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30.11.06
11:00 Uhr
B 90/Grüne

Angelika Birk zur Familienpolitik in Schleswig-Holstein

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Es gilt das gesprochene Wort! Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel TOP 18 – Familienpolitik in Schleswig-Holstein ist eine Querschnittsaufgabe Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Telefax: 0431/988-1501 Dazu sagt die familienpolitische Sprecherin Mobil: 0172/541 83 53 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh.gruene-fraktion.de Angelika Birk Nr. 490.06 / 30.11.06


Landesregierung konterkariert Familienpolitik
Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der CDU zur Familienpolitik ent- hält viel bedrucktes Papier aber wenig Inhalt. Jedes Ministerium der Landesregierung hat brav aufgeschrieben, was als familienfördernd in dem jeweiligen Arbeitsfeld angeführt werden kann, aber aus diesem Puzzle wird kein Bild. Bei der Lektüre der einzelnen Kapitel gewinnt man den Eindruck, dass einzelne Ministe- rien, aber auch Ministerien und Kommunen nebeneinander her arbeiten, jedoch keine gemeinsame Strategie verfolgen. Auffällig ist allerdings eine gewisse traditionelle Rollenverteilung im Kabinett: Während die beiden einzigen Ministerinnen im Kabinett in ihren Ressorts versuchen, positiv für Familien zu wirken, wird dies von einer eine Reihe der Minister konterkariert. Eine öffentliche Abwehr dieser familienfeindlichen Maßnahmen der Familienministerin und der Bildungsministerin sind nicht überliefert. So hat die Landesregierung dem Parla- ment in der letzten Zeit eine Reihe von Beschlüssen vorgelegt, die nicht anders als fami- lienfeindlich bezeichnet werden können. Der Finanzminister nimmt den Kommunen Geld und der Innenminister erlaubt ihnen im Gegenzug ausdrücklich, die pädagogischen Standards in den Kindertagesstätten zu senken. Er streicht auch den 45,6 Mio. Euro schweren Zuschuss der Landesregierung an die Kommunen, der bisher eindeutig der Jugendhilfe, das heißt vor allem Kindern in schwie- rigen Familiensituationen gewidmet ist. Er landet nun im allgemeinen kommunalen Fi- nanzausgleich und kann zukünftig von den Kommunen für alles mögliche andere ausge- geben werden. So wird der Trend vieler Kommunen unterstützt, bei der Jugendhilfe zu sparen. Dieser Abbau von professioneller Infrastruktur für Kinder und Familien in Not kann auch nicht durch die Familienbericht beschriebenen ehrenamtlichen Maßnahmen wie Schutzengel aufgefangen werden. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann wieder ein Fall von grausamer Kindesvernachlässigung publik wird.
1/2 Familienfeindlich zeigt sich auch Herr Austermann: Als Wirtschaftsminister streicht er die Gelder für die Kurse für Berufseinsteigerinnen, eine Maßnahem, die insbesondere Mütter bestraft. Als Wissenschaftsminister bereitet er Studiengebühren vor, was viele Familien in Fi- nanznot bringen wird. Außerdem fällt es ihm nach wie vor schwer, ein Studium in Teilzeit zuzulassen. Das aber trifft besonders, Studierende, die während des Studiums Eltern werden. Außerdem schwächt er die Stellung der Frauenbeauftragten an den Hochschulen, die in der Vereinbarkeit von Studium und Familie, und damit die Familienfreundlichkeit der Hochschulen vorangebracht haben. Teilzeitprofessuren scheint es nicht zu geben und die Kindertagsstättenplätze an den Hochschulen reichen nicht aus. Der Innenminister kürzt überfallartig die Migrationssozialberatungsstellen, langjährigen Vertrauenspersonen für Migrations- und Flüchtlingsfamilien musste gekündigt werden. Bekanntlich war es auch der Innenminister, der durch die Änderung der Kommunalver- fassung, die die Kündigung einer Reihe von Gleichstellungsbeauftragten in den Kommu- nen ermöglichte. Einige von ihnen war mitten in der Arbeit für die örtliche Umsetzung der Bundeskampagne „Bündnis für Familien“. Als einen Mangel an Kommunalaufsicht werte ich die völlig lückenhafte Berichterstattung zu den Kindertagesstätten und dem Bedarf an Plätzen. Vor allem an Plätzen für unter Dreijährige. Im letzten Bericht zum Thema Kindertagesstätten hatten wird dies schon von uns kritisiert und es wurde mit Zeitnot entschuldigt. Jetzt zeigt sich: Offenbar vernachläs- sigen die Kommunen systematisch ihre Pflicht zur sorgfältigen Bedarfserhebung zu die- sem Thema. Und wie sorgfältig erhebt die Landesregierung als Arbeitgeber Fakten zur Familien- freundlichkeit? Herr Schlie als Staatssekretär für Entbürokratisierung entdeckte die Büro- kratie in den Ministerien ausgerechnet in der Berichterstattung über Gleichstellung der Personalentwicklung der Landesregierung. Während im Familienbericht nachzulesen ist, in welchen Landesbehörden nach wie vor Teilzeitarbeit zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zulässig ist - aber nach wie vor allem von Frauen wahrgenommen wird - wird es zukünftig Berichte darüber, ob die Landesregierung als Arbeitgeber hier ih- re Vorbildfunktion erfüllt oder nicht, nicht mehr geben. Familienfeindlich sind die jüngsten Personalbeschlüsse der Landesregierung insgesamt. Wir tragen zwar schweren Herzens die Summe der Personalkosteneinsparung mit. Die Heraufsetzung der allgemeinen Arbeitszeit halten wir für falsch. Stattdessen wäre ein Konzept mit Angeboten zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung familienfreundlicher gewesen. Der Slogan Familienpolitik als Querschnittsaufgabe“ ist diesem Zusammenhang bloß ei- ne leere Formel. Es fehlt am Kampfgeist der Familienministerin und der Bildungsministe- rin, sich gegen Eingriffe in ihre Ressorts zu wehren. Und es fehlt offenbar ein Gesamt- konzept der Landesregierung zur Familienpolitik.

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