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12.09.07
15:31 Uhr
B 90/Grüne

Detlef Matthiessen zur europäischen Meerespolitik

Fraktion im Landtag PRESSEDIENST Schleswig-Holstein Stellv. Pressesprecher Es gilt das gesprochene Wort Dr. Jörg Nickel Landeshaus TOP 47: Integrativen Ansatz der europäischen Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Meerespolitik fördern Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Dazu sagt der umweltpolitische Sprecher Telefax: 0431/988-1501 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0178/28 49 591 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Detlef Matthiessen: Internet: www.sh.gruene-fraktion.de

Nr. 373.07 / 12.09.2007 Schutz und Nutzen der Meere sind zwei Seiten einer Medaille Ich danke der Landesregierung für den ausführlichen Bericht. Hier wird wieder deut- lich: Meerespolitik ist die Politik der Zukunft. Hier liegen unsere Chancen für einen nachhaltigen Meeresschutz sowie für Forschung und Innovation.
Nachhaltiger Meeresschutz, also Natur- und Umweltschutz, muss das Leitprinzip und nicht nur eine Säule der Meerespolitik sein. Integrierte Meerespolitik ist richtig. Denn wirtschaftliche Interessen müssen in die Meerespolitik integriert werden. Die Grundla- ge dafür ist die ökologische Tragfähigkeit des Meeresschutzes.
Die bisherigen Maßnahmen, zum Beispiel im Grünbuch, reichen aus unserer Sicht noch nicht aus. Damit werden wir den „guten Umweltzustand“ der Meere bis 2018 nicht erreichen. Die EU lässt viele Gelegenheiten verstreichen, sich auf einen nachhal- tigen und umfassenden Meeresschutz zu verpflichten und knickt vor der Wirtschafts- und Fischereilobby ein. Verantwortlich dafür ist nicht zuletzt auch die Bundesregie- rung, die in Brüssel in Sachen Meeresschutz verheerend agiert. Zwar hat die Koalition erkannt, dass wir das Ökosystem Meer schützen müssen. Letztlich behalten aber die Interessen der maritimen Wirtschaft vor dem Meeresschutz das letzte Wort.
Das Bewusstsein für eine europäische Meerespolitik ist jetzt da. Diese Chance sollten wir nutzen. Notwendig ist aber ein ambitionierter Zeitplan, um Maßnahmen möglichst schnell umzusetzen. Problematisch ist, dass die Meerespolitik nach wie vor nicht nur in die Kompetenz der EU fällt. Für eine umfassende Meerespolitik brauchen wir inter- nationale Ansätze über die EU hinaus.
Zum Beispiel bei den Schiffsemissionen: Das Schiff hat das Potenzial zum ökologisch verträglichsten Verkehrsmittel. Mit dem erwarteten Anstieg des Seeverkehrs um 60 Prozent bis 2020 wird auch der Schadstoffausstoß steigen. Bei aller Vorzüglichkeit des Schiffsverkehrs in der Transportleistung kann man den Großteil der Schiffe als Dreckschleudern bezeichnen, die mit Kraftstoffen aus Schwerölen und Raffinerieabfäl- len fahren.
1/2 Wir müssen den Druck verstärken, um diese Dreckschleudern in den Griff zu bekom- men. Die EU kann eine Vorreiterrolle bei der Reduzierung von Schiffsemissionen ü- bernehmen, indem sie das Verursacherprinzip einführt, Effizienztechnologien wie ver- besserte motorische Antriebe, aber auch Windantriebe fördert und ökologische Steue- rungsinstrumente wie die Besteuerung von Schiffen mit hohem Schadstoffausstoß nutzt.
Die Einbeziehung des Schiffsverkehrs in den Handel mit CO2-Zertifikaten ist längst überfällig für mehr Klimaschutz im Seeverkehr. Was für die Straße gilt, muss auch für Meere und Luftraum selbstverständlich werden.
In der Hafenpolitik ist grüne Position: Nein zur Elbvertiefung, Ja zu einer vernünftigen Arbeitsteilung zwischen den deutschen Seehäfen. Statt teurer Hafenkonkurrenz wollen wir die Hafenkooperation mit Wilhelmshaven. Ein europaweites Seehafenkonzept ist dringend notwendig, um eine effiziente, arbeitsteilige Hafenkooperation aufzubauen und die Kostenanlastung transparent und vergleichbar zu machen.
Die größte Belastung der Meere stellt die Überfischung dar. Die Fischereipraktiken der EU gefährden akut unsere Meere. Regelungen für den Fischereisektor müssten Be- standteil der Meeresstrategie-Richtlinie werden. Wir reden zum Thema Fischerei ja auch noch im nächsten TOP.
Für einen umfassenden nachhaltigen Meeresschutz darf es keine Tabus geben. Ne- ben dem Verkehr ist die Landwirtschaft der größte Verschmutzer von Nord- und Ost- see. Die ökologische Situation der Ostsee spiegelt die nicht nachhaltige Lebensweise von 85 Millionen Menschen wider. Die Belastung speziell der Ostsee ist durch Jahr- zehnte lange Einträge aus der Landwirtschaft bestimmt. Allein die Stickstoffeinträge machen 22 Prozent der Gesamtbelastung der Ostsee aus.
Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU ist mit Einträgen von CO2, Stickoxiden, Nitraten, Schwefel und Öl hauptverantwortlich für die Überdüngung der Nord- und Ostsee. Wir müssen in der EU-Agrarpolitik konsequent umsteuern und die Landwirte besonders fördern, die ihre Nähr- und Schadstoffeinträge reduzieren. Konkrete Zielvorgaben für den Meeresschutz in der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Kommission sind notwendig.
Dies ist regional nicht lösbar, aber die acht Ostseeanrainer und EU-Mitglieder können ihre Anliegen gemeinsam bei der EU vortragen und so den Handlungsdruck erhöhen. Ziel eines neuen Agrarkompromisses für die EU muss sein, die Einträge aus der Landwirtschaft gerade in die Ostsee zu verringern und den ökologischen Landbau zu fördern. Gefordert sind regional zugeschnittene Ansätze und ein wachsendes öffentli- ches Bewusstsein für mehr Meeresschutz. Dies ist umso wichtiger, als die EU mit den neuen Mitgliedern Rumänien und Bulgarien an eine neue Meeresregion angrenzt: die Schwarzmeerregion ist nun Nachbarregion der EU.
Es ist Zeit für die einfache Erkenntnis, dass Schutz und Nutzen der Meere zwei Seiten einer Medaille sind: ohne einen umfassenden nachhaltigen Meeresschutz wird es kei- ne langfristige Nutzung unserer Meere geben. Meeresschutz ist nur möglich, wenn die Meere nicht auf ihre Funktion als ökonomische Ressource reduziert werden, sondern ihr schutzwürdiger Eigenwert erkannt wird.
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