Wolfgang Kubicki zur Regierungserklärung: "Strukturpolitischer Unsinn"
FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Nr. 021/2007 Dr. Heiner Garg, MdL Stellvertretender Vorsitzender Kiel, Donnerstag, 25. Januar 2007 Dr. Ekkehard Klug, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Sperrfrist: Redebeginn Günther Hildebrand, MdLEs gilt das gesprochene Wort!Strukturpolitik/Zukunftsprogramm Schleswig-HolsteinWolfgang Kubicki: „Strukturpolitischer Unsinn“ In seinem Beitrag zu TOP 1A (Zukunftsprogramm Schleswig-Holstein) sagte der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki:„Die Rede des Ministerpräsidenten ist Vergangenheit, meine noch die Zukunft. Der Ministerpräsident hat uns eben erzählt, wie er die Aussichten Schleswig-Holsteins subventionieren will. Offen ließ er, ob er die Aussichten für oder aus Schleswig-Holstein meinte. Das meiste war alter Wein in neuen Schläuchen, den er wie sauer Bier anpries—garniert mit ein paar neuen Zahlen.1,4 Milliarden € will die Landesregierung für diese Aussicht in den nächsten sieben Jahren ausgeben, aufgeteilt auf so viele Fördertöpfe, dass für fast jeden etwas dabei sein könnte. Inhaltliche Schwerpunkte bleiben versteckt, nicht ‚klotzen’ heißt die Devise der Landesregierung, sondern ‚tröpfchenweise kleckern’. Das erklärt, warum der Ministerpräsident sich auf Allgemeinplätze beschränkte: Es gibt nichts Konkretes, worauf er sich hätte konzentrieren können.Kein Wunder: Die wesentliche Leistung der Landesregierung bestand ja darin, die Anträge für die „Ländersozialhilfe“ der EU richtig auszufüllen und rechtzeitig abzugeben. Dass der Ministerpräsident sich traut, sich und seine Landesregierung dafür derart öffentlich zu loben, wie wir es eben erleben durften, das sagt schon viel über das Niveau seiner Politik aus: Offensichtlich erwartet er davon so wenig, dass schon das Dasein dieser Landesregierung ihn zufrieden stellt. Die Devise lautet: Ich bin so toll, bin so charmant, bin Peter Harry von Nordstrand—es fehlen eigentlich nur noch die La-Ola-Wellen in den Reihen der CDU.Die Europäische Union hat den Antrag der Landesregierung auf Ländersozialhilfe großzügig genehmigt. Es gibt mehr davon, und seitdem CDU und SPD gemeinsam regieren, ist scheinbar ganz Schleswig-Holstein darauf angewiesen. Wie könnte es sonst angehen, dass Schleswig-Holstein im Lichte der Erweiterung der Europäischen Union mehr Geld bekommt?Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2 In den meisten der Beitrittsstaaten liegen die Durchschnittseinkommen immer noch unter dem deutschen Sozialhilfeniveau—für Menschen—aber Schleswig-Holstein bekommt trotzdem mehr Ländersozialhilfe. Das sollte uns nachdenklich stimmen. Denn das kann kein Ausweis erfolgreicher Politik sein. Selbstverständlich weist das auch aus, wie weit die vorherigen Regierungen hinter ihren vollmundigen Ankündigungen zurück blieben, die Zukunft im eigenen Land mit viel ziel, zal, zip und knall gewinnen zu wollen. Nichtsdestotrotz macht die jetzige Landesregierung munter im gleichen Trott weiter; sie nennt ihr Programm nur anders: Zukunftsprogramm Schleswig-Holstein. Als Akronym schlage ich ‚zush’ vor: Das ähnelt einem Geräusch, das sehr gut zu diesem Programm passt.Ich ahne, was die Mitglieder der Landesregierung mir jetzt am liebsten dazwischen rufen würden—diesmal sei wirklich alles viel besser und zielgenauer und im Rahmen eines abgestimmten Gesamtkonzeptes miteinander verzahnt. Diese Behauptung entbehrt genau der gleichen Grundlagen wie die vollmundigen Ankündigungen des Ministerpräsidenten. Warum sollte sich auch etwas ändern? Die eine Hälfte der amtierenden Landesregierung war mehr als die Hälfte der alten Landesregierung. Und die andere Hälfte der amtierenden Landesregierung hat sich stramm auf den alten SPD- Kurs begeben. Auf so viel politische Kontinuität und Durchsetzungskraft hätte