Ursula Sassen zu TOP 17: Verbesserungen herbeiführen ist besser als blockieren
Nr. 443/06 13. Dezember 2006 IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG PRESSEMITTEILUNG Pressesprecher Dirk Hundertmark Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.deSozialpolitik Ursula Sassen zu TOP 17: Verbesserungen herbeiführen ist besser als blockieren Über die Auswirkungen des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes auf das Land Schleswig-Holstein haben wir bereits auf den Tag genau vor zwei Wochen diskutiert und sind einmütig zu der Schlussfolgerung gekommen, dass der vorliegende Entwurf zur Gesundheitsreform überarbeitet werden muss, um Fehlsteuerungen zu vermei- den und Schaden von Schleswig-Holstein abzuwenden.Die lebhafte Diskussion der letzten Plenartagung zu diesem Gesetz hat gezeigt, dass die Informationen durch die Bundesregierung, die Aufklärungskampagnen der Kran- kenkassen und Verbände, die Ärzteproteste und auch die Anhörungen – wie sie die CDU-Landtagsfraktion kürzlich durchgeführt hat – dazu geführt haben, dass alle Par- teien hier im Plenum kritisch Position bezogen haben. Dies wird in anderen Ländern ähnlich sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass solche Signale in Berlin überhört werden. Auch im vorpolitischen Raum gibt es aus dem Landesarbeitskreis, der Mit- telstandsvereinigung und des Wirtschaftsrates der CDU sowohl konstruktive Ände- rungsvorschläge als auch scharfe Kritik an der Gesundheitsreform.Wir alle wissen, dass die demografische Entwicklung in unserem Lande und die Tat- sache, dass immer weniger Menschen in einem sozialversicherungspflichtigen Ar- beitsverhältnis stehen, eine Neustrukturierung des Gesundheitswesens erfordern.Bei der großen Koalition treffen zwei Pole aufeinander, die in puncto Gesundheitsre- form nicht gegensätzlicher sein könnten, so dass diese Reform aus Sicht aller Betei- ligten zu wünschen übrig lässt. Es ist unsere Aufgabe, durch Einholen von Sachvers- tand und intensivem Meinungsaustausch mit den Akteuren im Gesundheitswesen die Gesundheitsreform konstruktiv-kritisch zu begleiten. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition! Auch wenn mir noch niemand begegnet ist, der dem Gesetzentwurf zur Gesundheitsreform in seiner jetzigen Form vorbehaltlos zustimmen kann, wird der Entwurf nicht dadurch besser, wenn wir uns ständig wiederholen und uns alle 14 Tage damit beschäftigen. Auch hier gilt der Grundsatz „Qualität vor Quantität“. Wir hätten uns eine der beiden Debatten zu die- sem Thema sparen können. Wir sollten der Landesregierung konkrete Aufgaben mit auf den Weg geben, die im Fachausschuss beraten werden. Wenn die Opposition in ihrem heute vorliegenden Antrag noch einmal ausdrücklich einige Punkte im Zusammenhang mit einer akuten Bedrohung des Wirtschaftsstand- ortes Schleswig-Holstein durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes anführt, verweise ich auf die Landtagsrede der Ministerin vor 14 Tagen, in der sie dargelegt hat, dass Schleswig-Holstein bei den im Antrag genannten Fällen bereits Initiativen eingebracht hat, die teilweise auch berücksichtigt wurden.Eine Ablehnung dieses Gesetzes wird keine Wirkung auf eine Verbesserung der Si- tuation für Schleswig-Holstein haben. Dass es grundsätzlichen Handlungsbedarf gibt, wird keiner der hier Anwesenden bestreiten können. Wir brauchen in der gesetzli- chen Krankenversicherung in allen Bereichen klare, verlässliche Regeln, die den Wettbewerb intensivieren um Qualität und Effizienz der medizinischen Versorgung zu optimieren. Wer für Schleswig-Holstein wirklich etwas erreichen will, muss zum jetzi- gen Zeitpunkt Verbesserungsvorschläge erarbeiten, statt die Ablehnung der dringend benötigten Reform zu fordern. Daher werden wir diesen „durchsichtigen“ Antrag der Opposition ablehnen.Eigentlich sind wir ja gar nicht weit auseinander, wie Zitate aus der letzten Debatte zeigen. Von einer Rücknahme des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes war dort keine Rede, eher vom kritischen Mitgestalten, um Nachteile für Schleswig-Holstein zu verhindern.Hier einige Zitate aus der letzten Sitzung des Landtages:- Ministerin Dr. Gitta Trauernicht - „Auch die Bundesregierung sieht weiteren Abstimmungsbedarf bei dem Gesetz“.