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30.11.06
16:09 Uhr
CDU

Manfred Ritzek zu TOP 31: Schleswig-Holstein zum internationalen Kompetenzzentrum für Landstromversorgung in Häfen entwickeln

Nr. 417/06 30. November 2006


IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG Pressesprecher Dirk Hundertmark Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de
Es gilt das gesprochene Wort Energiepolitik Manfred Ritzek zu TOP 31: Schleswig-Holstein zum internationalen Kompetenzzentrum für Landstromversorgung in Häfen entwickeln „Als Folge der globalen Klimaveränderung wird der Meeresspiegel bis zum Jahre 2100 gegenüber dem Jahr 2000 um 9 bis 88 cm steigen“, so heißt es in einem Be- richt der Europäischen Kommission. Das Grünbuch der EU zur „Integrierten Meeres- politik“ vom 8.Mai 2006 beschreibt die großen Herausforderungen, aber auch die großen Chancen, die sich für Länder und Regionen aus qualifizierten und konzent- rierten Maßnahmen auch zum Schutz der Meere ergeben. Dazu gehört auch die Landstromversorgung von Schiffen in Häfen.
Unser Land nimmt bereits eine international anerkannte führende Stellung in der Meerespolitik der Europäischen Union ein:
- Wir starteten im Jahre 2004 die Initiative „Zukunft Meer“, - wir führten im September auf Initiative unseres Europaministers Uwe Döring die sehr erfolgreiche Konferenz „European Maritime Policy Conference of the Baltic Sea „ durch und - mit dem „Berliner Aufruf“ der maritimen Konferenz in Berlin, veranstaltet von der Landesregierung unter Leitung von Minister Dr. Christian von Boetticher in diesem Monat, haben 190 teilnehmende internationale Experten dazu aufgerufen, die Meere wirklich zu schützen und eine starke, rechtsverbindliche EU-Meerespolitik zu schaffen.
Diese Forderungen sind also in Berlin längst angekommen. Wir brauchen keine Bun- desratsinitiative, um die Bundesregierung zu bitten, die Handlungsempfehlungen der EU vom 8. Mai 2006 umzusetzen. Bündnis 90/Die Grünen sind da viel zu spät.
Was wir fortsetzen müssen, ist, die hohe Kompetenz unseres Landes in der mariti- men Politik weiter zu stärken und konkret umzusetzen. Und das können wir in ent- scheidendem Maße auch bei der Landstromversorgung für Schiffe, die in Häfen an- gelegt haben.
Hier hat Schleswig-Holstein mit dem Kompetenzzentrum Lübeck bereits eine führen- de Position eingenommen. Die Hansestadt Lübeck hat unter Leitung der Stadtwerke soeben ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt zum Landstromanschluss für Schif- fe abgeschlossen.
Dieses Projekt, begonnen im Jahre 2002, wurde im Rahmen der „Baltic Sea Region INTERREG IIIB Gemeinschaftsinitiative der EU“ mit 1.3 Millionen Euro gefördert. Damit hat Lübeck genau die Empfehlungen des Grünbuches zur integrierten Mee- respolitik, aber auch die Empfehlungen der Kommission vom 8. Mai 2006 zur Land- stromversorgung erfüllt. Da heißt es nämlich (ich zitiere): Die Mitgliedstaaten sollten lokale, für den Hafenbereich verantwortliche Behörden, Seeschifffahrtsämter, Hafen- behörden, Klassifikationsgesellschaften und Industrieverbände für Fragen der Land- stromversorgung sensibilisieren“ (Zitat Ende).
