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11.10.07
10:15 Uhr
CDU

Axel Bernstein zu TOP 11: „Realistische Maßnahmen statt Traumtänzereien sind gefordert“

Umweltpolitik
Nr. 366/07 vom 11. Oktober 2007
Axel Bernstein zu TOP 11: „Realistische Maßnahmen statt Traumtänzereien sind gefordert“
Sperrfrist: Redebeginn Es gilt das gesprochene Wort
Vollkommen unabhängig von den Antworten, die uns im Zuge der Großen Anfrage der CDU-Landtagsfraktion vorliegen, wissen wir alle, dass eine Klimaveränderung weltweit im Gange ist, die – wenn nicht durch das Verhalten der Menschheit seit der Industrialisierung hervorgerufen – so doch zumindest verstärkt und beschleunigt wird.
Die Auswirkungen einer deutlich erhöhten Konzentration von so genannten Treibhausgasen in der Atmosphäre nehmen wir in Form von Klima- und Umweltveränderungen auf der Erde allerdings erst mit einem Zeitverzug von 30 bis 40 Jahren wahr.
Aus dieser Analyse folgt nun nicht nur, dass wir so wie die Große Anfrage der CDU ja auch formuliert ist - uns mit Strategien zur Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen zu befassen haben, sondern dass wir uns auch darauf vorbereiten müssen, Folgen des Klimawandels, die heute schon nicht mehr abzuwenden sind, zu handhaben.



Pressesprecher Dirk Hundertmark Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de


Seite 1/5 Ich werde heute nicht der Versuchung erliegen, Ihnen vorzutragen, was aus Sicht der CDU-Fraktion abschließend die richtigen Maßnahmen in diesen beiden Feldern sind. An vermeintlichen Patentrezepten von verschiedener Seite mangelt es uns wahrlich nicht. Auch an mehr oder weniger verbindlichen Zielvorgaben, auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene mangelt es nicht.
So ist z. B. die europäische Zielsetzung, die globale Erwärmung auf maximal 2 Grad Celsius zu begrenzen, richtig und ambitioniert.
Wir haben jedoch festzustellen – und jeder, der halbwegs unvoreingenommen an das Thema herangeht, wird hier zustimmen müssen – dass für die dazu notwendige Reduzierung des Ausstoßes von Klimagasen auf internationaler, europäischer und auch nationaler Ebene zwar zahlreiche konkrete Ziele, aber wenige schlüssige Konzepte bestehen.
Um gerade zu einer solchen konzeptionellen Untermauerung der vereinbarten Ziele einen Beitrag zu leisten, wird die CDU-Landtagsfraktion die Antworten auf ihre Große Anfrage und die weiterführenden Hinweise sorgfältig und intensiv auswerten.
Ich möchte für meine Fraktion ankündigen, dass wir diese konzeptionelle Arbeit ohne Vorbehalte führen werden. Keine der denkbaren Handlungsoptionen wird von uns von vornherein ausgeschlossen – das gilt auch für die Weiterentwicklung der Energieversorgung in Deutschland!
Was immer wir letztlich tun – es muss realistisch sein. Traumtänzereien, wie der gleichzeitige Verzicht auf Kohle –und Kernenergie, bringen uns nicht weiter!
Aus der eingangs skizzierten Analyse sind für uns jedoch sehr wohl zwei Grundsätze abzuleiten, auf die ich näher eingehen möchte.
Die Quellen, die den weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen speisen, sind global nahezu flächendeckend – mit sich rasch verändernder Intensität – verteilt. Und sie sind ursächlich höchst verschieden und vielfältig. Eine für uns sinnvolle Konzeption muss deshalb so angelegt sein, dass sie global wirksam werden kann.
Sicher wären wir in Schleswig-Holstein, Deutschland und vielleicht in Europa, unter Einsatz unseres wissenschaftlichen und technologischen Potentials und unter Umschichtung und Mobilisierung erheblicher finanzielle Ressourcen in der Lage, unseren Ausstoß an Treibhausgasen so zu senken, dass wir einen global verträglichen Pro-Kopf-Wert erreichen würden.