die schleswig-holsteinische SPD nach ihrem Debakel bei der Landtagswahl wohl nie zu hoffen gewagt.Ich habe nicht erwartet, dass die CDU im Vorgriff auf kommende Wahlkämpfe so die Äquidistanz der FDP zu den beiden etwas größeren Parteien herstellen würde.Wer könnte die Durchsetzungskraft der Sozialdemokraten besser verkörpern als unser Alterspräsident, Kollege Günther Neugebauer: Er war es, der schon im April ein Zukunftsprogramm von der Landesregierung forderte—im April 1987! Ich zitiere: ‚… unerläßlich ist in diesem Zusammenhang ein Zukunftsprogramm „Arbeit und Umwelt für die Westküste“ sowie ein Entwicklungsprogramm für den Landesteil Schleswig, die die besonderen strukturellen Probleme dieser Region berücksichtigen, sowie ein Programm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit.’1 Ende des Zitats Lieber Kollege Neugebauer, das zeigt, was es nützen kann, stetig dicke Bretter zu bohren: Irgendwann ist man unten durch. Aber nicht immer sind die gebohrten Löcher nützlich.Nachdem der Ministerpräsident das neue Programm schon abgeschrieben hat—hat er es auch gleich abgeheftet, und zwar im Ordner ‚Musik’. Warum verbindet er es sonst ständig mit einem Dreiklang? Dieser Dreiklang könnte eine Harmonie sein, eine Harmonie aus sparen, investieren und reformieren zum Wohle des Landes. Ist er aber nicht. So wie die Landesregierung bis jetzt heranging, ist dieser Dreiklang eine Kakophonie. Denn die Landesregierung hat bis jetzt weder gespart noch investiert noch reformiert.• Gespart hat die Landesregierung bis jetzt noch nicht: Die Neuverschuldung sank 2006 nur deshalb erheblich, weil die Steuereinnahmen wegen der guten Konjunktur überdurchschnittlich stark stiegen. Die Landesregierung hat hierzu nichts beigetragen. Die Nettoausgaben des Landes sanken gerade einmal um 33 Millionen €: Wenn wir berücksichtigen, dass die gute Konjunktur ganz automatisch einige Ausgabenposten senkt, dann hat die Landesregierung hierzu eigentlich gar nichts beigetragen. Zum Beispiel sind allein die Ausgaben für Sozialhilfe um etwa 50 Millionen € unter den Ansätzen geblieben. Das ist aber keine Leistung der Landesregierung. Im Gegenteil: Die Sozialhilfe ist ja ein Paradebeispiel eines automatischen Stabilisators, der reagiert, ohne dass die jeweilige Regierung eingreift. 1 Schleswig-Holsteinischer Landtag, Drucksache 10/2051, Änderungsantrag der Fraktion der SPD: Wirtschaftliche Lage in Schleswig-Holstein 1986, vom 28.04.1987 Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 3 Und ganz nebenbei: Wäre der jetzige Innenminister als Finanzminister nicht so unverantwortlich mit dem Vermögen des Landes umgegangen—wer weiß?—vielleicht hätte Schleswig-Holstein schon einen verfassungsmäßigen Haushalt, vielleicht sogar einen ausgeglichenen, so wie z.B. Bayern oder Sachsen—oder Mecklenburg- Vorpommern!• Zusätzlich investiert hat die Landesregierung auch nicht: 2006 blieben die Investitionen 38 Millionen € unter den Ansätzen—selbst der Finanzminister beklagt die niedrige Investitionsquote im Landeshaushalt.• Reformiert hat die Landesregierung bisher auch nichts—nur die CDU hat sich deformiert. Indem sie ein Wahlversprechen nach dem anderen brach: Zum Beispiel hat sie ihre Versprechen gebrochen, auf pauschale Entnahmen aus dem Kommunalen Finanzausgleich zu verzichten, auf weitere Kürzungen der Beamtengehälter zu verzichten, ein leistungsfähiges Schulwesen zu erhalten und die Gemeinschaftsschule zu verhindern. Und jetzt forciert die CDU auch noch die Zwangsfusion von Kreisen—im Zweifel auch mit völlig neuen Grenzziehungen.Diese politische Kakophonie bezeichnete der Ministerpräsident eben als Aufbruch, und den will er mit dem Zukunftsprogramm verstetigen. Dafür will die Landesregierung in sieben Jahren 1,4 Milliarden € öffentlicher Fördergelder ausgeben. Das hört sich nach gewaltig viel Geld an. Und im Vergleich zur Lebenswirklichkeit der allermeisten Menschen ist es das auch. Aber das ist die falsche Bezugsgröße, um die mögliche Wirksamkeit des Programms zu beurteilen. Hier ein paar angemessene Vergleiche: 1,4 Milliarden € in sieben Jahren bedeuten durchschnittlich 200 Millionen € pro Jahr.