Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
10.05.07
16:42 Uhr
SSW

Lars Harms zu TOP 19 - Alkoholmissbrauch unterbinden

Presseinformation Kiel, den 10.5.2007 Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 19 Alkoholmissbrauch unterbinden Drs. 16/1364

Eine nachhaltige Anti-Drogen-Politik sollte sich ihre Tagesordnung nicht von
spektakulären Einzelfällen diktieren lassen. Panik ist der denkbar schlechteste Ratgeber
für eine Politik, die auf eine grundsätzlich neue Einstellung zu Drogen setzt. Ein bewusster
Umgang mit Drogen ist nicht von heute auf morgen zu erlernen. Die Verteuerung von
Alkopops war richtig, hat aber letztlich nur zu einem Umsteuern der Industrie geführt, die
jetzt stattdessen ihr Geld mit süßen Biermixgetränken macht.


Niemand wird davon ausgehen, dass Jugendliche keinen Alkohol mehr trinken werden. Es
kommt darauf an, ihnen einen vernünftigen Umgang mit der Rauschdroge Alkohol
beizubringen. Komatrinken, bei denen 14- oder 15jährige ein ganzes Wochenende aus
ihrem Gedächtnis wegsaufen, zeugt von einem derartig exzessiven Vergessenwollen der
Wirklichkeit, das einem Angst und Bange wird. Und wir müssen zumindest feststellen,
dass selbst, wenn die Häufigkeit des Betrinkens nicht gestiegen sein sollte - wie Fachleute 2
sagen - so sind die „Ausschläge“ doch heftiger geworden. Und diese „Ausschläge“ müssen
wir eingrenzen.


Mir als Vater geht es nicht gut, wenn ich im Bekanntenkreis höre, wie leicht sich
Jugendliche und auch Kinder an Tankstellen, in Kiosken und in Kneipen Alkohol besorgen
können. Solange es zu wenig Kontrolleure gibt und Strafen, die niemand wirklich fürchten
muss, wird es ständig so weitergehen.


Aber ist es wirklich so? Stimmen die Berichte der Medien über die weite Verbreitung des
flatrate-Trinkens überhaupt oder wird auf Teufel komm raus skandalisiert? Ich weiß es
ehrlich gesagt nicht. Darum mein Lob an die Kollegen der Grünen Fraktion, sich zunächst
gründlich über die Tatsachen informieren zu wollen und nachzufragen, wie hoch das
Ausmaß des gesundheitszerstörenden Alkoholmissbrauches unter Kindern und
Jugendlichen bei uns hier in Schleswig-Holstein ist.


Die Fragen sind sehr umfangreich. So umfangreich, dass eine erschöpfende Antwort nicht
mittels eines mündlichen Berichtes gegeben werden kann. Besser wäre ein schriftlicher
Bericht oder eine Anfrage gewesen. Aber eigentlich geht es ja auch eher um den Teil B des
Antrages. Dort beschreiben die Grünen schon genau ein Konzept, das erstellt werden soll,
ohne aber die unter A geforderten Fragen beantwortet bekommen zu haben. Ich finde,
dass dem Anliegen, nämlich einer nachhaltigen Drogenpolitik, ein Bärendienst geleistet
wird, wenn solche gemischten Berichts-/Inhalts-Anträge aus der Hüfte geschossen
werden. Erst sollten wir die Fakten ermitteln und dann als Landtag die landespolitischen
politischen Beschlüsse hierzu fassen. Das wäre nach unserer Auffassung, der richtige
Weg. 3
Der SSW hat schon früher ein grundsätzliches Werbeverbot für Alkohol und Zigaretten
gefordert. Letzteres hätten wir ja beinahe schon bekommen, wenn die alte
Bundesregierung einen entsprechenden EU-Vorschlag übernommen hatte. Leider ist das
nicht erfolgt, und so sehen wir weiter Alkoholreklame, die sich im Fernsehen unverhohlen
an ein minderjähriges Publikum wendet. Nehmen wir nur die Sendung „Deutschland
sucht den Superstar“: sie wird mehrmals von Bierreklame unterbrochen. Aber auch
Produzenten anderer alkoholischer Getränke, allen voran ein Kräuterbitterhersteller aus
Braunschweig, suchen gezielt die jugendliche Zielgruppe per Abendprogramm. Wer
täglich mit bunter Alkoholreklame animiert wird und reihenweise Prominente in der
Öffentlichkeit Alkohol trinken sieht, dem ist es fast nicht mehr vorzuwerfen, wenn er oder
sie zur Flasche greift. Das ist ein Skandal. Andere Länder verbieten Alkoholreklame. Das
wäre ein radikaler Schritt, der zum kollektiven Aufschrei der Werbefirmen führen würde,
aber dieses Verbot wäre nur ein weiterer konsequenter Schritt einer nachhaltigen Anti-
Drogenpolitik.


Ich würde mir wünschen, wenn wir gemeinsam auf einer aktuellen Faktengrundlage eine
nachhaltige Anti-Drogenpolitik auf den Weg bringen könnten. Dabei ist natürlich klar,
dass die Kommunen die Möglichkeit für effektive Kontrollen haben müssen: das
Ordnungsamt muss personell in der Lage sein, Kontrollen häufiger durchführen zu
können. Und dann muss es natürlich auch harte Konsequenzen haben, wenn Kinder oder
Jugendliche in Kneipen, Tankstellen oder auch Supermärkten, unberechtigt an Alkohol
gelangen. Erst, wenn diejenigen die den Alkohol abgeben, auch wirklich mit Kontrollen
und Konsequenzen zu rechnen haben, werden sie ernsthaft überlegen, ob sie weiterhin
den Alkohol an jeden abgeben. Ob dies möglich ist und welche gesetzlichen Änderungen
hierfür möglicherweise von Nöten sind, sollten wir im Ausschuss noch einmal beraten.