Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
22.02.07
12:51 Uhr
B 90/Grüne

Detlef Matthiessen zum umweltfreundlichen Schiffsverkehr

Fraktion im Landtag PRESSEDIENST Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 18 – European Clean Ship Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Dazu sagt der umweltpolitische Sprecher Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Telefax: 0431/988-1501 Detlef Matthiessen Mobil: 0172/541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh.gruene-fraktion.de

Nr. 089.07 / 22.02.2007 Klar Schiff! Schiffsbetriebstechnik muss sauberer werden
Wir Grüne wollen eine Verkehrsverlagerung „from road to sea“. Die Gütertransporte mit dem Schiff sind insgesamt wirtschaftlicher und ökologischer. Es gibt allerdings eine öko- logische Achillesferse im Schiffsverkehr, das ist der Schwerölbetrieb der Dieselmotoren.
Schweröl hört sich erst mal gar nicht so schlimm an, aber der im Schiffsverkehr genutzte Treibstoff besteht aus den Reststoffen der Raffinerien. Schiffe stellen somit Verbren- nungsanlagen für die Abfälle der petrochemischen Industrie dar. Genau diese Entwick- lung soll mit der Innovationsoffensive „European Clean Ship“ umgedreht werden. Wir wollen den Schiffsverkehr stärken, ihn sicherer machen aber auch ökologischer. Die Nut- zung des Schweröls macht betriebswirtschaftlich Sinn, ein Liter kostet nur 10 Eurocent. Die Bunkerpreise wirken sich unmittelbar auf die Schiffsrouten aus. Sinkt der Bunker- preis, so wird der Umweg über Skagen genommen, steigt der Bunkerpreis, dann wird unser Nord-Ostsee-Kanal genutzt.
Die Diskussion über die Schiffemissionen ist neu entfacht worden durch die Forderung „hafenliegende Schiffe ans Landstromnetz“. Fährschiffe und Kreuzfahrtschiffe liegen in den Häfen von Lübeck und Kiel in unmittelbarer Nähe der Wohnbebauung und der In- nenstadt. Die Stromerzeugung während der Liegezeiten durch die bordeigenen Diesel- motoren erzeugt schwarze Abgasfahnen mit hohen Schadstoffmengen. Lübeck- Travemünde droht die Aberkennung als Seebad, falls die Schadstofffrachten nicht ge- stoppt werden. Die Einrichtung von Landstromanschlüssen kann zu einer Win-Win- Situation führen für Häfen, BewohnerInnen, ReederInnen und Stadtwerken.
In einem Forschungsvorhaben zur Umsetzung der Agenda 21 in deutschen Seehäfen am Beispiel Lübeck-Travemünde, finanziert vom Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit wurde die dortige Emissionssituation ermittelt und Reduktionspo- tenziale durch den Landstromanschluss analysiert.
1/2 Bei Versuchen wurden die Emissionen drastisch verringert: Schwefeloxide um 70 Pro- zent, Stickoxide um 77 Prozent, Benzol-Emissionen um 75 Prozent und Feinstaub um 63 Prozent. Am Lübecker Nordlandkai wird ab Juni 2007 der erste Landstrom-Anschluss in Betrieb gehen.
Am 30. September 2005 kam es in Turku zur Unterzeichnung des Memorandum of Un- derstanding (MoU) on Sustainable Port and Maritime Policy in the Baltic Sea durch 18 Ostseehäfen. Weitere Häfen werden darin aufgefordert, sich dem Memorandum anzu- schließen. Kerngedanke dieser von der EU finanzierten Kooperation ist die Entwicklung einer gemeinsamen Strategie zur Reduzierung von Emissionen, Abwässer und Müll in den Ostseehäfen.
Die Schiffsemissionen auf hoher See, im NOK und in den Häfen müssen verringert wer- den. Schiffe sind Hauptverursacher giftiger Emissionen wie Stick- oder Schwefeloxide. In Hafenstädten verursachen Schiffe 75, bzw. 90 Prozent der Belastung mit diesen Gasen. Bereits jetzt werden rund 95 Prozent des interkontinentalen Warenaustausches über See abgewickelt. Die Hafenumschlagszahlen steigen. Wir wollen auch weiter Güterverkehre von der Straße verlagern, aber der Seeverkehr muss umweltfreundlicher werden.
Auch müssen die Grenzwerte für Schwefel im Kraftstoff noch weiter verringert werden. EU-weit gilt für den Seeverkehr ein allgemeiner Grenzwert von 4,5 Prozent Schwefel- Gehalt im Kraftstoff. Für Sondergebiete wie Nord- und Ostsee ist der Schwefelanteil seit Mai 2006 auf 1,5 Prozent begrenzt.
In Hamburg hatte der rot-grüne Senat auf Initiative des Grünen Umweltsenators Alexan- der Porschke das Programm „Green Shipping“ eingeführt, das für Schiffe, die bestimmte Umweltstandards erfüllen, ermäßigte Hafengebühren vorsah. Der CDU-Senat hat dies Programm leider gestoppt.
Wir müssen auch Alternativen bei Schiffsantrieben neu diskutieren. Nach der ersten Öl- preiskrise in den 70er Jahren führten japanische Frachtschiffe einen Segelhilfsantrieb ein, der bis zu 40 Prozent der Treibstoffkosten einsparte. Windantriebssysteme sind bis heute weiterentwickelt worden. Eine neue Großyacht, die 80 m lange „Maltese Falcon“ besitzt eine Kunststoffbesegelung, die per Elektromotor bewegt und in den Mast einge- rollt werden. Das System kann im Winkel von 40 Grad gegen den Wind segeln und ist auch für Frachter geeignet.
Der Flettner-Rotor ist eine andere Segel-Technik, ein rotierender Stahlzylinder, der seitli- che Winde zum Vortrieb nutzt. Diese Technik ist in den 20er Jahren in Kiel bei der Ger- maniawerft in den Umbau der „Buckow“ erfolgreich eingesetzt worden, hat dann aber gegen den Dieselmotor verloren. Die IG Metall Arbeitskreise Alternative Produktion ha- ben den Flettner-Rotor mit seinem Magnus-Effekt schon früh als Alternative zum Schweröl propagiert. Und das ist keine Utopie geblieben. 2006 beauftragte der Wind- energieanlagenproduzent Enercon bei der Kieler Lindenauwerft ein 130 m langes Frachtschiff, dass neben einem dieselelektrischen Antrieb auch über 4 Flettnerrotoren verfügen soll. Geplante Indienstnahme ist September 2008. Mit diesem Rotorschiff sollen Teile für Offshore-Anlagen in die Nordsee transportiert werden. Ein wirkliches „clean ship“ kann nur ein Schiff sein, das über einen optimierten Windantrieb verfügt, zumindest als Hauptantrieb. Und das ist, wie gesagt, keine Utopie.
***