Jutta Schümann zu TOP 33: Wir brauchen ein abgestimmtes Untersützungs- und Hilfekonzept
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 25.01.2007 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 33 - Bericht der Landesregierung: Leukämiefälle im Raum Geesthacht/Elbmarsch (Drucksachen 16/1030 neu und 16/1165)Jutta Schümann:Wir brauchen ein abgestimmtes Unterstützungs- und HilfekonzeptErgänzend zu den Ausführungen meines Kollegen Olaf Schulze, der insbesondere auf die konkrete Situation vor Ort eingegangen ist, gestatten Sie mir noch einige kurze Anmerkungen aus gesundheitspolitischer Sicht.Die Ursachen von Krankheit sind sehr vielfältig. Neben den genetischen Voraussetzungen gibt es unterschiedliche Faktoren, die die Gesundheit beeinflussen, z. B. die soziale Lage, Ernährung, Tabak- und Alkoholkonsum, usw. Wir wissen aber auch, dass die Gesundheit stark, sogar sehr stark durch Umwelteinflüsse beeinträchtigt wird. Umweltfaktoren spie- len auch eine sicherlich wichtige Rolle bei der Entstehung von Krebserkrankungen, die nach wie vor mit an der Spitze der Todesursachen stehen. Die Häufigkeit von Krebserkrankungen steigt in den letzten Jahren weiter an und das trotz intensivster Ursachenforschung weltweit.Die Dachdokumentation Krebs im Robert-Koch-Institut weist allerdings auch aus, dass die Sterblichkeit an Krebs in den letzten Jahren - Gott sei Dank – zurückgegangen ist. Das ist ein Hinweis auf verbesserte Früherkennungsuntersuchungen und Methoden, aber auch ver- besserte therapeutische Maßnahmen. Wenn es also um Erkrankung geht, müssen wir uns zum einen einer intensiven Ursachenforschung, zum anderen aber auch einer ständig sich verbessernden frühzeitigen Diagnose und einer ebenso ständig zu verbessernden Therapie im Erkrankungsfall widmen. Schleswig- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-Das Thema Leukämiehäufigkeit in der Elbmarsch und im Großraum Geesthacht begleitet, ja belastet uns seit vielen, vielen Jahren. Sowohl die Länder Schleswig-Holstein als auch Nie- dersachsen haben viele Jahre in unterschiedlichen Foren Expertenanhörungen mit Kommis- sionen jeweils für sich, aber auch gemeinsam Ursachenforschung betrieben, leider mit einem nicht zufrieden stellenden Ergebnis - für uns und natürlich auch insbesondere für die Men- schen, für Familien mit Kindern in dem betroffenen Gebiet.Die Aussage von Prof. Edmund Lenkfelder, Strahlenbiologe der Universität München und Mitglied der Leukämiekommission, ist bezeichnend für die Situation: „Die Kommission hat zwölf Jahre lang nach Ursachen gesucht und alle erdenklichen Ursachen ausschließen kön- nen: Chemische Ursachen, Pestizide, Düngemittel. Übrig geblieben ist die Vermutung, es ist von Strahlung ausgelöst.“Diese Aussage macht deutlich, dass es nach wie vor keine verbindlichen kausalen Erklä- rungen für dieses weltweit größte Leukämiecluster gibt. Aber genau weil wir uns nicht die Ursachen bisher erklären können, und uns möglicherweise zum jetzigen Zeitpunkt auch keine neuen Erklärungsansätze vorstellen können, bleibt es erforderlich, immer wieder zu versu- chen, den Ursachen auf den Grund zu gehen, so wie die Ursachenforschung im Bereich der Krebserkrankungen nicht aufhören wird, bis es eindeutige, klare Erklärungsmuster für die Entstehung geben wird.Deshalb möchten wir – die Mitglieder des Sozialausschusses - auch die Planung der nieder- sächsischen Kollegen für eine Expertenanhörung zu diesem Thema nutzen und uns gemein- sam hoffentlich auch mit den Hamburger Kolleginnen und Kollegen an dieser Expertenanhö- rung beteiligen. Möglicherweise erhalten wir neue Zusatzinformationen oder Erkenntnisse, über die wir bisher noch nicht verfügen. -3-Neben der verstärkten Ursachenforschung erscheint es ebenso erforderlich, noch einmal zu prüfen, inwieweit die entsprechenden Krebsregister geführt werden und wie die betref- fenden Länder miteinander kooperieren. Es scheint aus meiner Sicht problematisch, dass es z. B. in Hamburg keine Verpflichtung gibt, Erkrankungsfälle an das Krebsregister zu melden. Auch da sollten wir Länder übergreifend einheitliche Standards entwickeln. Das könnte auch gelten für die Verbesserung in der Zusammenarbeit der niedergelassenen Ärzte vor Ort, aber auch für die Zusammenarbeit der Fachärzte an den Kliniken und für die Universitätskli- niken in Schleswig-Holstein und Hamburg. Und es muss uns gelingen, die Menschen vor Ort, z.B. aus der Region Geesthacht, mitzunehmen. Das gilt dann auch für die Bürgerinitiative vor Ort.Die von der Ministerin angekündigte Teilnahme an dem geplanten Symposion des Mainzer Krebsregisters ist zu begrüßen und auch die Absicht, unterschiedliche Forschungsansätze zu koordinieren. Das gilt auch für die geplante Zusammenarbeit mit Herrn Prof. Schrappe von der Universitätskinderklinik hier in Kiel.Wir brauchen nach meinem Eindruck ein mit den anderen Ländern abgestimmtes Un- terstützungs-, Informations- und Hilfekonzept für die gesamte Region mit bekannten An- laufstellen und einer engen Kooperation zu denjenigen, die in diesem Bereich der verbesser- ten Therapie forschen und arbeiten. In welcher Weise dieses konkret durchgeführt werden kann, sollten wir gemeinsam im Ausschuss mit dem Ministerium erörtern.