Jutta Schümann zu TOP 36: Ein Frühwarnsystem aufbauen, Hilfen für Familien intensivieren
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 13.10.2006 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 36 - Früher wahrnehmen, schneller handeln, besser kooperieren zum Wohle unserer Kinder (Druck- sache 16/830)Jutta Schümann:Ein Frühwarnsystem aufbauen, Hilfen für Familien intensivierenIn Schleswig-Holstein wachsen ca. 530.000 Kinder und Jugendliche heran und dem überwie- genden Teil geht es in ihren Familien gut und sie haben je nach persönlicher Voraussetzung gute Perspektiven für die Zukunft. Auch Kinder, die unter ungünstigen psychosozialen Bedin- gungen und vielfältigen Belastungen aufwachsen, entwickeln nicht unbedingt eine seelische und gesundheitliche Störung.Dennoch zeigt sich immer mehr, dass insbesondere Kleinkinder in benachteiligten und Prob- lemfamilien ein höheres Risiko haben, psychisch und physisch zu erkranken. Deshalb brau- chen Familien frühzeitig Unterstützung in ihrer Erziehungsarbeit. Frühe Hilfe für Familien sind sowohl für Kinder als auch für ihre Eltern von elementarer Bedeutung. Risiken in der Entwicklung von Kindern müssen so früh wie möglich erkannt werden, um Schädigungen vorzubeugen. Sie müssen im frühen Kindesalter, im Prinzip schon während der Schwanger- schaft einsetzen. Eine besondere Verantwortung, um gerade benachteiligte Familien zu errei- chen, tragen die Gesundheits- und Jugendhilfe.Voraussetzung für die Einleitung von Hilfen ist aber das rechtzeitige Erkennen von Risiken. Zu einer ganzheitlichen Sicherung des Kindeswohls ist daher eine enge und verbindliche Ver- zahnung von Jugend- und Gesundheitshilfe in gemeinsamer Verantwortung zu entwickeln. Schleswig- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-Wir haben mit unserem Berichtsantrag abgefragt, inwieweit unterschiedliche Maßnahmen und Möglichkeiten entwickelt werden können oder bereits bestehen, um der Vernachlässigung von Kindern und Jugendlichen entgegen zu wirken. Wir bedanken uns für den sehr umfas- senden Bericht bei der Ministerin und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dem Bericht können wir entnehmen, dass es bereits viele unterschiedliche Initiativen, Projekte und Maß- nahmen gibt zum Erhalt des Kindeswohls und auch zur Unterstützung von Eltern.Wir haben mit dem vorgelegten Bericht eine sehr gute Grundlage, um im Detail noch einmal zur Kenntnis zu nehmen, wo bereits in Schleswig-Holstein gute Projekte etabliert worden sind, wo aber auch noch Veränderungen und Verbesserungsmöglichkeiten vorhanden sind. Deshalb ist auch das am Ende geplante und zu realisierende Frühwarnsystem ein ganz wichtiges E- lement, ein ganz wichtiger Baustein im Bereich dieser Strukturen. Nur mit einem guten Früh- warnsystem lassen sich die drei entscheidenden Leitprinzipien in diesem Zusammenhang rea- lisieren: 1. früher wahrnehmen, 2. schneller handeln, 3. besser kooperieren.Es muss uns gelingen, soziale und gesundheitliche Fehlentwicklungen in Familien früher wahrzunehmen und - auch das zeigt der Bericht - mit Unterstützung vieler Experten, z. B. He- bammen, Geburts- und Kinderkliniken, Kinderärztinnen, Gynäkologen. Und es muss dann auch eine enge Zusammenarbeit zwischen Gesundheits- und Jugendhilfe geben. Es sind bestimmte Indikatorensysteme zur Früherkennung von Problemlagen systematisch auch auf- zubauen, die dann auch einheitlich genutzt werden, um Gefahrenquellen und Gefahrenpoten- ziale zu erkennen und zu bewerten und sie dann auch abzustellen.Ebenso wichtig ist in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, schnell handeln zu können. Ex- perten zeigen immer wieder auf, wie klein durch die große Verletzlichkeit kleiner Kinder das Zeitfenster ist für die Planung und Intervention von Hilfen, und deshalb muss es uns darum -3-gehen, im Problemfall schnell handeln zu können. Und schnelles Handeln erfordert eine gu- te Kooperation und die Zusammenarbeit muss dann auch verbindlich und verlässlich sein.Es ist zu begrüßen, dass gerade zu diesem Thema in Schleswig-Holstein das Programm „Schutzengel für Schleswig-Holstein – Netzwerk sozialer und gesundheitlicher Hilfen“ für junge Familien auf den Weg gebracht worden ist – und das mit der Beteiligung aller 15 Jugendämter der Kreise und kreisfreien Städte. Das bedeutet, dass dieses Programm seit diesem Sommer mit einem gemeinsamen Rahmenkonzept landesweit umgesetzt wird. Das ist ein wichtiger und richtiger Schritt und man kann den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Initiatoren dieser Projekte nur danken und hoffen, dass sie dieses Projekt erfolgreich intensiv vorantreiben.Bestandteil dieser Frühwarnsysteme ist auch der Einsatz besonderer Fachkräfte und hier kommt den geschulten Hebammen bzw. den Familienhebammen eine ganz besondere und wichtige Bedeutung zu. Sie sind es, die gerade im Falle einer Geburt einen engen Kon- takt zur Mutter, zum Kind und natürlich auch zum familiären Umfeld herstellen können und sie sind diejenigen, die aufgrund ihrer beruflichen Möglichkeiten gute Chancen haben, in die Fami- lien hineinzugehen, und die gemeinsam mit den Familien Schwierigkeiten und Probleme auf- arbeiten können.Deshalb kommt den Erziehungs- und Familienberatungsstellen auch ein besonderer Stel- lenwert in diesem Zusammenhang zu. Wir müssen natürlich überprüfen, inwieweit Familienbe- ratungsstellen und Erziehungsberatungsstellen auch flächendeckend in der Lage sind, Famili- en zu begleiten, und wir müssen sie auch anhalten, z. B. mit den entsprechenden Gesund- heitsdiensten zusammen zu arbeiten. Und dazu zählen nicht nur Familienberatungsstellen, sondern insbesondere natürlich auch Beratungsstellen, die sich für besondere Problemlagen anbieten, z. B. Angebote in der Suchthilfe, Angebote bei psychisch kranken Eltern, Beratung für Eltern von Kindern mit Behinderung, Beratung im Falle der Notwendigkeit von Frühförde- rung usw. Auch hier ist es notwendig, diese Beratungsangebote zu erhalten bzw. qualitativ weiter zu entwickeln. -4-Und es geht natürlich auch um den Aspekt von Früherkennungsuntersuchungen. Hier be- grüßen wir die Initiative der Landesregierung, gemeinsam auf Bundesebene dafür Maßnah- men einzuleiten, dass die Teilnahmequote an den Früherkennungsuntersuchungen steigt, die Verbindlichkeit ebenso steigt, dass die Untersuchungsintervalle neu bestimmt werden, dass natürlich auch überprüft wird, inwieweit eine Nichtteilnahme an den Früherkennungsuntersu- chungen vermieden werden kann. Wir sind der Auffassung, dass dieses nicht auf Länderebene geregelt werden kann, sondern nur in Abstimmung mit den anderen Bundesländern auf Bun- desebene geregelt werden sollte.Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss, bei denen wir dann noch mal vertieft die ein- zelnen Aspekte möglicherweise auch mit den Beteiligten diskutieren können.