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07.09.07
16:48 Uhr
Landtag

Forderungen des 19. Altenparlaments an die Politik

89/2007 Kiel, 7. September 2007



Forderungen des 19. Altenparlaments an die Politik
Kiel (SHL) – Am heutigen Freitag sind im Kieler Landtag 77 Seniorinnen und Senioren aus dem ganzen Land zum 19. Altenparlament zusammengekom- men. Unter der Leitung von Bernhard Bröer (Bund der Ruhestandsbeamten, Kiel) fassten sie eine Vielzahl von Beschlüssen, die nun der Landes- und Bun- despolitik zur Stellungnahme zugeleitet werden.
Schwerpunktthema der Beratungen war die Integration von Migranten. Auch über die Problematik von Altersarmut und Würde im Alter wurde beraten. Mit Blick auf die jüngste Debatte über die Zustände in Pflegeheimen sagte Landtagspräsident Martin Kayenburg in seiner Eröffnungsrede: „An klar definierten Standards führt dabei of- fensichtlich kein Weg vorbei. Die allseits geforderte Transparenz muss in diesem Bereich her- und sichergestellt werden.“ Außerdem hob Kayenburg die Bedeutung von ehrenamtlichem Engagement im sozialen Bereich hervor: „Der Staat kann nicht alles leisten.“ Deshalb, so sein Appell an die versammelten Senioren aus Verbän- den, Gewerkschaften und Parteien, „bitte ich Sie, Ihr Wissen und Ihre Erfahrung nutzbringend zur Verfügung zu stellen.“
Folgende Beschlüsse fasste das diesjährige Altenparlament:
Integration von Migranten Der Landtag möge eine Ombudsstelle für ältere Menschen bei der Bürgerbeauftrag- ten einrichten, die sich insbesondere der Belange älterer Mitbürgerinnen und Mit- bürger im Migrationsstatus annimmt. Die Stelle sollte ihrem Auftrag entsprechend ausgestattet werden.
Die Landesregierung und die Ministerien mögen berichten, inwieweit die einzelnen Migrantengruppen neben der Arbeit zum Zusammenhalt der Gruppen sich auch mit der Versorgung älterer Migranten einbringen.
Schleswig-Holsteinischer Landtag, Postfach 7121, 24171 Kiel ▪ V.i.S.d.P.: Dr. Joachim Köhler, Joachim.Koehler@landtag.ltsh.de, Tel. 0431/988-1120, Fax -1119; Annette Wiese-Krukowska, awk@landtag.ltsh.de, Tel. -1116; ▪ www.sh-landtag.de → Presseticker 2


Der Landtag wird aufgefordert, die Problematik aufzugreifen, einen würdigen Le- bensabend für Menschen mit Migrationshintergrund in Heimen und Sozialstationen der Altenpflege und Betreuung im ländlichen Raum durch Schwerpunktbildung in den Regionen zu erreichen, um soziale Isolation zu verhindern.
Das 19. Altenparlament regt an, dass der Landtag und die Landesregierung sich dafür einsetzen, dass in Schleswig-Holstein lebende Migrantinnen und Migranten die Möglichkeit erhalten, im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen (NDR) eine eigene wöchentliche feste Sendezeit zu gestalten, um ein selbstgestaltetes Programm anzubieten.
Die Landesregierung wird aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die Integrationsarbeit in den Kindertagesstätten als familienpädagogische Arbeit unter Einbeziehung der Familien mit Migrationshintergrund eingeführt und weiterentwickelt wird.
Alterswohlstand - Altersarmut Das Altenparlament Schleswig-Holstein fordert die Landesregierung und alle Partei- en auf, die gesetzliche Rentenversicherung als paritätisch finanziertes Umlagever- fahren zu erhalten und zu stärken. Als einen Schritt in diese Richtung sehen wir, alle beitragsfremden Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung herauszu- nehmen und über Steuern zu finanzieren, denn die beitragsfremden Leistungen übersteigen die heutigen Steuerzuschüsse erheblich.
Die Landesregierung wird aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass Altersbezüge künf- tig nur nach der Lebensarbeitszeit und nicht wie bisher nach dem Renteneintrittsal- ter berechnet werden. Im Rahmen ihrer bundespolitischen Möglichkeiten soll die Landesregierung zudem dafür sorgen, dass in Deutschland eine Erwerbstätigenver- sicherung als Rentenversicherung eingeführt wird.
Die Landesregierung Schleswig Holstein wird aufgefordert, sich umgehend bei der Bundesagentur für Arbeit dafür einzusetzen, dass ein Sonderprogramm zur Be- schäftigung älterer Arbeitnehmer und auch schwerbehinderter Arbeitnehmer aufge- legt wird.
Die Landesregierung und die Fraktionen des Landtages Schleswig-Holstein werden gebeten, dafür zu sorgen, dass bundesweit ein gesetzlicher Mindestlohn eingeführt wird. Dieser soll Rentner mit einem sehr geringen Altersruhegeld ermöglichen, ihrer Altersarmut durch einen menschenwürdigen Zuverdienst zu begegnen.
Die Landesregierung wird gebeten, alle Anstrengungen zu unternehmen, durch För- dermaßnahmen im allgemein bildenden Bereich, im Ausbildungs- und Fortbildungs- bereich einer möglichen Altersarmut vorzubeugen. Das Land sollte alles daran set- zen, dass in Schleswig-Holstein der soziale Status der Eltern nicht der alleinige Maßstab für die persönliche und berufliche Entwicklung ihrer Kinder ist. 3



