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07.05.07
15:27 Uhr
SPD

Lothar Hay und Ralf Stegner: 60 Jahre SPD-Landtagsfraktion - 60 Jahre Politik für Schleswig-Holstein

Sozialdemokratischer Informationsbrief
Kiel, 07.05.2007, Nr.: 107/2007



Lothar Hay und Ralf Stegner:

60 Jahre SPD-Landtagsfraktion – 60 Jahre Politik für Schleswig-Holstein

Zum Jahrestag der Konstituierung des 1. gewählten Landtages und der 1. SPD- Landtagsfraktion erklären der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Lothar Hay, und der Vor- sitzende der SPD Schleswig-Holstein, Ralf Stegner:

Am 8. Mai 1947 trat der erste gewählte Schleswig-holsteinische Landtag zusammen. Bei der Landtagswahl am 20. April hatte die SPD 43,8 Prozent der Stimmen und – begünstigt durch das damals geltende Wahlrecht – 34 Sitze (also 61,4 Prozent) im Landtag erhalten. Die alltäg- lichen Probleme und Sorgen der Menschen exakt zwei Jahre nach Kriegsende waren enorm: extreme Wohnungsnot durch Kriegszerstörung und den Zuzug von Hunderttausenden von Flüchtlingen und Vertriebenen, dramatischer Mangel an Lebensmitteln und Hunger vor allem in den Städten, Kriegszerstörungen von Werften und Industriebetrieben, Energie- und Roh- stoffmangel, Auflösung der sozialen Ordnung, Desorganisation der Verwaltung.

In dieser Notlage setzten die Menschen ihr Vertrauen in erster Linie in die Sozialdemokraten. Die SPD stand für soziale Gerechtigkeit, für den Wiederaufbauwillen und für eine klare Ab- rechnung mit der Nazi-Vergangenheit. In der SPD wirkten Politiker, die sich schon in der Wei- marer Republik für Demokratie stark gemacht hatten, die in Konzentrationslagern gelitten hat- ten oder die als Flüchtlinge nach Schleswig-Holstein gekommen waren. Der Wahlkampfslogan „Raus aus dem Elend“ traf die Stimmung der Menschen. SPD-Politik stand für den Blick nach vorn, ohne die Vergangenheit auszublenden. Die SPD setzte bewusst nicht auf ehemalige Na- tionalsozialisten beim Wiederaufbau des Landes.

Nicht nur Verantwortungsbewusstsein, sondern auch Mut zur Unpopularität gehörte damals zum Regierungsgeschäft in einem Land, das von allen Ländern Westdeutschlands die größten
Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



sozialen Gegensätze aufwies und dessen Bevölkerung sich aufgrund von Vertriebenen- und Flüchtlingsströmen nahezu verdoppelt hatte.

In der Regierungszeit der Sozialdemokraten mit den Ministerpräsidenten Hermann Lüdemann (1947 – 1949) und Bruno Diekmann (1949 – 1950) verabschiedete der Landtag mehr als 100 Gesetze. Meilensteine in der ersten Legislaturperiode waren die Vorbereitung der Landesverfassung, die zur Selbständigkeit des Landes führte und 1949 als „Landessatzung“ verabschiedet wurde. Vor allem die darin festgeschriebene Selbstverwaltung der Kommunen und Kreise galt als vor- bildlich. Die ebenfalls 1949 beschlossene Kieler Erklärung machte den Weg frei für die Befriedung des Grenzlandes. Sie sicherte die Rechte der dänischen Minderheit und leitete damit die deutsch- dänische Verständigung ein, die länderübergreifend in der Bonn-Kopenhagener Erklärung von 1955 besiegelt wurde. Zugleich markiert dieses 1. minderheitenpolitische Dokument den Be- ginn einer erfolgreichen sozialdemokratischen Minderheitenpolitik in Schleswig-Holstein. Zur Erfolgsbilanz der Sozialdemokraten gehörten damals schon Investitionen in das Bildungs- wesen und in den sozialen Wohnungsbau. So führte die SPD mit dem Schulgesetz die Schul- geld- und Lernmittelfreiheit und die sechsjährige gemeinsame Grundschule ein. Innerhalb von drei Jahren wurden 35.000 bezuschusste Wohnungen gebaut. Eine umfassende Bodenreform wurde erarbeitet.