Seite 2/5 Ich sage aber: Damit allein werden wir unserer Verantwortung als Teil einer führenden Wissenschafts- und Wirtschaftsnation nicht gerecht!
Ein solches Modell zur Senkung unseres Treibhausgas-Ausstoßes auf ein klimaverträgliches Niveau wird bestenfalls dazu beitragen, unser Gewissen zu entlasten. Es wird weder dem Weltklima nachhaltig dienen, noch wird es die Folgen für uns spürbar mindern.
Allein aufgrund unseres anteilig geringen und weiter sinkenden Beitrages am globalen Gesamtausstoß an Klimagasen, wird unser Beitrag zum Klimaschutz nur dann nachhaltig sein, wenn er auch für andere vorbildlich sein kann.
Auch ein kleines, rundherum klimagerechtes Niedrigenergiehaus Europa wird feuchte Fundamente bekommen, wenn seine Isolierung so aufwendig und teuer ist, dass der Rest des globalen Wohngebietes weiter für den Garten heizen muss!
Unser Weg zum Klimaschutz muss für andere nicht nur gangbar, sondern auch attraktiv sein. Sonst wird uns – vernünftig oder nicht – niemand folgen.
Deshalb muss und wird Klimaschutz für die CDU nicht eines von vielen Politikfeldern sein, in der eine Volkspartei agiert. Ebenso wie das andere große Thema der Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit, nämlich die öffentlichen Finanzen, ist der Klimaschutz eine Querschnittsaufgabe, die vor die Klammer gezogen gehört.
Wenn man das ernst nimmt wird man ein paar Rahmenbedingungen akzeptieren müssen.
Für die CDU gilt hier:
1. Energie muss bezahlbar bleiben bzw. wieder werden. Licht, Wärme, Mobilität und Zugang zu Informationen dürfen keine Frage des Geldbeutels sein. So wichtig gegenwärtig der Beitrag des Energiesparens zum Klimaschutz ist: Energieknappheit kann und darf mit Blick auf die technologische Entwicklung und die weltweit steigende Nachfrage keine dauerhafte Rahmenbedingung sein. Es muss also um eine klima- und preisfreundliche Produktion gehen.
2. Die weltweit steigende Mobilität – sowohl mit Blick auf den globalen Handel als auch mit Blick auf den Individualverkehr muss akzeptiert und klimaverträglich gestaltet werden.



Seite 3/5 3. Ein weltweit steigender Flächenbedarf zur Produktion von Nahrungsmitteln und Energiepflanzen für eine weiter steigende Weltbevölkerung muss antizipiert und auch unter den Gesichtspunkten des Natur- und Artenschutzes klug entwickelt werden.
4. Als führender Standort für Forschung und Entwicklung wollen wir unseren Beitrag bei der Bereitstellung der nötigen technologischen und gesellschaftlichen Innovationen leisten und auch davon als Standort profitieren. Auch hier gilt, dass wir keine möglicherweise zielführende Entwicklungsrichtung von vornherein ablehnen.
Unter all diesen Rahmenbedingungen gilt: Ein Konzept zur Erreichung der vereinbarten Reduktionsziele – ein Patentrezept – das sowohl realistisch umsetzbar und politisch konsensfähig ist, gibt es derzeit noch nicht.
Mit einer sorgfältigen Auswertung und einer breiten Diskussion der Ergebnisse unserer Großen Anfrage wollen wir einen Beitrag zu einem tragfähigen klimafreundlichen Energiekonzept der Zukunft leisten.
Zu einem solchen Dialog laden wir ausdrücklich ein. Ich darf mich im Namen meiner Fraktion ausdrücklich beim federführenden MLUR, seinen Mitarbeiterinnen und den Mitarbeitern der weiteren beteiligten Häuser für die Arbeitsgrundlage bedanken, die sie uns für Schleswig-Holstein an die Hand gegeben haben.
Anmerkend – nicht einschränkend – möchte ich sagen, dass politische Vorgaben bei der Beantwortung einzelner Fragen selbstverständlich zu berücksichtigen sind. Sie dürfen jedoch nicht die inhaltliche Beantwortung ersetzen.
Zum zweiten Fragenkomplex, nämlich den Auswirkungen des Klimawandels auf unser Land, möchte ich folgendes feststellen:
- Der Küstenschutz ist und bleibt gewährleistet. Er ist mittelfristig durch die heutige Auslegung der Küstenschutzbauwerke gegeben und erscheint auch darüber hinaus leistbar.
- absehbar sind die Auswirkungen auf die Fischerei handhabbar.
- Klimabedingtes Auftreten von Neozoen und Abwanderung heimischer Arten in Flora und Fauna ist durch ein flexibles und effizientes Monitoring zu beobachten.
- Und: Nach allen vorliegenden Erkenntnissen wird Schleswig-Holstein auch

Seite 4/5 in Zukunft ein hervorragender Standort für leistungsfähige landwirtschaftliche Produktion bleiben.
Zusammenfassend bleibt für eine erste Bewertung an dieser Stelle festzuhalten:
Im Gegensatz zu vielen anderen Regionen der Erde haben wir in Schleswig-Holstein absehbar nicht mit gravierenden klimabedingten Veränderungen zu rechnen, die unsere Kulturlandschaft, unsere regionalen Lebensgrundlagen und unsere Lebensweise unmittelbar bedrohen.
Vor dem Hintergrund des erheblichen Zeitverzuges zwischen dem Emittieren von Treibhausgasen und ihrem klimatischen Wirksamwerden besteht dennoch auch für uns dringender Handlungsbedarf. Es öffnet sich uns ein begrenztes Zeitfenster, nach der Erkenntnis der Zusammenhänge des Klimawandels – und zwar nicht der individuellen Erkenntnis, sondern des gesellschaftlichen Wirksamwerdens der Zusammenhänge – ein Zeitfenster, in dem wir Maßnahmen ergreifen müssen, um irrversiblen Klimafolgen möglichst zu begegnen.
Darüber hinaus ist eine intelligente Klimaschutzpolitik ein Gebot der Vernunft. Auch bei uns werden die Kosten, welche die Umstellung auf eine klimafreundlichere Lebens- und Wirtschaftsweise hervorruft, deutlich geringer ausfallen als die Mittel, die zu einem Umgang mit den Folgen eines ungebremsten Klimawandels nötig wären.



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