- Dr. Heiner Garg, FDP - „Vielmehr geht es darum, wie wir in den künftigen Verhandlungsrunden mit dem Ge- setzentwurf umgehen.“- Ursula Sassen, CDU - „Je tiefer ich in die Diskussion einsteige, desto mehr Fragen müssen noch beantwor- tet werden.“- Jutta Schümann, SPD - „Wir setzen zum jetzigen Zeitpunkt weiterhin auf Mitwirkung und Mitgestaltung!“- Angelika Birk, Bündnis 90/Die Grünen - „In dieser Hinsicht wäre das einzige Abwehrrecht, das wir in Schleswig-Holstein hät- ten, Sonderbonscher zu verhandeln.“- Lars Harms, SSW - „Wenn es keine gravierenden Änderungen in positive Richtung gibt, dann muss die Landesregierung die Reform im Bundesrat ablehnen.“Und genau da müssen wir ansetzen! Es geht um Änderungen in positive Richtung:Unsere Forderungen und die der Gesundheitsexperten wurden in wesentlichen Tei- len von der Landesregierung aufgegriffen. Das Kabinett hat gestern entsprechende Beschlüsse gefasst, die u.a. enthalten: - Die Streichung des vorgesehenen Sanierungsbeitrages für alle Krankenhäuser in Höhe von einem Prozentpunkt der Ausgaben für stationäre Krankenhausleistun- gen;- ein zielgenauer Risikostrukturausgleich, der eine Benachteiligung von grundlohn- summenschwachen Ländern mit hoher Krankenrisikostruktur wie Schleswig- Holstein ausschließt;- eine Entschärfung des Insolvenzrechtes und die Verlängerung der Frist zur Ent- schuldung der Kassen;- die ersatzlose Streichung der im Gesetzentwurf vorgesehenen 3 %igen Kürzung der Leistungsentgelte bei Fahrtkosten.Darüber hinaus wird Schleswig-Holstein von der Veränderung der GKV- Finanzströme durch den Gesundheitsfonds profitieren. Der erwartete Betrag beziffert sich nach Auskunft aus dem BMG auf ca. 12 Mio. Euro ohne RSA-Auswirkungen. Sie sehen an diesen Beispielen, dass es sich lohnt, das Gesetzesvorhaben kritisch aber konstruktiv zu begleiten. Dies werden wir weiterhin tun.Schleswig-Holstein strebt eine Vorreiterrolle im Gesundheitswesen an. Zahlreiche Präventionsmaßnahmen einschließlich Vorsorge- und Früherkennungsprogramme und günstige natürliche Gegebenheiten wie das gesundheitsfördernde Klima der Nord- und Ostsee stärken das Profil des Gesundheitslandes.Schleswig-Holstein hat daher Grund genug, sich selbstbewusst an der Diskussion um die Gesundheitsreform zu beteiligen und hat als Tourismus- und Gesundheits- standort eine wichtige Stimme, mit der die Ministerin um Unterstützung im Bundesrat werben muss. Die auch von der Opposition formulierten Forderungen werden also Gegenstand des ersten Durchganges der Gesundheitsreform im Bundesrat am 15. Dezember 2006 sein.Wir gegen davon aus, dass die Landesregierung keiner Reform zustimmen wird, die dem Land schadet.An dieser Stelle möchte ich Herrn Professor Dr. med. Fritz Beske, Direktor des Fritz- Beske-Instituts für Gesundheits-Systemforschung Kiel zitieren:„Man kann alles wollen, aber man muss wissen, was man tut. Forderungen zu erhe- ben und auch umzusetzen ist das eine, die Konsequenzen zu bedenken das andere. Jedes System und auch unser Gesundheitswesen muss sich weiterentwickeln. Wei- terentwickeln mit der Bewahrung von bewährten Strukturen und Werten oder Um- bruch hin zu einem neuen, einem völlig anders strukturierten Gesundheitssystem mit unkalkulierten und unkalkulierbaren Auswirkungen – da gibt es manches zu beden- ken. Zerstören ist leicht, korrigieren, zurückzunehmen oder wieder aufzubauen dagegen schwer, sehr schwer.“Schlussbemerkung: Zu Risiken und Nebenwirkungen – der Gesundheitsreform – fra- gen Sie Ihren Arzt oder Apotheker, oder am besten die Ministerin selbst. Und das werden wir im Ausschuss tun.