Ab 1950 wurden allerdings unter der CDU-geführten Regierung viele dieser Reformen wieder rückgängig gemacht. So wurden z. B. die Schul- und Bodenreform zurückgedreht, gleichzeitig wurde die Entnazifizierung beendet.

In der Zeit von 1946 bis 1950 führte der Kieler Oberbürgermeister Andreas Gayk die SPD- Landtagsfraktion. Ein besonders starkes Anliegen waren ihm vor allem die Notlage der Men- schen in den Städten und der Kampf gegen die Industriedemontage der britischen Besatzer.

Mit Bruno Diekmann, dem ehemaligen Ministerpräsidenten, stand von 1950 bis 1953 ein Prag- matiker mit großer Erfahrung der Fraktion vor. -3-



Unter Wilhelm Käber, Fraktionsvorsitzender von 1953 bis 1966, entwickelte die SPD-Fraktion das Profil einer konstruktiven Opposition. Bei der Landtagswahl 1954 wurde die SPD stärkste Fraktion; durch den von CDU, BHE (Gesamtdeutscher Block) und FDP gebildeten Bürgerblock wurde sie allerdings daran gehindert, eine „soziale Regierung“ zu bilden. Unter Käbers Füh- rung ging die Fraktion dazu über, ihre Sitzungen abwechselnd in anderen Orten als Kiel abzu- halten, um sich in Gesprächen mit regionalen Vertretern aller Schichten und den Verwaltungen „Informationen aus erster Hand“ zu beschaffen. Die CDU sah darin eine „geschickte Mischung von Information, Parteiwerbung und Wahlpropaganda“ (CDU-Pressedienst).

1966 bis 1973 führte Jochen Steffen die SPD-Landtagsfraktion. Er prägte den Ruf der Nord- SPD als „links, dickschädelig und frei“ und war weit über die Landesgrenzen hinaus als „roter Jochen“ bekannt.

1973 folgte Klaus Matthiesen, der zehn Jahre lang der SPD-Landtagsfraktion vorstand. Unter seiner Führung nahm das umweltpolitische Profil der Fraktion Gestalt an.

1983 übernahm Björn Engholm den Vorsitz der Fraktion. Unter seiner Führung wurden nach 35 Jahren des von den CDU-Regierungen verursachten enormen Reformstaus und Dornrö- schenschlafes für alle Politikbereiche konkrete Alternativen formuliert. Sie waren Ausgangs- punkt für das Regierungsprogramm unter dem Ministerpräsidenten Engholm.

Unter der Leitung von Gert Börnsen, 1988 bis 1996, lieferte die Fraktion wesentliche Impulse für die Regierungsarbeit der Kabinette Engholm und Heide Simonis. Im Umgang mit der DVU im Landtag führte er die Fraktion beispielhaft, klar und kompromisslos und sorgte für den Schulterschluss der Demokraten im Parlament.

Erste Frau an der Fraktionsspitze war Ute-Erdsiek-Rave (1996 – 1998); ihr folgte Lothar Hay, der die Fraktion bis heute führt.

60 Jahre Arbeit der SPD-Landtagsfraktion: Das ist der Wiederaufbau des Landes nach dramatischer Kriegszerstörung sowie die Versor- gung und spätere Integration der Flüchtlinge und Heimatvertriebenen. -4-



Das sind 38 Jahre Opposition gegen das Beharrungsvermögen der CDU-geführten Regierun- gen und der bäuerlich-konservativen Kreise, die sich vehement gegen eine Modernisierung des Landes und eine Öffnung der Gesellschaft sperrten. Das sind fast 20 Jahre reformorientierte Politik für eine gerechte Gesellschaft, in der auch die Kultur, die Natur und die gesellschaftliche Toleranz nach Jahrzehnten der Stagnation endlich ihren Stellenwert erhalten haben.