• Für dieses Jahr sind 8,3 Milliarden € Nettoausgaben des Landes angesetzt: Die 200 Millionen des Zukunftsprogramms sind noch nicht einmal zweieinhalb Prozent des jährlichen finanziellen Engagements des Landes.• 2004 wurden in Schleswig-Holstein brutto 10,7 Milliarden € investiert—der neueste verfügbare Wert. Die 200 Millionen € des Zukunftsprogramms würden diesen Betrag noch nicht einmal um 2% erhöhen. Das ist weniger als ein Drittel der durchschnittlichen jährlichen Schwankungen der Investitionen in Schleswig-Holstein seit der Wiedervereinigung. Und dabei sind noch nicht einmal die Beträge des Zukunftsprogramms heraus gerechnet, die nach offizieller Lesart gar nicht zu den Investitionen zählen.• 2005 betrug das Bruttoinlandsprodukt Schleswig-Holsteins 69 Milliarden €. Die 200 Millionen € des Zukunftsprogramms machen noch nicht einmal drei Promille aus.Diese Vergleiche allein erlauben selbstverständlich keinen Schluss darauf, ob das Geld sinnvoll ausgegeben werden wird. Und selbstverständlich lässt sich dieser Sinn auch nicht aus der Propaganda der Landesregierung oder späteren Danksagungen einzelner Geförderter ableiten—das jeweilige Interesse an positiver Darstellung ist zu offensichtlich. Aber eines zeigen die Vergleiche: Die 200 Millionen € jährlich werden die Entwicklung Schleswig-Holsteins allenfalls am Rande beeinflussen—und zwar ganz am Rande. Und je größer die Zahl der Ziele und Unterprogramme ist, auf die das Geld verteilt wird, desto weniger Einfluss wird das Kleckern haben—und aus der Erklärung des Ministerpräsidenten waren ja kaum Grenzen der Zahl prinzipiell förderwürdiger Zwecke heraus zu hören.So pries er das Zukunftsprogramm Wirtschaft vorhin als „… Einladung an Unternehmergeist und Eigeninitiative …“ an. Die Unternehmen werden diese Einladung selbstverständlich annehmen und Projekte ins Leben rufen, die nach den Kriterien desChristian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 4 Zukunftsprogramms förderwürdig sind. Und sie werden das mit dem gleichen großen Geschick tun, mit dem sie sich auch am Markt behaupten.Erhebliche Mitnahmeeffekte sind vorprogrammiert. Das Schlimmste daran ist aber, dass eine der wertvollsten Ressourcen unseres Landes vom Staat in den gesellschaftlich unproduktiven Zweck der Subventionsfischerei umgelenkt und verschwendet wird: Der Unternehmergeist und die Eigeninitiative, die der Ministerpräsident beschwor. Außerdem soll die Förderung jetzt auf das ganze Land ausgedehnt werden. Wenn man private Projekte einzelner Unternehmen fördern will, dann ist das wenigstens folgerichtig.Aber strukturpolitisch ist das Unsinn. Denn wer daran glaubt, strukturschwache Regionen mit den herkömmlichen Förderinstrumenten an die strukturstarken Regionen heranführen zu können—weil er eben glaubt, die Instrumente wären wirksam—der konterkariert sein Ziel doch, wenn er gleichzeitig den Vorsprung der strukturstarken Regionen ausbaut! Denn die Merkmale ‚strukturschwach’ und ‚strukturstark’ sind doch relative Kriterien; sie sind als Verhältnis zu einem Durchschnitt definiert! Strukturpolitisch sinnvoll hingegen ist der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur: Der Ministerpräsident traf zum Beispiel vorhin ins Schwarze, als er sagte, Schleswig-Holstein könne sich als Drehscheibe des Ostseehandels keine Kapazitätsengpässe leisten und das Land wolle deshalb die Häfen in Kiel und Lübeck ausbauen.Und genau hier wird der Unterschied deutlich zwischen dem Zukunftsprogramm Schleswig-Holstein und einem zukunftsträchtigen strukturpolitischen Programm, das dem Land neue