Jutta Schümann zu TOP 16: Finanzierung des Gesundheitssystems auf breitere Basis stellen
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 25.01.2007 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 16 - Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesrat ablehnen (Drucksache 16/1183)Jutta Schümann:Finanzierung des Gesundheitssystems auf breitere Basis stellenZum erneuten Male diskutieren wir das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz im Landtag. Es ist durchaus plausibel, dass die FDP nunmehr zum Abschluss der Beratungsphase auf Bundesrats- und Bundestagsebene uns auffordert, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich finde das sehr bedauerlich, schließlich hat es im gesamten Beratungsverfahren doch einige Ver- änderungen und durchaus auch Verbesserungen im Interesse des Landes Schleswig- Holstein gegeben.Wir haben von Anfang an gesagt, dass die Ausgangspositionen von CDU und SPD vor Be- ginn der Verhandlungen zur Gesundheitsreform unterschiedlicher nicht sein konnten - auf der einen Seite Kopfprämie und auf unserer Seite die Forderung nach einer Bürgerversiche- rung. Und somit ist dieses Ergebnis, auch das, was uns jetzt vorliegt, nach wie vor auf der Grundlage eines politischen Kompromisses entwickelt worden und auch so zu bewerten. Wer glaubt, dass es in absehbarer Zeit möglich sein wird, 1:1 die CDU-Position mit ihrer zentralen Forderung nach einer Kopfprämie oder die SPD-Position nach einer hundertpro- zentigen Bürgerversicherung umsetzen zu können, der träumt.Meine Fraktion und ich vertreten deshalb die Auffassung, pragmatisch an Lösungen weiter zu arbeiten und aus landespolitischer Sicht insbesondere dafür zu sorgen, dass für Schleswig-Holstein im Bereich des Gesundheitswesens keine gravierenden Nachteile Schleswig- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-entstehen und dass sich insbesondere keine Nachteile Schleswig-Holstein-spezifisch her- ausbilden. Und da erwähne ich als ein besonderes Stichwort immer wieder die zukünftige Finanzierung der Krankenhäuser.Wir haben darauf hingewiesen, dass die geplante einprozentige Budget-Absenkung für die schleswig-holsteinischen Krankenhäuser ein zusätzlicher Wettbewerbsnachteil sein wird, und deshalb ist es auch umso erfreulicher, dass gerade an diesem Punkt Veränderungen erfolgt sind. Wir werden weiterhin fordern und uns dafür einsetzen, dass die schleswig- holsteinischen Krankenhäuser mit ihrer finanziellen Ausstattung nicht benachteiligt werden im Verhältnis zu den Krankenhäusern der anderen Bundesländer.Es ist ebenso zu begrüßen, dass die Idee im Bereich der Rettungsdienste, die vorgesehe- ne pauschale dreiprozentige Kürzung der Leistungsentgelte, wahrscheinlich entfallen wird, und das bedeutet, dass wir auch zukünftig auf der kommunalen Ebene eine Dienstleistung in der bisherigen Form und Qualität gewährleisten können.Zu dem Zwischenresümee, das wir derzeit vor dem Abstimmungsverfahren im Bundesrat ziehen, gehört auch das Ergebnis des vor kurzem vorgelegten Gutachtens der Sachver- ständigen Bert Rürup und Eberhard Wille, die gerade für Schleswig-Holstein deutlich ma- chen, dass Schleswig-Holstein aller Voraussicht nach nicht finanziell benachteiligt wird, dass aber auch insbesondere für die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg die Zuzahlungen ins System nicht in der Größe erfolgen werden, wie ursprünglich von dort immer signalisiert wurde und dass deshalb die Begründung der süddeutschen Bundeslän- der, sich deshalb nicht an einem solidarischen Finanzierungssystem zu beteiligen, entfällt.Ich habe in meiner letzten Rede darauf hingewiesen, dass es in dem Kompromissergebnis unterschiedliche Möglichkeiten einer weiteren Strukturveränderung geben kann. Aus unse- rer sozialdemokratischen Sicht sehen wir nach wie vor die Notwendigkeit, die Finanzie- rung zukünftig auf eine noch breitere Basis zu stellen – Stichwort Bürgerversicherung. -3-Gleichzeitig erscheint es uns notwendig, und auch das ist hinlänglich bekannt, mehr Steuern ins System zu geben, mindestens in der Größenordnung der Tabaksteuer wie bisher, um zusätzliche Leistungen oder beitragsstabilisierende Möglichkeiten für die gesetzliche Kran- kenversicherung zu haben.Natürlich – auch das ist kein Geheimnis – zählt zu unserem Konzept nach wie vor ein stär- keres Einbeziehen der privaten Versicherungen. Wir werden uns politisch weiterhin für solche zusätzlichen Veränderungen einsetzen. Gleichermaßen sind wir aber auch bereit, den bisher ausgehandelten Kompromiss mit zu tragen.Ich möchte zum Abschluss noch mal deutlich machen, dass es viele positive Auswirkungen der neuen Reform geben wird. Neben zusätzlichen Angeboten, die der demografischen Entwicklung Rechnung tragen – z. B. eine bessere Palliativversorgung , eine verbesserte geriatrische Versorgung –, ist es sicherlich ein großes Verdienst, dass zukünftig in Deutschland kein Mensch mehr ohne eine Krankenversicherung leben wird und das gilt besonders natürlich auch für viele Kinder und Jugendliche, die jetzt zum Teil nicht an- gemessen versorgt sind.Ich bin zuversichtlich, dass wir unser Gesundheitssystem weiter entwickeln werden. Wer ernsthaft glaubt, dass ein derartig komplexes System gleich auf Anhieb mit seinen kompli- zierten Verästelungen reibungslos und bis ins Detail zufrieden stellend funktioniert, der träumt. Wir werden sicherlich die gesundheitspolitische Debatte weiter fortsetzen. Wir wer- den sehen.