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12.10.06
17:05 Uhr
B 90/Grüne

Detlef Matthiessen zur Integrierten Meerespolitik

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Stellv. Pressesprecher Dr. Jörg Nickel Es gilt das gesprochene Wort! Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel TOP 20 – Integrierte Meerespolitik Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Dazu sagt der umwelt- und wirtschaftspolitische Spre- Telefax: 0431/988-1501 cher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0178/28 49 591 Detlef Matthiessen: E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh.gruene-fraktion.de

Nr. 430.06 / 12.10.06


Nur durch Schutz gibt es auch Nutz
„Kann Europa es sich leisten, seine Meere und Ozeane sektorspezifisch und mit Hilfe un- koordinierter Einzelmaßnahmen zu verwalten?“, fragt die EU-Kommission und lässt mit ih- rem im Juni vorgelegten „Grünbuch Meerespolitik“ keinen Zweifel an der Notwendigkeit ei- ner ganzheitlichen Sicht auf das Meer. Ziel ist es, alle Nutzungsinteressen - Seeverkehr, Industrieentwicklung, Tourismus, Energie, Fischerei, Forschung - nachhaltig unter einen Hut zu bringen. Dabei geht es der EU um Wachstum und Beschäftigung ebenso wie um Ressourcenerhaltung, aber nicht vorrangig um Umweltschutz. Ökologisch geschützt wer- den soll, was sich auch ökonomisch rechnet.
In den letzten Jahren hat sich die maritime Wirtschaft zu einem besonders zukunftsträchti- gen Feld der Weltwirtschaft entwickelt. Gleichzeitig ist das Bewusstsein für die Schutzbe- dürftigkeit der Meere gewachsen. Beides zeigt: Meerespolitik kann heute nur noch europä- isch und international gedacht werden. Denn die Probleme sind keinesfalls klein. Auch wenn manch einer noch meint, der Reichtum der Meere sei unerschöpflich, ist dies eine Il- lusion: Fischfang ohne Augenmaß lässt Fisch heute zur Mangelware werden. 75 Prozent der weltweit kommerziell genutzten Fischbestände wie Nordseekabeljau, Thunfisch oder Rotbarsch sind bereits überfischt oder werden bis an ihre biologischen Grenzen befischt. Wie lange noch werden wir uns Fisch als wertvolles Nahrungsmittel leisten können?
Wichtige Lebensräume werden durch intensive Fischereipraktiken zerstört, und Jungfische, Wale, Delphine und Seevögel geraten als so genannter Beifang in großer Zahl in die Netze und gehen später tot über Bord.



1/2 Im Jahr 2002 wurde das Regelwerk der Europäischen Union für den Fischfang reformiert, um die Prinzipien der ökologischen Nachhaltigkeit zu integrieren. Heute enthält das Regel- werk die Prämisse, dass der negative Einfluss der Fischerei auf die Meeresumwelt redu- ziert und der Schutz bedrohter Arten gefördert werden soll. Leitmotiv ist der langfristige Schutz der marinen Biodiversität und der Fischereigemeinschaften, die davon abhängig sind. Dies sind Anfänge einer tatsächlich integrierten, ganzheitlichen und nachhaltigen Meerespolitik. Was aber ist zu tun gegen Lärmbelastung, Verschmutzung und den Verlust der Biodiversität? Auch auf diese Fragen müssen Antworten gefunden werden.
Europa kann es sich nicht leisten, Umweltschutz nur im Kontext wirtschaftlicher Nutzung eine Funktion einzuräumen. Ein integriertes Meeresschutzkonzept ist deshalb dringend notwendig. Dazu muss das „Wirtschaftskonzept Grünbuch“ durch eine Umweltsäule er- gänzt werden. Denn die Meeresumwelt ist einem erheblichen Druck durch ihre wirtschaftli- che Nutzung ausgesetzt. Dem gegenüber steht die große Bedeutung des Meeres für das Klima, für den langfristigen wirtschaftlichen Wohlstand sowie für die Lebensqualität in Eu- ropa.
Das „Grünbuch Meerespolitik“ fordert die Versöhnung von Ökologie und Ökonomie. Noch sind das wolkige Worte. Der „Vorschlag der Kommission für eine Europäische Meeres- schutzstrategie“ wird dieser Bedeutung allerdings nicht gerecht. Ein wenig ambitionierter Zeitplan, schwache Rahmenvorgaben sowie die Delegation von Ausgestaltung und Umset- zung an die Mitgliedstaaten sind zentrale Schwächen des Konzeptes.
Schleswig-Holstein als Land zwischen den Meeren spielt als europäische maritime Modellregion eine besondere Rolle. Maritime Wirtschaft und marine Wissenschaft sollen hier eng vernetzt miteinander arbeiten. Schleswig-Holstein hat die Chancen, aus der Vision eines neuen Umgangs mit dem Meer Impulsgeber für die Zukunft des gesamten Ostseeraums und der Meerespolitik für ganz Europa zu werden.
So wird die Ostsee-Konferenz, die seit gut zehn Jahren multinational tagt, von den EU- Kommissaren Barroso und Borgals als Vorbild für eine Mittelmeer-Konferenz gesehen, die dringend auch unter Einbeziehung der afrikanischen und asiatischen Anrainerstaaten ein- berufen werden muss.
Deutschland übernimmt am 1. Januar 2007 die EU-Ratspräsidentschaft. Die Schlussfolge- rungen der Konferenz in Kiel sind auch deshalb von großer Bedeutung. Die zukünftige Europäische Meerespolitik muss durch die Küstenregionen getragen werden. Sie muss den Regionen am Meer helfen, den Menschen an der Küste eine realistische Perspektive für eine saubere Umwelt, ökologisch verträgliche Arbeitsplätze und einen besseren Schutz des Meeres zu bieten.


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