Perspektiven böte: Ein Erfolg versprechendes Programm würde die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Schleswig-Holstein mit öffentlichen Projekten steigern. Hingegen ist das Zukunftsprogramm Schleswig-Holstein dieser Landesregierung größtenteils darauf gerichtet, Schleswig-Holstein im Wettbewerb der Regionen zu stärken, in dem Beamte des Landes entsprechend der Signale der goldenen Zügel in den Händen von Beamten in Brüssel und Berlin darüber entscheiden wollen, welche privatwirtschaftlichen Investitionsprojekte die Wettbewerbsfähigkeit privater Unternehmen auf privatwirtschaftlichen Märkten fördern sollen.Genau das ist in den Zukunftsprogrammen Wirtschaft, Ländliche Räume und Fischerei der Schwerpunkt. Und wie die Zahlen zeigen, hat genau das schon bisher nicht geklappt—und es wird auch zukünftig nicht klappen. Allein schon deshalb, weil es vielfach die gleichen Beamtinnen und Beamten sind, die entscheiden sollen. Das liegt nicht am mangelnden Einsatz der Beamtinnen und Beamten. Das liegt einfach am mangelnden Detailwissen: Beamte sind darauf spezialisiert, öffentliche Aufgaben zu erfüllen, in dem sie Gesetze vollziehen. Unternehmer sind darauf spezialisiert, mit risikoreichen Investitionen Gewinne zu erwirtschaften. Beides klappt selbstverständlich nicht immer: Aber noch schlimmer wird es, wenn die einen das Handwerk der anderen bestimmen sollen und umgekehrt. Auch im Jahre siebzehn nach der deutschen Einheit sollte die DDR uns dafür ein abschreckendes Extrembeispiel bleiben.Noch einmal: Die Wettbewerbsfähigkeit Schleswig-Holsteins lässt sich nicht durch öffentlich gelenkte Subventionen für einzelbetriebliche, privatwirtschaftliche Investitionsprojekte stärken. Die öffentliche Hand wird die Wettbewerbsfähigkeit Schleswig-Holsteins nur wirksam stärken können, wenn sie sich auf öffentliche Projekte konzentriert, die die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Schleswig-Holstein stärken— zum Beispiel den Ausbau der Häfen.Bessere Fernstraßen sind auch wichtig: Zum Beispiel die A 20 mit der Elbquerung, der sechsstreifige Ausbau der A 7 und die feste Fehmarnbelt-Querung. Aber da hat der Verkehrsminister bisher versagt. Vielleicht liegt das daran, dass er als Wirtschaftsminister mehr Zeit mit dem fotogenen Überreichen von Subventionsschecks verbringt, als mit der politischen Kärnerarbeit für diese wichtigen öffentlichen Infrastrukturprojekte. Angesichts der Tatsache, dass ihn nach seiner eigenen Aussage an seinem Amt am meisten das Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 5 regelmäßige Arbeiten stört, ist das verständlich—aber es ist eindeutig der falsche Schwerpunkt.Selbstverständlich hat die Landesregierung bisher nicht alles falsch gemacht—noch nicht einmal der Wirtschafts- und Verkehrsminister. So beurteilen wir zum Beispiel die Außenwirtschaftsoffensive der Landesregierung und das Bündnis für Ausbildung als sinnvoll und haben die Landesregierung hierbei auch hier im Landtag öffentlich unterstützt. Und dabei wird es auch bleiben.Rednerinnen oder Redner der Koalitionsfraktionen und der Landesregierung werden mir gleich vorwerfen, ich versuchte, das Land schlecht zu reden. Das ist zwar üblich, aber trotzdem falsch: Ich rede nur über schlechte Regierungspolitik, die unserem Land schadet. Ebenfalls wie üblich wird irgendjemand uns gleich fragen, welche Alternative wir denn böten, um uns umgehend vorzuwerfen, wir böten gar keine. Auch das ist üblich und trotzdem falsch. Unsere Alternative zum Regierungsgeklecker lautet: Klotzen.Denn wenn das Land mit seinen begrenzten Mitteln das erreichen soll, was der Ministerpräsident vorhin als Ziel beschrieb—eine neue Perspektive für Schleswig- Holstein—dann taugt die bisherige Strukturpolitik dafür nicht. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf erreichte Schleswig-Holstein 1991 noch 79 % des Wohlstandes des reichsten Bundeslandes Hessen. 