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06.06.07
11:37 Uhr
SSW

Lars Harms zu TOP 11 & 13 - Angebote für Kinder unter drei Jahren in Kindertagesstätten / Kita-Verordnung

Presseinformation
Kiel, den 6.6.2007 Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 11 u. 13 Angebote für Kinder unter drei Jahren in Kindertagesstätten Drs. 16/1413 u. 16/1415

Egal wie man es dreht und wendet, so muss man Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen
dazu gratulieren, dass sie das wichtige Thema Kinderkrippen auf die öffentliche Agenda in
Deutschland gebracht hat. Wir wissen alle, dass dies aber auch höchste Zeit war, denn im
europäischen Vergleich steht die Bundesrepublik mit gerade mal 14% Betreuungsangeboten für
Kinder unter drei Jahren weit hinten. Dies gilt ja bekannter weise insbesondere für die alten
Bundesländer und hier in Schleswig-Holstein ist das Angebot mit gerade mal 8% Betreuungs-
angeboten besonders schlecht.


Dabei geht es bei der aktuellen Diskussion um mehr Angebote für Kinder unter drei Jahren nicht
darum, den Familien vorzuschreiben, wie sie ihr Leben gestalten oder wie sie ihre Kinder erziehen
sollen. Sondern es geht unter anderem darum, dass die Eltern in Zukunft die Möglichkeit haben
sollen, wenn sich Nachwuchs einstellt, ihrer Arbeit weiter nachgehen zu können. Dies ist heute
offensichtlich nicht der Fall und meistens leiden die Frauen unter dieser Tatsache. Weiter muss 2
man aber auch an die Entwicklung der Kinder denken und hier können gerade Krippenplätze ein
wichtigen positiven Beitrag zur Entwicklung der Kinder leisten. Für eine moderne Gesellschaft ist
der derzeitige Zustand bei uns ein Armutszeugnis und hier muss etwas geändert werden.


Deshalb hat die Bundesregierung dieses Thema aufgegriffen und sich dazu entschlossen bis 2013
die Anzahl der Kinderkrippen auf das europäische Durchschnittsniveau von 35% auszubauen.
Dieses Ziel ist keine familienpolitische Revolution, sondern eine längst überfällige
Entwicklungshilfe. Denn nur so finden wir den Anschluss an den Standard, der heute schon in
anderen westeuropäischen Ländern und in Ostdeutschland gilt. Dies ist das absolute Minimum,
wenn man sich die Zahlen unserer skandinavischen Nachbarn ansieht, wo praktisch alle Kinder in
Kinderkrippen unterkommen können, wenn die Eltern es dann wollen.


Die Ergebnisse der Großen Koalition in Berlin zu Finanzierung dieses Krippenausbaus sind
allerdings wieder einmal sehr bescheiden. Der Rechtsanspruch soll erst ab 2013 gelten und die
Bundeszuschüsse sowohl für die Investitionen als auch für den Betrieb sind nach Angaben des
Deutschen Städteverbandes viel zu niedrig und würden dazu führen, dass das Ziel die Zahl der
Kinderbetreuungsplätze bis 2013 auf 750.000 zu verdreifachen, nicht erreicht wird.


Deshalb besteht die Gefahr, dass man sich zwischen Bund, Ländern und Kommunen über die
Kostenverteilung des Krippenausbaus streiten wird. Auch das Thema der heutigen Debatte zeigt,
dass wir auch in Schleswig-Holstein aufpassen müssen, damit Worte und Taten beim Thema
Kinderbetreuung übereinstimmen. Denn obwohl wir natürlich alle wollen, dass der Ausbau von
Krippenplätzen vorangebracht werden soll, so darf dies auf keinen Fall auf Kosten der Qualität
von Bildung und Betreuung in den Kindertagesstätten geschehen. Denn dann hätten wir
überhaupt nichts gewonnen.


Von daher war auch der SSW etwas überrascht über den Entwurf für eine neue KiTa-Verordnung,
den die Landesregierung Ende März in die Anhörung gegeben hat. Denn man kann es drehen und 3
wenden wie man will: in der ursprünglichen Form führte die Verordnung dazu, dass der
Personalstandard in bestimmten Konstellationen gesenkt werden sollte. Man muss weder
Pädagogik noch Jura studiert haben, um zu kapieren, dass es nicht das Kindeswohl fördert, wenn
die Kleinsten von noch weniger Fachpersonal als bisher begleitet werden.


Der SSW war sehr erfreut darüber, dass die FDP dies auch so sah und eine Standardsenkung in
diesem wichtigen kommunalen Bereich genau wie die Grünen ablehnt. Auch die GEW und die
Wohlfahrtsverbände sowie die Elternvertretungen haben die Verordnung massiv kritisiert und
sind zum Beispiel der Auffassung, dass sich die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten durch die
neue Verordnung noch weiter verschlechtert, was natürlich auch negative Folgen für die
betreuten Kinder haben wird.


Denn wir wissen ja alle, dass schon jetzt die finanziellen Ressourcen im KiTa-Bereich nicht
ausreichend sind. Nur dieses darf man auf keinen Fall lösen, indem man die Standards senkt.
Natürlich waren im Entwurf zur KiTa-Verordnung auch vernünftige Vorschläge zur Flexibilisierung
und auch über die Änderungen im Bereich der Mitbestimmung von Eltern kann man sicherlich
diskutieren. Aber wenn es darum geht, die Qualitätsstandards in den Kindertagesstätten zu
erhalten, gibt es keinen Kompromiss.


Von daher begrüßt der SSW, dass die Bildungsministerin dies auch so sieht und nun doch den
Personalschlüssel für die Unter-3Jährigen nicht verändert. Dies ist vor allem ein Erfolg der
Elternvertreter und Wohlfahrtsverbände, die zu Recht gegen die vom Bildungsministerium
geplante Verschlechterung Sturm gelaufen sind. Sie ist aber auch ein Zeichen dafür, dass die
Opposition im Landtag funktioniert, denn die Ausschussinitiative des SSW und die nachfolgenden
Anträge der FDP und der Grünen, haben dafür gesorgt, dass die Große Koalition Farbe bekennen
musste. Dadurch konnte in letzter Minute verhindert werden, dass es eine schlechtere Betreuung
gibt und die Verordnung zu Rückschritten im Bildungsanspruch in den Kindertagesstätten führt.