Anke Spoorendonk zu TOP 10 - Abschaffung der Direktwahlen
PresseinformationKiel, den 13.12.2006 Es gilt das gesprochene WortAnke SpoorendonkTOP 10 a) Gesetz über Wahlen in Gemeinden u. Kreis. 16/794 16/794 b) Gesetz über die Abschaffung Direktwahl 16/1120Nach der Abstimmung im Innen- und Rechtsausschuss zu den beiden vorliegendenGesetzentwürfen ist zumindest eines klar geworden: am Kommunalwahlrecht soll sich nichtsändern.Der SSW aber sieht im Kommunalwahlrecht drei zentrale Bereiche mit Erneuerungsbedarf, dieunmittelbar den Kern kommunaler Demokratie betreffen. Im Einzelnen sind das die Abschaffungder 5 %-Hürde, die Einführung eines moderneren und gerechteren Sitzverteilungsverfahren sowiedrittens: bessere Auswahlmöglichkeiten der Wählerinnen und Wähler auf die personelleZusammensetzung der Kommunalparlamente. In allen Bereichen besteht nach Ansicht des SSWeindeutig Nachholbedarf innerhalb des schleswig-holsteinischen Kommunalwahlrechtes. EineModernisierung kommunaler Demokratie ist aus unserer Sicht überfällig, wird aber weiterhin vonder Großen Koalition blockiert, ob aus Trägheit oder aus Kraft- und Entschlusslosigkeit lasse ichdahin gestellt sein.Die Abschaffung der Direktwahl der Landräte und Bürgermeister wird in der Öffentlichkeit bereitsseit längerem diskutiert. Die bestürzend niedrigen Wahlbeteiligungen bei den Direktwahlensowie die Pseudo-Wahl-Situation, wenn nur ein Kandidat vorhanden ist, haben nicht nur in der 2kommunalen Familie zum Umdenken in Bezug auf die Direktwahl geführt, sondern auch bei denBürgerinnen und Bürgern.Der SSW bleibt sich in dieser Frage treu, auch wenn sämtliche anderen Parteien weiterhin in derDirektwahl ein Mehr an Demokratie sehen. Wir haben bereits bei der Einführung der Direktwahlvon hauptamtlichen Bürgermeistern und Landräten vor den negativen Auswirkungen für diekommunale Demokratie gewarnt.Man kann sich sicher über die noch ausreichende oder schon nicht mehr ausreichendeLegitimation von Wahlen mit einer Beteiligung von unter 30 Prozent der Wahlberechtigtenstreiten, eindeutig ist eine niedrige Wahlbeteiligung kein Zeichen für die Belebung derkommunalen Demokratie. Diese Wahlen gehen am Interesse der Bürgerinnen und Bürger vorbei,und das zeigen sie uns Politikern überdeutlich.Der SSW hat auf die strukturellen Defizite und die schädlichen Langzeitwirkungen der Direktwahlvon Verwaltungschefs für das Machtgefüge der kommunalen Selbstverwaltung hingewiesen.Fragen Sie ihre Kommunalpolitiker vor Ort; diese werden Ihnen das bestätigen: Der Macht- undLegitimationszuwachs der hauptamtlichen Verwaltungsleitung geht eindeutig zu Lasten desEhrenamtes.Das Mehr an punktueller Einflussnahme des Bürgers via Direktwahl, wird von ihm kaumangenommen. Diese vorgeblich bessere Beteiligung wird durch ein permanentes Weniger anehrenamtlicher Gestaltungsmöglichkeit erkauft. Wer sich vor dieser Erkenntnis verschließt, magsich auch über das sinkende Interesse an kommunalpolitischem Engagement wundern - ich nicht.Nun also war der Koalitionsausschuss am Zuge - das Gremium, das hinter verschlossenen Türendie Weichen für die Politik der Großen Koalition stellen soll. Die Debatte um Kompromisse undPakete führte aber dazu, dass die Öffentlichkeit verunsichert wurde. Sie lud und lädt zu 3ausufernden Spekulationen ein. Zunächst sollte die Direktwahl der Landräte und derOberbürgermeister abgeschafft werden. Dann gab es Proteste der beiden Stadtoberhäupter ausKiel und Lübeck, die gerne ihre Unabhängigkeit von den Kommunalparlamenten behaltenwollten. Hinzu kamen verfassungsrechtliche Bedenken aus dem Innenministerium, obOberbürgermeister in dieser Frage genauso wie Landräte zu behandeln sind.In der CDU meldet der Kollege Kalinka Bedenken bezüglich des Kräftegleichgewichts zwischenhaupt- und ehrenamtlichen Kommunalpolitikern an, kann sich aber augenscheinlich nicht damitdurchsetzen. Und daher sage ich salopp: sieht man die anderen Vorschläge in der Debatte umneue kommunale Strukturen, würde es niemanden überraschen, wenn die große Koalitionbeschließen würde, dass künftig Kreise ab 200.000 Einwohner einen Kreispräsidenten direktwählen können. Parallel hierzu führt man dann den Posten des hauptamtlichen„Landkreisdezernenten“ ein, um die unterlegenen Kandidaten und ehemaligen Landräteabzusichern. Der Regierung ist in diesem Sinne einiges zuzutrauen.Die Regierungsmehrheit mag die Gesetzesinitiativen der Oppositionsparteien heute ablehnen,dies kann jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass es an einer klaren, zusammenhängendenLinie der Regierung fehlt. Der SSW hält seine Kritik an den Strukturen aufrecht und fordertweiterhin mehr kommunale Demokratie durch Stärkung der ehrenamtlichen Politiker.