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30.11.06
13:03 Uhr
B 90/Grüne

Karl-Martin Hentschel zu den Auskunftsrechten von BürgerInnen

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 29 – Auskunftsrechte von BürgerInnen Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Dazu sagt der Fraktionsvorsitzende Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 von Bündnis 90/Die Grünen, Telefax: 0431/988-1501 Karl-Martin Hentschel: Mobil: 0172/541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh.gruene-fraktion.de

Nr. 493.06 / 30.11.06 Polizei muss Auskunft erteilen
Der Anspruch eines jeden Bürgers auf Auskunft gegenüber den Behörden, welche Daten über ihn gespeichert sind, ist grundgesetzlich verankert. Er ist eine Ausformung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, das das Bundesverfassungsgericht 1983 als Grundrecht etabliert hat. In diesem Urteil heißt es:
„Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wären eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß. Wer unsicher ist, ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Information dauerhaft ge- speichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen. (...) Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungs- chancen des Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl.“
Daher wurde im schleswig-holsteinischen Landesrecht ein Auskunftsrecht der Bürgerin- nen und Bürger verankert. Der Paragraf 198 folgt einem Regel-Ausnahme-Verhältnis derart, dass grundsätzlich ein Anspruch besteht, nur im Ausnahmefall kann die Auskunft verweigert werden.
Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD) bemängelte anhand einer Viel- zahl von Fällen, dass die Polizeibehörden sich bei einer Verweigerung des Auskunftsan- spruchs auf verallgemeinernde Begründungen zurückziehen. Es gibt die gesetzliche Möglichkeit, Auskünfte zu verweigern, wenn die polizeiliche Arbeit dadurch erheblich er- schwert oder gefährdet würde. Mit dem lapidaren Hinweis auf diesen Tatbestand wird von Seiten der Polizei häufig ohne nähere Begründung die erwünschte Auskunft verwei- gert. Die gebotene Einzelfallprüfung findet oft nicht statt.
1/2 Hierin zeigt sich der Trend zur Pauschalisierung, wo eine Einzelfallprüfung erforderlich wäre. Dieser Trend zeigt sich sowohl bei der Gesetzgebung, als auch bei der Rechtsan- wendung durch die Sicherheitsbehörden.
Unter allgemeinem Hinweis auf die Sicherheitslage werden gesetzliche Eingriffsermäch- tigungen massiv erweitert. Und die vom ULD hier vorgelegten Fälle zeigen uns: wir kön- nen uns nicht darauf verlassen, dass die Behörden bei einer weit gefassten gesetzlichen Norm die erforderliche Grundrechtsabwägung dann im Einzelfall vornehmen.
Darauf will uns der Innenminister zwar gerne vertrösten, es zeigt sich aber, dass es nicht funktioniert. Wenn wir noch einen Beleg dafür gesucht haben, dass die Änderungen im Polizeirecht präziser und enger gefasst sein müssen: hier haben wir ihn.
Es steht zu befürchten, dass das hier vorliegende Problem sich in Zukunft noch verschär- fen wird. Der Trend geht zur immer weitergehenden Speicherung und Verarbeitung von Daten breiter Bevölkerungsschichten, einfach weil es technisch möglich ist und immer preisgünstiger wird.
Die Rasterfahndung ist nur ein Beispiel dafür. Der Trend geht auch zur Verbunddatei, je- denfalls in Deutschland, weil wir 16 Landespolizeien, eine Bundespolizei und zudem 19 geheimdienstlich arbeitende Behörden miteinander im Kampf gegen den Terror vernet- zen müssen.
Wir erwarten von der Polizei und der Regierung Sicherheit – wir erwarten aber auch die Sicherung unserer Grundrechte.

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