. Das hat die Anhörung von Trägern ja deutlich gezeigt. Sie wollen unterstützt
werden, aber sie wollen auch verschiedene Wege gehen können. Je nachdem, was vor Ort
benötigt wird. Und das sollten wir auch so belassen. 3
Der SSW lehnt den Aufbau von Parallelstrukturen deshalb kategorisch ab. Zugegeben, ist der
Kindergarten für viele Eltern die einzige öffentliche Institution, in die sie gerne und ohne
Vorbehalte gehen, und damit der ideale Ort für niedrigschwellige Familienangebote. Dennoch
darf die leichte Erreichbarkeit der Kitas nicht dazu verführen, bestehende andere Strukturen zu
vernachlässigen. Wir haben beispielsweise ein funktionierendes Netz von Familienbildungsstellen
im Land, wie nicht zuletzt der jüngste Bericht der Sozialministerin gezeigt hat. Diese sind,
zugegebenermaßen, nicht allzu üppig ausgestattet, aber dennoch sind sie als Anlaufstellen für
Familien eingerichtet und diese sind auch bei den Familien anerkannt. Gleiches gilt auch regional
für die bestehenden Gesundheitsämter.


Die erfolgreiche Arbeit des im Antrag der Großen Koalition ausdrücklich genannten Trägers,
nämlich des ADS-Grenzfriedensbund, besteht ja in Flensburg zum großen Teil aus der
erfolgreichen Vernetzung von Kindergarten und dem Haus der Familie in Flensburg, also einer
klassischen Drehscheibe für familienbezogenen Angebote aller Art von der Selbsthilfegruppe bis
zum Säuglingsschwimmen. Hier werden also die Angebote vernetzt und etwas bekannt gemacht,
was einige Eltern nicht kennen. Letztlich kann auch das beste Elterncafé nur dazu dienen,
Informationen zu erschließen und auf funktionierende Institutionen zu verweisen; deren fachliche
Arbeit kann die Kita nicht ersetzen.


Es ist darum nicht einzusehen, dass Familienbildungsstätten im Ernstfall schließen müssen,
während der Kindergarten die notwendigen Strukturen erst aufbauen muss. Das Gleiche gilt wie
gesagt auch für unser öffentliches Gesundheitswesen, dessen Angebote bereits jetzt als
Teilangebot eines Familienzentrums zu verstehen sind.