Karl-Martin Hentschel zur Ostseeparlamentarierkonferenz
PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500Wir brauchen Telefax: Mobil: 0431/988-1501 0172/541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de eine integrierte Meerespolitik Internet: www.sh.gruene-fraktion.demit klaren Zielvorgaben Nr. 358.06 / 05.09.06Die 15. Ostseeparlamentarierkonferenz findet zurzeit in Reykjavik statt unter dem Motto“ Die nördliche Dimension und die Ozeane und Meere“. Als Delegierter nimmt Karl-Martin Hentschel, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, an der Konferenz teil und sagt in seinem Redebeitrag:Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, Ich gehe davon aus, dass alle hier Anwesenden begrüßen, dass es die EU-Kommission ein Grünbuch zur zukünftigen Meerespolitik der EU vorgelegt hat. Mit diesem Grünbuch für „Eine europäische Vision für die Ozeane und Meere“ treten wir in eine neue Phase in der Meerespolitik. Eine umfassende Meerespolitik, die alle Bereiche – vom Umweltschutz über die Hafenpolitik und von der Fischerei bis hin zum Tourismus – berücksichtigt und einbezieht, ist längst überfällig!Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, dass die Ostseeanrainerstaaten sich aktiv in die Diskussion des Grünbuchs – die noch bis Juli 2007 geführt wird – einmischen, denn ge- rade die Ostsee ist von vielen im Grünbuch angesprochenen Problemen im besonderen Maße betroffen.Deswegen möchte ich an dieser Stelle auf drei Punkte eingehen, die aus meiner Sicht besonders bedeutend sind!Punkt 1: Immissionen in die Meere Die Immissionen und ihre Folgen – insbesondere die Eutrophierung der Ostsee – be- schäftigen uns schon lange. Auch das Grünbuchs behandelt die Immissionen in die Mee- re. Allerdings konzentriert sich das Grünbuch immer noch auf die direkten Einleitungen in die Meere und Flüsse. Diese direkten Einleitungen konnten in den vergangenen Jahren im gesamten Ostseeraum durch den Bau von Klärwerken deutlich reduziert werden.Heute sind die Probleme vor allem durch die diffusen Einleitungen verursacht. Hauptver- ursacher für die diffusen Einleitungen ist heute in fast allen Staaten die Landwirtschaft, vor allem die Ausschwemmungen von Stickstoffdüngern.1/2 Diese Probleme werden bislang noch nicht ausreichend im Grünbuch behandelt. Wir müssen deutlich machen, dass aus Sicht der Ostseeanrainer inzwischen die diffusen Einträge durch die Landwirtschaft die größte Belastung sind. Dies erfordert dringend eine Koordinierung der Meerespolitik mit der gemeinsamen Agrarpolitik.Punkt 2: Nachhaltige Fischerei Im Grünbuch auf Seite 8 als Ziel der Fischereipolitik der „allmähliche Wandel zu einer nachhaltigen Fischerei“ formuliert. Aus meiner Sicht kann eine solche Position nicht be- friedigen.Der einzige Weg, um die Vernichtung der Fischbestände und der marinen Biodiversität zu verhindern, ist eine deutliche und dauerhafte Reduzierung der Fischentnahme und das Verbot zerstörerischer Fischereipraktiken wie die Grundnetzschlepperei. Wir brau- chen Fangquoten, die eine nachhaltige Entwicklung und eine Erholung der Fischbestän- de ermöglichen. Die Fangquoten sind nach wie vor viel zu hoch, sie liegen bis zu 40 Pro- zent über den wissenschaftlichen Empfehlungen.Deshalb sollte vom Grünbuch ein Signal ausgehen, dass die EU eine nachhaltige Fische- reipolitik zur Leitlinie macht und entsprechende Strategien und Empfehlungen für die Umsetzung dieses Zieles erarbeitet werden.Punkt 3: Schiffssicherheit Die Ostsee ist das am meisten befahrene Meer der Welt. Gerade deshalb haben wir als Ostseeanrainer ein hohes Problembewusstsein in dem Bereich Schiffssicherheit. In der Vergangenheit wurden in diesem Punkt bereits wichtige Fortschritte erreicht. Ich erwähne hier nur die schrittweise Einführung der Doppelhüllenpflicht für Tanker und die Einfüh- rung von Verkehrstrennungsgebieten in risikoreichen Passagen der Ostsee wie der Ka- dettrinne.Wir können uns aber damit noch keineswegs zufrieden geben. Deshalb halte ich es für notwendig, dass auch im Grünbuch diese Politik weiter fortgeschrieben wird. Eine abge- stimmte europäische Politik, die zum Beispiel bei den Hafenkontrollen in den EU-Häfen ansetzt, kann wichtige Anstöße für die gesamte Entwicklung der Schifffahrt geben. Dazu gehören die Entsorgung der Schiffsabfälle in den Häfen, die Reduzierung der Emissio- nen der Schiffsmotoren, die Einführung von automatischen Schiffserkennungssystemen und die Ausweitung der Lotsenpflicht auf kritischen Schifffahrtsrouten.Meine Damen und Herren, ich habe hier die Themen Landwirtschaft, Fischerei und Seeschifffahrt herausgegriffen, weil sie für die Zukunft der Ostsee von besonderer Bedeutung sind. Wir haben ein gro- ßes Interesse, dass die Europäische Kommission die Chance nutzt, und eine integrierte Meerespolitik mit klaren Zielvorgaben entwickelt. Daraus müssen dann konkrete Maß- nahmenkataloge abgeleitet werden. Dabei sollten die genannten Themen eine wichtige Rolle spielen.Damit das gelingt, sind Verbesserungen des Grünbuchs erforderlich. Wir sollten dazu die Anhörungen im kommenden Jahr nutzen. Ich bitte alle anwesenden Delegation, diese Überlegungen für ihre eigenen Positionierungen in ihren Parlamenten, Regierungen und Gremien gegenüber der EU zu berücksichtigen. ***