Das Parlament, die Bundesregierung und die Landesregierung werden aufgefordert, dafür zu sorgen, dass bei der Reform zur nachhaltigen Weiterentwicklung der Pfle- geversicherung (SGB XI) ein Ausgleich bei den entstehenden höheren Kosten auch für Rentner und Pensionäre geschaffen wird.
Die Landesregierung und der Landtag werden aufgefordert, sich nachdrücklich dafür einzusetzen, Pflegeversicherungsbeiträge nur für den Bestimmungszweck heranzu- ziehen.
Das Altenparlament Schleswig-Holstein fordert die Landesregierung und alle Partei- en zu einer Reform der Pflegeversicherung auf, die eine qualitativ gute und men- schenwürdige Pflege sichert.
Im Einzelnen sollen folgende Eckpunkte zur Pflegeversicherung Grundlage der Ü- berlegungen sein:
• die Verbesserung der Situation für Demenzkranke, • die Erweiterung des Begriffs der Pflegebedürftigkeit, • eine deutliche Verbesserung der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf (Stichwort: Pflegezeitgesetz), • die Stärkung der häuslichen Pflege durch differenzierte Angebote, ohne gleichzeitig die stationäre Pflege zu schwächen, • eine gesetzliche Regelung für pflegende Angehörige zu schaffen, die eine bedarfsgerechte Pflege durch Angehörige in den eigenen vier Wänden ermöglicht, • die Weiterentwicklung der Pflegestrukturen zu einer integrierten Pflegelandschaft, • eine Dynamisierung der Leistungen der Pflegeversicherung, • die Vermeidung von Pflege durch die Stärkung von Rehabilitation und Prävention sowie • die Stärkung der solidarischen Finanzierungsbasis, • eine trägerunabhängige Beratung durch Lotsendienste.
Die Landesregierung und die Fraktionen des Landtages Schleswig-Holstein werden gebeten, dafür zu sorgen, dass bundesweit die Mehrwertsteuer für Medikamente sowie für Heil- und Hilfsmittel von 19 auf 7 Prozent gesenkt wird.
Die Landesregierung wird aufgefordert, dafür zu sorgen, dass Frauen und Männer nach Beendigung ihrer Eltern- und Pflegezeit die Möglichkeit haben, eine Anpas- sungsfortbildung in Anspruch zu nehmen. Eine unterbleibende Erwerbstätigkeit ist rentenschädlich und somit ein konkreter Faktor der Altersarmut. 4