2005 waren es nur noch 75%.2 Das ist keine Aufholjagd; das Land fällt zurück.Und das Zukunftsprogramm wird in der Regierungspropaganda zwar sehr von seinen Vorläufern abgegrenzt— aber inhaltlich unterscheidet es sich kaum. Die Landesregierung könnte das Gegenteil prinzipiell sehr leicht beweisen: Sie müsste nur die Zahl und vor allem das Förder- und Investitionsvolumen der einzelnen Projekte angeben, die zwar während der letzten Förderperiode der EU im Rahmen des Programms ‚ziel’ gefördert wurden, aber nun im Zukunftsprogramm Schleswig-Holstein nicht mehr förderfähig wären. Ich bin mir sicher, es gibt solche Projekte—aber ich mir genauso sicher, dass sie nur einen kleinen Teil des Förder- und Investitionsvolumens des Programms ‚ziel’ ausmachen. Wenn aber die Art der Projekte, die bisher gefördert wurden, Schleswig- Holstein im Wettbewerb der Regionen nicht nach vorne brachten, dann werden sie es ab jetzt auch nicht schaffen.Deshalb schlagen wir als grundsätzliche Alternative zur weit gestreuten, aber dünn gesäten Förderpolitik der Landesregierung vor, das Land möge seine begrenzten Mittel stärker auf einzelne Felder konzentrieren. Und gerade nicht auf die einzelbetriebliche Förderung privatwirtschaftlicher Projekte. Sondern auf öffentliche Projekte, die die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes stärken. Die Unternehmen investieren dann von alleine mehr. Es ist jetzt weder Zeit genug noch der richtige Zeitpunkt, alles das zu wiederholen, was wir in diesem Sinne in den letzten Jahren in unseren Programmen und unseren Landtagsanträgen—inklusive unserer Haushaltsanträge—vorgeschlagen haben. Deshalb nur einige Beispiele: Es wird das Land nicht grundsätzlich voranbringen, die Be- und Verarbeitung von Kartoffeln, die Vermarktungskonzeptionen für die Verarbeitung und Vermarktung regional erzeugter landwirtschaftlicher Produkte oder neue Badezimmer in Hotels und Pensionen zu subventionieren. Viel hilfreicher wäre es beispielsweise, stattdessen • das Urlaubsziel Schleswig-Holstein mit einer zentralen Kampagne noch bekannter zu machen, • unsere Verkehrswege besser auszubauen, • die Hochschulen deutlich besser auszustatten,2 Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder, Bruttoinlandsprodukt – in jeweiligen Preisen – je Einwohner*) in Deutschland 1991 bis 2005 nach Bundesländern, http://www.statistik.baden-wuerttemberg.de/Arbeitskreis_VGR/tab01.asp, letzte Änderung 13.12.2006, und eigene Rechungen. Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 6 • mehr Schulen schneller zu sanieren und • den Kommunen nicht nur kein Geld wegzunehmen, sondern ihnen noch mehr Geld für Investitionen in öffentliche Infrastruktur zu geben. Denn gerade die kommunalen Infrastrukturinvestitionen sind es, die die Eignung einer Region als Wirtschaftsstandort maßgeblich steigern.Ich bin nicht überzeugt davon, dass das Zukunftsprogramm Schleswig-Holstein seinen eigentlichen politischen Zweck erfüllen wird, nämlich den, möglichst viele Subventionsempfänger politisch an die Subventionsgeber zu binden. Dafür liefert die Große Koalition ansonsten nicht ausreichend genug ab.Ich bin aber überzeugt davon, dass das Zukunftsprogramm Schleswig-Holstein seinen offiziellen Zweck verfehlen wird, nämlich die deutliche Stärkung des Landes und insbesondere der strukturschwachen Regionen im Verhältnis zu den strukturstarken.Wer das Land um der Menschen willen stärken will, muss anders vorgehen—eben nicht kleckern, sondern klotzen. Der muss seinem Grundsatz treu bleiben, dass der Staat den Rahmen zu schaffen habe und nur den Rahmen, den die Akteure am Markt selbst und dann voller Hingabe ausfüllen. Dann muss keine Regierung mehr vorgeben, stolz auf das zu sein, als Land von anderen möglichst viel Sozialhilfe zu erhalten.“Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/