Heiner Garg: Mehr Transparenz und weniger Bürokratie nötig
FDP Landtagsfraktion Schleswig-HolsteinPresseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Nr. 257/2006 Vorsitzender Dr. Heiner Garg, MdL Stellvertretender Vorsitzender Kiel, Donnerstag, 14. September 2006 Dr. Ekkehard Klug, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Sperrfrist: Redebeginn Günther Hildebrand, MdLEs gilt das gesprochene Wort!Gesundheit/Integrierte VersorgungHeiner Garg: Mehr Transparenz und weniger Bürokratie nötig In seinem Redebeitrag zu TOP 31 (Zukunft der integrierten Versorgung) sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion im Schleswig- Holsteinischen Landtag, Dr. Heiner Garg:„Integrierte Versorgung bedeutet wörtlich genommen, die „Wiederherstellung eines Ganzen“.Entsprechend hoch sind die Ansprüche an die Idee der Einführung einer Integrierten Versorgung.Mit der Durchbrechung der oftmals zu starren Abschottung zwischen den einzelnen Sektoren Hausarzt, Facharzt, Krankenhaus, Rehabilitations- einrichtung, sollten Doppeluntersuchungen vermieden, sowie der ambulante und stationäre Sektor vernetzt werden.Für alle Beteiligten im Gesundheitswesen sollte durch die Einführung der Integrierten Versorgung eine „Win-Win-Situation“ hergestellt werden: • Für die Patienten soll die Qualität der Leistung steigen, • für die Krankenkassen sollen die Ausgaben sinken und • für die Mediziner soll sich die Möglichkeit ergeben, das eigene Leistungsspektrum zu sichern bzw. auszubauen und effizienter zu arbeiten. Zweifel sind angebracht, ob eine Integrierte Versorgung die Qualität und/oder die Wirtschaftlichkeit der Versorgung tatsächlich verbessert.Denn die Verträge zur Integrierten Versorgung unterliegen ausweislich des Berichtes der Landesregierung keiner umfassenden wissen- schaftlichen Begleitung oder Evaluation.In drei Bereichen wird deutlich, dass die Risiken vor allem in der praktischen Umsetzung liegen: Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, 1 Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 1. Der Zersplitterung der Versorgungslandschaft. 2. Der Finanzierung. 3. Den Patienteninteressen.Zu 1.: Der Zersplitterung der Versorgungslandschaft. Die Versorgungsangebote werden immer intransparenter und immer weiter zersplittert: Es gibt mittlerweile sehr viele Verträge mit unterschiedlichen Vertragspartnern. Diese Verträge regeln darüber hinaus einen unterschiedlichen Umfang, ohne, dass die Vertragsinhalte zentral registriert oder offen gelegt werden müssen.Hinzu kommt, dass die Vertragsmöglichkeiten immer komplexer werden: Die jeweils neuen gesetzlichen Regelungen sind additiv hinzugekommen, ohne dass man das bereits Bestehende bereinigt oder evaluiert hätte.Chancen, die eine Integrierte Versorgung bietet, können aber so nicht genutzt werden. Es existieren mittlerweile nebeneinander her folgende Vorschriften: - Teilstationäre Behandlungen (§ 39 SGB V) - Modellvorhaben (§63 bis 65 SGB V) - Ambulantes Operieren in der Praxis (§ 73 SGB V) - Strukturverträge (§ 73 a SGB V) - Hausarztzentrierte Versorgungszentren (§ 73 b SGB V) - Medizinische Versorgungszentren (§ 95 SGB V) - Vor- und nachstationäre Behandlung im Krankenhaus (§ 115 a SGB V) - Ambulantes Operieren im Krankenhaus (§ 115 b SGB V) - Ambulantes Operieren durch Krankenhausärzte (§ 116 SGB V) - Ambulante Versorgung d. Krankenhäuser bei Unterversorgung (§ 116 a SGB V) - Ambulante Behandlung im Krankenhaus (§ 116 b SGB V) - Belegärztliche Leistungen (§ 121 SGB V) - Disease-Management-Programme (§ 137 f SGB V) - Integrierte Versorgung (§ 140 SGB V)Leistungen können innerhalb oder außerhalb des Sicherstellungsauftrages, im Rahmen von Einzelverträgen oder Kollektivverträgen, mit oder ohne Auswirkungen auf den Risikostruktur- ausgleich erbracht werden.Die Vergütung erfolgt entweder nach EBM bzw. DRG oder wird individuell vereinbart. Das schafft eine starke Zersplitterung des gesamten Systems.Zu 2.: Der Finanzierung. Es besteht die Gefahr, dass das Geld für die Integrierte Versorgung letztlich in der Regelversorgung fehlt. Wenige Zahlen mögen diese