Parlament und Landesregierung sollen sich dafür einsetzen, dass das Statistische Landes-/Bundesamt die Einkommensentwicklung (getrennt nach gesetzlichen Ren- ten und anderen Einkommensarten) der Bevölkerung über 65 Jahre regelmäßig erfasst und veröffentlicht.
Würde im Alter Versorgungskosten Die Landesregierung und der Landtag mögen beachten, dass Bezeichnungen wie „Versorgungslasten“ unangebracht sind; es handelt sich um Versorgungskosten. Es muss stärker in das Bewusstsein der Verantwortlichen gerückt werden, dass es sich bei der Altersversorgung im Wesentlichen um nachgelagerte Gehaltszahlungen handelt, deren Kaufkraft nicht durch einseitige Kürzungen oder einem unter der An- passung der Aktivgehälter liegenden Inflationsausgleich beschnitten werden darf.
Angemessenes Taschengeld Der Landtag wird aufgefordert, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass ältere Menschen auch dadurch ihre Würde im Alter behalten, dass sie als Heimbewoh- ner/innen oder in familiärer Betreuung einen angemessenen Selbstbehalt (Ta- schengeld) erhalten.
Novellierung des Sozialgesetzbuches V (SGB V) hier: Reha-Maßnahmen für über 63-jährige Der Gesetzgeber wird aufgefordert, den § 40 SGB V, Abs. 3 zu ergänzen: „Bei Beschäftigten, die das 63igste Lebensjahr vollendet haben, wird die medizini- sche Notwendigkeit grundsätzlich unterstellt und ihnen wird auf Antrag jährlich eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation gewährt“.
Gesundheitskurse der Krankenkassen Die Landesregierung wird gebeten, sich darum zu bemühen, dass die Anerken- nungskriterien der Krankenkassen für die Bezuschussung von Gesundheitskursen vereinheitlicht werden und eine gegenseitige Anerkennung von qualitätsgeprüften Kursen erfolgt.
Die Landesregierung wird aufgefordert, dafür einzutreten, dass pflegende Angehöri- ge und Pflegepersonen für ihre Tätigkeit vorbereitet und geschult werden und durch eine erfahrene und fachlich ausgebildete Pflegekraft unterstützt werden.
Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) Die im Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) verankerte Barrierefreiheit für öf- fentliche Bauten des Bundes soll auch zwingender Bestandteil der Landesbauord- nung Schleswig Holsteins werden und insbesondere auch für den kommunalen Be- reich angewandt werden müssen. 5



Altengerechter Wohnungsumbau 1. Schaffung eines Förderprogramms des Landes zur Finanzierung (alternativ Erweiterung eines bestehenden Programms) von Umbaumaßnahmen von Wohnraum alt in altengerecht.
2. Die Förderrichtlinien sollen Anforderungen an Bedürftigkeit und bauliche Grundsätze festlegen, aber grundsätzlich auch dem gesunden, vorausschau- enden älteren Menschen zugänglich sein.
Verbesserung der Heimaufsicht Die Landesregierung und die Fraktionen des Landtages Schleswig-Holstein werden gebeten, dafür zu sorgen, dass die Anzahl der unangemeldeten Kontrollen in den Seniorenwohnanlagen erhöht wird.
Erweiterung/Ergänzung des Studiums der Medizin sowie die Einrichtung von Wei- terbildungsangeboten Die Landesregierung und die Fraktionen des Landtages von Schleswig-Holstein werden gebeten, sowohl im Land als auch bundesweit dafür zu sorgen, dass das Studium der Allgemeinmedizin um die Bereiche – Palliativ- und Schmerz-Medizin, – Erkennung/Linderung/Vermeidung von Demenzkrankheiten verbindlich erweitert/vertieft wird sowie Weiterbildungsangebote für fertige Medizi- ner eingerichtet werden.
Patientenverfügung Die Landesregierung und der Landtag werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass eine vorhandene Patientenverfügung für alle Beteiligten (Ärzte, Angehörige usw.) verpflichtenden Charakter erhält.
Einführung eines Notfallausweises Das Altenparlament wird gebeten, sich dafür einzusetzen, dass landesweit in Schleswig-Holstein ein Notfallausweis eingeführt wird.
Lotsendienst Die Landesregierung und das Landesparlament sollen sich für die Schaffung eines kommunalen Lotsendienstnetzes (Seniorenberatungsstelle) einsetzen.