Welche Bedeutung Landstromanschlüsse zur Reduzierung des Schadstoffausstoßes für vor Anker liegende Schiffe haben – und besonders Fähr- und Kreuzfahrtschiffe wurden untersucht - mögen einige Zahlen aus der Lübecker Region belegen: Der durchschnittliche Stromverbrauch pro Stunde der Stadt Lübeck beträgt 100 MW (MegaWatt). Ein Fährschiff verbraucht 2-3 MW pro Stunde. Da etwa 35 Fähr- und Passagierschiffe pro Tag Lübeck anlaufen, entspricht der Strombedarf dieser Schiffe fast genau der Strommenge der ganzen Stadt Lübeck pro Tag. Welche Menge Schadstoffe die Schiffe ausbringen, wenn diese ihre Dieselmotoren zur Energiever- sorgung im Hafen laufen lassen, kann sich jeder ausrechen.
Hoch schwefelhaltige Kraftstoffe und ungefilterte Emissionen aus laufenden Schiffs- motoren verpesten in unverantwortlichem Maße die Hafenstädte. Von den jährlichen 420 Tonnen Schwefeldioxyd in Travemünde z. B. schleudern die Fähr- und Passa- gierschiffe alleine 390 Tonnen in die Luft. Zu den Emissionen kommen noch Schall und Vibrationen, die laufende Motoren verursachen. Gelbliche Schwaden aus den Schornsteinen der Fährschiffe mögen Motive für Hobbymaler sein, jedoch sind diese Stickoxyd-Emissionen der schädliche Dünger im Meer, der die Eutrophierung mit verursacht.
Wirtschaftliche und technische Rahmenbedingungen haben die Stadtwerke mit dem Pilotprojekt für die landseitige Schiffsversorgung mit elektrischem Strom untersucht. Deutsche, finnische, schwedische, dänische und polnische Häfen und auch Los An- geles haben sich an dem Projekt beteiligt. Hamburg, aber auch die anderen Häfen haben die technische Kompetenz und die Führerschaft von Lübeck bei diesem Pro- jekt anerkannt. Der weltweit operierende Germanische Lloyd ist der technologische Projekt-Partner für die zu entwickelnde und dann zu zertifizierende Schiffstechnik.
Die IMO (Internationale Schifffahrt-Organisation) ist in das Projekt einbezogen, mit dem Ziel, die MARPOL-Richtlinien (Inter. Übereinkommen zur Vermeidung der Mee- resverschmutzung durch Schiffe) zu harmonisieren.
Diese Kompetenzführerschaft von Lübeck und unserem Land gilt es zu sichern und national und international in Forschungs- und Entwicklungsprojekte umzusetzen. Technische Maßnahmen sind fortzuentwickeln, neue ergänzende Schiffs- und Sach- bereiche wie Handels- und Bundesmarine, wie Lärm-, Abfall- und Abwassertechno- logien sind einzubeziehen und fortzuentwickeln. Die Entwicklung neuer Filtertechni- ken und umweltschonender Schiffsmotoren stellt
Herausforderungen für jetzige oder neu zu gründende Unternehmen dar. Die Ver- besserung der Energieeffizienz auf den Schiffen komplettiert die zukünftigen Projekt- aufgaben. Der Europaminister, der Wissenschaftsminister und der Umweltminister müssen die Kompetenz der Hansestadt Lübeck nutzen, um wissenschaftliche und technologisch wirkungsvolle Projekte des Seeverkehrs im Rahmen der international erarbeiteten und gewonnenen Kenntnisse fortzusetzen - für unser Land, aber auch für die gesam- te „Integrierte Europäische Meerespolitik“.
Die Experten der Stadtwerke Lübeck sollten bei der Ostseeparlamentarierkonferenz in Berlin im Mai nächsten Jahres die Bedeutung des Gesamtprojektes vorstellen und unumkehrbare internationale Impulse geben.
Bitten möchte ich auch das Wissenschaftsministerium, die Initiative zum Aufbau ei- nes eigenen Studienfaches „Integrierte Meerespolitik“ mit Masterabschluss zu ergrei- fen, so wie ich es schon in meiner Rede im Landtag im Oktober vorgeschlagen habe. Das heutige Thema gehört auch dazu. Nutzen wir die Kompetenzen unseres Landes. Ergreifen wir das Steuerrad und fahren wir auch bei dieser maritimen Herausforde- rung weiterhin mit voller Kraft voraus.