These unterstreichen: Für Schleswig-Holstein wurden zum 31.03.2006 insgesamt 71 Verträge für rund 12.500 Versicherte mit einem Finanzvolumen von über 19 Mio. Euro ausgewiesen. (Allein die Techniker Krankenkasse gibt ausweislich des Berichtes der Landesregierung bei den Verträgen zur Integrierten Versorgung bei einem Finanzvolumen von ca. 5,5 Mio. Euro bei 1.600 teilnehmenden Patienten 3.437,50 Euro pro Patient aus).Da besteht auf der einen Seite die Gefahr, dass versucht wird, durch Pseudo-IV-Verträge, Mittel abzuschöpfen. Ein Beispiel sind einige Hausarzt- und Hausapothekenverträge. Warum diese als Integrationsvertrag behandelt und nicht als hausarztzentrierte Versorgung nach § 73b SGB V, wird dann deutlich, wenn es darum geht, die Anschubfinanzierung auszuschöpfen.Der genaue Vergleich zwischen den Vertragstypen zeigt, wie marginal der definierte Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, 2 Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ Unterschied zwischen den beiden Vertragsformen oftmals sein kann – mit großen Auswirkungen auf die Vergütung.Auf der anderen Seite werden bereits vorhandene Strukturen zerschlagen.Bestes Beispiel ist das des Belegarztes.Ein Belegarzt ist die Integrierte Versorgung in Person – dennoch gehen die politisch gewollten Bestrebungen dahin, diesen abzuschaffen. Dabei bietet der Belegarzt genau das, was für Patienten von Vorteil ist: Die Patientin/der Patient kennt seinen Operateur bereits vor dem geplanten Eingriff. Das schafft Vertrauen und baut Ängste vor einer Operation ab. Die ambulante Nachbehandlung nach Entlassung erfolgt ebenfalls in der Regel durch den operierenden Arzt. Falls nicht, erhält der nachbetreuende Mediziner die notwendigen Informationen sofort vom Operateur. Hier entstehen an der Schnittstelle ambulant/stationär keine Reibungsverluste, wie sie sonst vielfach zu Recht kritisiert werden.Zu 3.: Den Patienteninteressen. Es besteht die Gefahr, dass in der Praxis die Patienteninteressen aus dem Blickfeld geraten. Denn was als große Errungenschaft von Seiten der Politik für die Patienten gefeiert wird, kommt bei den Patienten in der Praxis oftmals gar nicht an. Zu oft fallen Wunsch und Wirklichkeit aus Sicht der Patienten noch weit auseinander, zumal die Patienten aufgrund der Vielzahl von Angeboten keinen Überblick mehr haben. Vielmehr muss sich der Versicherte permanent die Frage stellen, welche Angebote die Versorgungsverträge seiner Krankenkasse umfassen und welche Leistungserbringer in welchem Umfang darin eingebunden sind.Deutlich wird: Die jetzige Struktur der Integrierten Versorgung muss überarbeitet werden, um das gewünschte Ziel für alle Beteiligten, den Leistungserbringern und den Patientinnen und Patienten, erreichen zu können. Dazu gehört, die in der Praxis gemachten Erfahrungen so weit umzusetzen, dass mehr Transparenz, weniger Bürokratie und übersichtlichere Angebotsstrukturen etabliert werden.Das heißt für die Praxis: o Offenlegung aller Verträge. o Zentrale Registrierung der Verträge. o Bereinigung der gesetzlichen Regelungen, die zusätzlich zu den Vertragsmöglichkeiten zur Integrierten Versorgung bestehen. o Transparenz bei der Vergütung. o Entbürokratisierung der Vertragsmodalitäten. o Etablierte und funktionierende Strukturen und Angebote, wie die des Belegarztes, weiter in die Vertragslandschaft einzubinden, statt sie abzuschaffen. o Ideologisch motivierte Vorgaben, wie die, dass Kassenärztliche Vereinigungen sich nicht direkt an diesem Vertragssystem beteiligen dürfen, auf den Prüfstand zu stellen. o Evaluierung der jetzigen Verträge, das bedeutet auch die Überprüfung, ob das neue Angebot tatsächlich integrierende Lenkungsstrukturen enthält. Erst durch diese Maßnahmen kann das Ziel der Integrierten Versorgung, „Fach- und Sektorengrenzen zu überwinden, Versorgungsqualität zu erhöhen, Transparenz bei Angebot und Wirkung herzustellen sowie bevölkerungsbezogene Flächendeckung zu erreichen“ tatsächlich erreicht werden.“Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, 3 Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/