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09.05.07
15:51 Uhr
SSW

Anke Spoorendonk zu TOP 8 - Gesetz zur Änderung wahlrechtlicher Vorschriften

Presseinformation Kiel, den 9.5.2007 Es gilt das gesprochene Wort



Anke Spoorendonk
TOP 8 Gesetz zur Änderung wahlrechtlicher Vorschriften Drs. 16/1369

Der vorliegende Gesetzentwurf samt Beschlussvorlage des Innen- und Rechstausschusses soll ein
weiterer Mosaikstein in der Aufgabenanalyse und Aufgabenkritik der Landesregierung sein. Ein
Mosaik, das in die Kategorie Suchbild fällt, da bis auf vollmundige Erklärungen der
Regierungspolitiker keine Struktur wirklicher Entbürokratisierung zu erkennen ist. Nach zwei
Jahren gibt es noch keine nennenswerten, schon gar nicht für den Bürger spürbaren Ergebnisse. Es
deutet auch nichts darauf hin, dass sich das bis zum Ende der Legislaturperiode ändern wird.


Zum Gesetzentwurf selber: Wieder einmal wird der Teil des Regierungsentwurfes, der den
größten Einspareffekt erzielt hätte, von den Regierungsfraktionen kassiert. Es soll dabei bleiben,
dass Briefwählerinnen und Briefwähler portofrei ihre Stimme abgeben können.


Inhaltlich begrüßt der SSW die Änderung des Regierungsentwurfes nachdrücklich. Es handelt sich
ja schließlich nicht um irgendeine An- oder Abmeldung, sondern um den zentralen Akt einer jeden
Demokratie. Dies gebietet von uns eine besondere Sorgfalt. 2
Die Beibehaltung der Portofreiheit begrüßt der SSW aus drei Gründen: Erstens, weil es sich nicht
um eine wirkliche Einsparung handelt, sondern faktisch eine reine Kostenüberwälzung auf die
mündigen Bürger gewesen wäre.


Zweitens, weil eine einseitige Änderung des Verfahrens für Landtags- und Kommunalwahlen und
fortgesetzte Portofreiheit bei den Stimmabgaben zu Bundestags- und Europawahlen eventuell zu
Unsicherheiten beim Wähler geführt hätte. Im Zweifelsfall für den Wähler und das heißt in
diesem Fall für das gewohnte und einheitliche Verfahren.


Und schließlich vor allem, weil Menschen mit Behinderung und eingeschränkter Mobilität so
leicht und einfach es geht, am demokratischen Willensbildungsprozess teilnehmen sollen.


Der SSW stimmt auch der Regelung zur Wertung von Zweitstimmen auf versehentlich im falschen
Wahlkreis ausgegebenen Wahlzetteln zu.


Der Verzicht auf Unterstützungsunterschriften bei der Aufstellung von Wahllisten neuer Parteien,
ist ebenfalls zu begrüßen. Diese stellt in der Tat eine Verschlankung des Verfahrens dar.


Die Begründung, die Beibehaltung der 5%-Hürde zur Kommunalwahl würde der drohenden
„Stimmenzersplitterung“ ausreichend Einhalt gebieten, ist aus zwei Gründen unzutreffend.
Zum einen existiert auf der gemeindlichen Ebene faktisch keine 5%-Hürde. Die Schwelle ist in der
Praxis sehr viel höher.


Zum anderen, ist das Gespenst von vermeintlichen Weimarer Verhältnissen Anfang des 21.
Jahrhunderts auf der kommunalen Ebene Schleswig-Holsteins eine technokratische Schimäre und
gehört ins Buch der Legenden statt in Gesetzesbegründungen. Weimar ist letztlich nicht an zu
vielen Parteien, sondern an zu wenig Demokraten gescheitert. 3
Die Beibehaltung des Verfahrens zur Besetzung der Wahlausschüsse sowie der ehrenamtlichen
Wahlprüfungsausschüsse ist ebenfalls ein positives Ergebnis der Ausschussberatungen. Die
notwendige Legitimität erhält die demokratische Wahl durch das Verfahren. - Transparenz und
Teilhabe haben daher zu Recht eine höhere Priorität als kurze Entscheidungswege.


Zur Änderung der Fristen für die Aufstellung der Wahllisten in § 20 möchte ich anmerken, dass die
vorgenommene Verkürzung des Zeitraumes zwischen den Wahlen zu den
Vertretungsversammlungen und der Listenaufstellung von 9 auf 6 Monate faktisch eine
Verkürzung auf 5 Monate ist. Bei Kommunalwahlen Ende Mai 2008 dürften die Wahlen für die
Delegierten zu den Listenparteitagen erst ab Ende Juli stattfinden. Das ist mitten in den
Sommerferien, realistisch können die Delegierten erst ab Ende August / Anfang September
gewählt werden.


Das ist kein Beinbruch, aber unsere Parteiorganisationen müssen sich darauf einstellen. Das ist
beileibe kein Aspekt, der nur die kleinen Parteien angeht. Wie das Beispiel der
Oberbürgermeisterwahl in Wiesbaden zeigt, können auch große Volksparteien erhebliche
Schwierigkeiten mit der Einhaltung von Aufstellungsfristen haben.