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13.07.07
16:03 Uhr
SPD

Klaus-Peter Puls: Klarheit für Patientenrechte!

Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion
Kiel, 13.07.2007, Nr.: 168/2007



Klaus-Peter Puls:

Klarheit für Patientenrechte!

In der Landtagsdebatte zur geplanten bundesgesetzlichen Regelung von Patientenver- fügungen erklärte der innen- und rechtspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Klaus-Peter Puls:

Warum befasst sich der Schleswig-Holsteinische Landtag mit einem Thema, das in die gesetzgeberische Zuständigkeit des Bundestages fällt und das dort seit geraumer Zeit diskutiert wird?

1. Wir können und sollten als Landtag mit einem möglichst gemeinsamen frakti- onsübergreifenden Appell in Richtung Bundestag versuchen darauf hinzuwir- ken, dass nicht weitere geraume Zeit verstreicht, in der nur diskutiert und nicht entschieden wird. Und:

2. Wir können als schleswig-holsteinische Volksvertretung werbend und anregend auf unsere Bürgerinnen und Bürger einwirken, sich mit dem Thema zu befas- sen, weil es jeden Menschen altersbedingt, krankheitsbedingt oder durch einen schweren Unfall bedingt treffen kann, „Patient“ zu sein oder zu werden und nicht mehr selbst „verfügen" zu können.

Beide Punkte werden in dem Antrag aller fünf Fraktionen des Hauses angesprochen, der heute vorliegt:



Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-



1. Wir fordern die Landesregierung auf, sich für eine zügige bundesgesetzliche Regelung des Anwendungsbereichs und der Bindungswirkung von Patienten- verfügungen einzusetzen. Und:

2. Wir betonen die Bedeutung klarer und eindeutiger Regelungen für Patientinnen und Patienten, ärztliches Personal, Angehörige, Betreuende und Bevollmächtig- te.

Eine klare und eindeutige bundesgesetzliche Regelung ist notwendig, weil es bei Ent- scheidungen über Leben und Tod Rechtssicherheit für alle Beteiligten geben muss. Geregelt werden muss insbesondere, unter welchen konkreten Voraussetzungen und in welcher Form der erklärte Verzicht sterbenskranker Menschen auf künstlich lebens- erhaltende oder lebensverlängernde medizinische Maßnahmen rechtswirksam und verbindlich ist. Überregulierung sollte dabei – im Interesse von Patienten- Selbstbestimmung und ärztlicher Eigen-Verantwortung – vermieden werden. Jede Entscheidung über die Vornahme oder Nichtvornahme einer ärztlichen oder pflegeri- schen Maßnahme ist immer eine für einen konkreten Einzelfall unter Beachtung und Wahrung der Menschenwürde und in ethischer Verantwortung zu treffende Entschei- dung. Das muss auch so bleiben: Wir wollen keine Bürokratisierung der Sterbebeglei- tung.

Allen Bürgerinnen und Bürgern in Schleswig-Holstein sollten wir unabhängig von der auf Bundesebene laufenden Diskussion empfehlen, nicht auf das Ergebnis der Debat- te zu warten, sondern die zwar unvollkommenen, aber insbesondere durch oberge- richtliche Entscheidungen immerhin skizzierten vorhandenen rechtlichen Grundlagen zu nutzen, um unverzüglich für sich selbst Vorsorge zu treffen. Hilfreich können dabei die Hinweise und Empfehlungen der Bundesärztekammer und der dortigen Zentralen Ethikkommission sein, aus denen ich sechs Punkte hervorheben möchte: -3-



1. Vor der Erstellung der Patientenverfügung wird ein ärztliches Beratungsge- spräch empfohlen, da der verfügenden Person medizinische Fachkenntnisse für die Beschreibung eines bestimmten Krankheitszustandes in aller Regel fehlen. 2. Die Patientenverfügung sollte mit Blick auf konkrete Situationen und Maßnah- men nicht zu allgemein formuliert werden. 3. Die Patientenverfügung sollte zum Zweck des Nachweises schriftlich erstellt, mit Datum versehen und von dem Verfügenden unterschrieben werden. 4. Die Unterschrift auf der Patientenverfügung sollte regelmäßig erneuert werden, um zu dokumentieren, dass die Verfügung weiterhin dem aktuellen Willen ent- spricht. 5. Die Patientenverfügung muss leicht auffindbar sein. Es empfiehlt sich, bei- spielsweise bei dem Hausarzt eine Kopie der Verfügung zu hinterlegen, auf der vermerkt ist, bei wem sich die Originalurkunde befindet. 6. In der Patientenverfügung sollte zudem eine Vertrauensperson benannt wer- den, mit der die Patientenverfügung und der darin erklärte Wille besprochen wurde. Dort sollte sich auch die Originalurkunde befinden.

Besondere Bedeutung messen Bundesärztekammer und Zentrale Ethikkommission der Vorsorgevollmacht bei, mit der ein Patient eine Person seines Vertrauens aus- drücklich zum Bevollmächtigten in Gesundheitsangelegenheiten erklärt. Damit hat der Arzt einen Ansprechpartner, der den Willen des Verfügenden zu vertreten hat und ver- treten kann und der bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens mitwirkt. Die Praxis hat gezeigt, dass ein grundsätzlicher Unterschied besteht, ob Menschen an gesunden Tagen und ohne die Erfahrung ernsthafter Erkrankung eine Verfügung über die Be- handlung in bestimmten Situationen treffen oder ob sie in der existenziellen Betroffen- heit durch eine schwere, unheilbare Krankheit gefordert sind, über eine Behandlung zu entscheiden. Eine Kombination aus Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung ist da- her ratsam und einer Patientenverfügung ohne Vorsorgevollmacht vorzuziehen. -4-



All das ist jetzt schon möglich und sollte von jedem Menschen genutzt werden, weil es für jeden Menschen unerwartet, unvorhergesehen und unvorhersehbar schon morgen von existenzieller Bedeutung sein kann. Die aktuelle politische Diskussion auf Bun- desebene bringt hoffentlich zeitnah weitere Rechtsklarheit und Rechtssicherheit.