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26.01.07
10:32 Uhr
FDP

Wolfgang Kubicki: "Es muss unser Ziel sein, dass auch Geduldete in unserem Land am gesellschaftlichen Leben teilhaben"

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Nr. 027/2007 Vorsitzender Dr. Heiner Garg, MdL Stellvertretender Vorsitzender Kiel, Freitag, 26. Januar 2007 Dr. Ekkehard Klug, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Sperrfrist: Redebeginn Günther Hildebrand, MdL
Es gilt das gesprochene Wort!
Innen/ Ausländer/ Geduldete
Wolfgang Kubicki: „Es muss unser Ziel sein, dass auch Geduldete in unserem Land am gesellschaft- lichen Leben teilhaben“ In seinem Redebeitrag zu den TOP 8 und 35 (Geduldete Familien in Schleswig-Holstein) erklärte der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki:
„Ich muss ehrlich sagen, als ich die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage und den Bericht der Landesregierung zu den jeweiligen Initiativen von Bündnis90/Die Grünen durchgearbeitet habe, habe ich mich gefragt, worüber wir heute hier pro Fraktion 10 Minuten reden sollen.
Denn das, was der Innenminister als Antwort und Bericht vorgelegt hat, ist mehr als dürftig. Die Berichte haben den Informationsgehalt einer knapp beantworteten Kleinen Anfrage und sind für eine wirklich inhaltlich ernsthafte Debatte über geduldete Familien in Schleswig-Holstein eigentlich nicht geeignet.
Aber vielleicht war das auch nicht gewollt, denn wie die Debatte um den Bericht zur Migrationssozialberatung Ende letzten Jahres gezeigt hat, kann mehr Inhalt eines Berichts auch mehr Anlass zur Kritik geben. So ist das Beste an den Berichten, dass sie einen Anlass für eine Debatte im Landtag um die Situation von Geduldeten in Schleswig-Holstein gegeben haben.
Um wen handelt es sich bei geduldeten Personen? Es geht um Menschen,
- die größtenteils in unser Land gekommen sind, um Schutz zu suchen, - die aber keinen Aufenthaltstitel haben, - die geduldet werden und deren Abschiebung nur deswegen nicht vorgenommen werden kann, weil ein Abschiebungshindernis – beispielsweise aus humanitären Gründen – besteht, - die aber täglich damit rechnen müssen, dass sie doch abgeschoben werden.


Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, 1 Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ Es handelt sich um Menschen, die sich oftmals bereits seit mehreren Jahren in Schleswig- Holstein aufhalten und die dieses „Sitzen auf gepackten Koffern“ bereits seit Jahren durchmachen.
Laut der Halbjahresstatistik vom 30.06.2006, die die Landesregierung in ihrem Bericht zitiert, leben in Schleswig-Holstein derzeit etwas mehr als 3.100 Menschen, die sich in der Situation befinden, dass sie jederzeit mit ihrer Abschiebung rechnen müssen.
Davon sind insgesamt 455 Familien, die 1.880 Personen umfassen. Von diesen 455 Familien sind 225 – also fast die Hälfte – bereits mehr als 5 Jahre in unserem Land geduldet.
Davon sind wiederum 1005 Kinder unter achtzehn Jahren, von denen gut 400, also knapp 40 %, bereits mehr als fünf Jahre in unserem Land sind.
Das zeigt, dass es sich bei einem Großteil der in Schleswig-Holstein Geduldeten um Personen handelt, die eben nicht nur vorübergehend in unserem Land sind, sondern die bereits heute längerfristig bei uns sind und das möglicherweise noch länger sein werden, auch wenn sie nicht unter die Bleiberechtsregelung, die die Innenministerkonferenz beschlossen hat, fallen.
Ich selbst habe mir ja erlaubt, das Innenministerium im Rahmen einer Kleinen Anfrage um Auskunft zu bitten, wie viele Personen von den zurzeit in Schleswig-Holstein Geduldeten künftig unter die neue Bleiberechtsregelung fallen werden. Denn es ist ja schon interessant, wie vielen dieser Menschen in Schleswig-Holstein die neue Bleiberechtsregelung überhaupt zugute kommen wird. Die Antwort aus dem Innenministerium war mehr als mau. Das Ministerium antwortete, es lägen noch keine Zahlen vor. Die Antragsfristen liefen schließlich noch bis Mitte Mai 2007.
Diese Antwort hat mich schon sehr erstaunt. Meine Fraktion - wie auch wohl die Grünenfraktion – wollte wissen, wie viele der zurzeit in Schleswig-Holstein geduldeten Personen überhaupt die Chance haben, unter die Bleiberechtsregelung zu fallen, weil sie deren Voraussetzungen erfüllten.
Wir wollten nicht wissen, wie viele durch ihren Antrag diese Chance nutzen wollen, sondern wem sie sich überhaupt bietet. Dann wird man aus unserer Sicht nämlich sehen, dass dieser Bleiberechtskompromiss den Wenigsten zugute kommen wird.
Das ist der eigentliche politische Skandal. Es wird in den Sonntagsreden immer so getan, als habe man mit der Bleiberechtsregelung denjenigen geholfen, die seit Jahren unter dem Druck leben, dass sie trotz ihrer Sozialisation in unserem Land zum Verlassen dieses Landes gezwungen werden.
Dabei ist mit Sozialisation nicht unbedingt das Arbeitsleben gemeint, da vielen der hier Geduldeten verboten ist, einen Arbeitsplatz anzunehmen. Es geht vielmehr um Freunde aus Nachbarschaft und Sportverein.
Es geht vielmehr um Kinder, die hier und in der Schule ihre Freunde gefunden haben.
Und da bietet auch die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage zumindest ein wenig Zahlenmaterial. So sind allein 375, also auch gut 40 % der ca. 1000 Kinder in Familien von geduldeten Personen in Deutschland geboren. Die kennen gar kein anderes Land als ihre Heimat.
Von diesen 375 in Deutschland geborenen Kindern sind 136 – also auch mehr als ein Drittel bereits 6 bis 17 Jahre alt. Können Sie sich vorstellen, wie es sein muss, als 14- oder 17 jährige, die hier ihr ganzes Leben verbracht hat, damit rechnen zu müssen, abgeschoben zu werden? Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, 2 Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ Deshalb wollten wir Auskunft darüber haben, wer in den Genuss der neuen Bleiberechtsregelung kommen kann, deshalb sind wir unzufrieden, dass die Landesregierung sich in ihrer Antwort auf die Antragsfrist zurückgezogen hat und hier eher mit Informationen zu mauern scheint.
Die geduldeten Familien, die nicht unter den Bleiberechtskompromiss fallen werden, scheint die Landesregierung abgeschrieben zu haben.
So liegt meiner Fraktion ein Controllingkonzept der Landesregierung zur Migrationssozialberatung im Entwurf vom 09. November vor.
Dieses Konzept bestärkt mich in der Kritik an, die mein Fraktionskollege Dr. Garg bereits im November an die Landesregierung gerichtet hat. Auch geduldete Personen und Familien müssen aus Sicht meiner Fraktion an Integrationsmaßnahmen teilhaben dürfen.
Kommen wir aber zu den Zielen der Landesregierung aus dem Controllingkonzept:
1. Oberziel O1: Migrantinnen und Migranten mit „Daueraufenthalt“ sollen in die Lage versetzt werden, Unabhängigkeit von staatlichen Transferleistungen zu erlangen.
Das klingt soweit ganz ordentlich.
2. Oberziel O2: Die sozialgesellschaftlichen Kompetenzen sollen bei den Migrantinnen und Migranten mit „Daueraufenthalt“ gestärkt werden, um eine aktive gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.
Klingt auch nicht schlecht, aber nun kommt es:
3. Oberziel O3: Migrantinnen und Migranten „mit vorübergehendem Aufenthalt“ sollen in migrationsspezifischen Krisensituationen aus humanitären Gesichtspunkten und zur Sicherstellung des sozialen Friedens Unterstützung erhalten.
Sollte an diesen Zielen festgehalten werden, dann werden geduldete Personen und Familien, die ja nach dem Gesetz Personen mit vorübergehendem Aufenthalt sind, von Integrationsmaßnahmen quasi abgeschnitten.
Man muss zwar anerkennen, dass die Landesregierung plant, dass diesen Personen Beratungsangebote beispielsweise in Schul- und Gesundheitsfragen, in Fragen der Wohnsituation oder auch der Sicherung des Lebensunterhalts gemacht werden sollen.
Doch „Ziel“ der Landesregierung ist es letztlich nicht, dass sie eine Arbeitsstelle erhalten, damit sie von staatlichen Transferleistungen unabhängig werden.
Ziel der Landesregierung ist es darüber hinaus auch nicht, dass diese Menschen an unserer Gesellschaft teilhaben, obwohl sie, wie bereits erwähnt, doch schon heute seit vielen Jahren unter uns leben und bereits ältere Kinder haben, die hier geboren sind.
Nach Auffassung meiner Fraktion ist es notwendig, dass wir im Parlament diese Fragen noch eingehender beraten. Der Innenminister sollte im Ausschuss uns über den neuesten Stand seines Controllingskonzeptes zur Migrationssozialberatung informieren und wir sollten auch ruhig im Diskurs mit den entsprechenden Verbänden diskutieren, was hier verbesserungswürdig erscheint.
Es muss unser Ziel bleiben, Menschen, die bereits seit Jahren in Schleswig-Holstein leben, am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen, auch wenn diese Menschen jederzeit mit ihrer Abschiebung rechnen müssen.“
Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, 3 Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/