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04.09.06
16:45 Uhr
SPD

Sandra Redmann: Für eine Weiterführung der Gleichstellungspolitik in Schleswig-Holstein

Sozialdemokratischer Informationsbrief
Kiel, 04.09.2006, Nr.: 161/2006

Sandra Redmann:

Für eine Weiterführung der Gleichstellungspolitik in Schleswig-Holstein

Bei der Landeskonferenz der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) hat die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Sandra Redmann, in ih- rem Redebeitrag insbesondere die Bedeutung der Weiterführung von Frauenpolitik und Gleichstellung in Schleswig-Holstein hervorgehoben. Die Rede hat folgenden Wortlaut:
Zu knapp eineinhalb Jahren großer Koalition lässt sich viel sagen. Auch frauenpoli- tisch. Besonders deutlich ist, dass unsere Rolle sich verändert hat. Mit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatten wir in Bezug auf Gleichstellung nicht viel auszustehen. Natür- lich gab es in einigen Fragen Differenzen, aber die großen Linien stimmten:

dass es um eine faktische Gleichstellung in allen Lebensbereichen gehen muss, dass die Lebenswirklichkeit von Frauen vielfältig, vielschichtig und wertvoll ist, dass Gleichstellung alle Politikbereiche betrifft und nicht auf das Frauenministerium beschränkt bleibt, dass gender mainstreaming kein Ersatz für Frauenpolitik ist, sondern ein anderer Politikansatz, dass Frauenpolitik flächendeckend stattfinden muss, also mit voller Unterstützung für die hauptamtlichen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten, dass das Hilfesystem für Frauen in Not, bestehend aus Frauenhäusern, Notrufen und Beratungsstellen, weiterentwickelt wird, dass Gleichstellung ein umfassender Ansatz ist, der die Vereinbarkeit von Familie und Beruf beinhaltet, sich aber nicht darauf beschränkt,

Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: Internet: pressestelle@spd.ltsh.de www.spd.ltsh.de SPD -2-



dass der öffentliche Dienst auf Basis des Gleichstellungsgesetzes Vorreiter bei der beruflichen Gleichstellung ist – von Vereinbarkeit über Beurteilung bis zu Karriere- chancen, dass es eine große Lücke gibt zwischen formal gleichen Chancen und wirklicher Gleichstellung und dass diese Lücke gefüllt werden muss.

Von 1988 bis 2005 haben wir, zuerst in Alleinregierung, dann in rot-grüner Koalition, dies alles für selbstverständlich gehalten. Jetzt, seit April 2005, hat sich einiges geän- dert.

Das Frauenbild der CDU kennen wir. Es sieht Frauen vor allem in Rollen: als Mutter, die irgendwie Familie und Beruf unter einen Hut bekommen muss und als Opfer, für das Unterstützung angeboten wird. Die gesamte Vielfalt weiblicher Lebensweisen, die Wünsche, Erwartungen und der legitime Anspruch von Frauen, dass ihre Lebenswirk- lichkeit sich in allen Bereichen widerspiegelt, muss jetzt, in der großen Koalition, neu und jeden Tag erkämpft werden.

Das Gleichstellungsgesetz für den öffentlichen Dienst ist ein Beispiel. Die Schlie- Kommission, die angetreten ist, die Verwaltung zu modernisieren und Bürokratie ab- zubauen, hat - gemessen an ihren Ansprüchen - ein jämmerliches Ergebnis erbracht. Zu den wenigen tatsächlichen Vorschlägen zählt die Abschaffung des Gleichstellungs- berichts. Dieser Bericht wird alle vier Jahre von der Landesregierung erstellt und dem Landtag zugeleitet. Der Landtag überprüft anhand des Berichts, ob die Gleichstel- lungsziele für die Landesverwaltung erbracht werden. Dabei geht nicht nur um bloße Zahlen: „so und so viele Frauen mit der und der Eingruppierung“. Der Gleichstellungs- bericht ist viel umfangreicher. Er geht weit über eine reine Darstellung der Personal- struktur hinaus. Er umfasst Aussagen über Regelbeurteilungen, Karrieremöglichkeiten, Gremienbesetzungen, Maßnahmen zur Personalentwicklung und über die Tätigkeit der Gleichstellungs- und Frauenbeauftragten in Landesbehörden. -3-



Wer wirksame Gleichstellungspolitik gestalten will, braucht diese Informationen. Wir müssen wissen, welche Instrumente greifen und welche eher geringe Effekte haben. Wir müssen durch unsere politischen Initiativen den Kurs der Politik steuern – mit ge- eigneten Daten.

Ein weiteres Beispiel sind die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten. Bei der Be- messungsgröße für die Bestellung einer hauptamtlichen kommunalen Gleichstellungs- beauftragten mussten wir 2005 einen bitteren Kompromiss akzeptieren: die Heraufset- zung auf 15.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Kaum war das entsprechende Ge- setz in Kraft, haben die Kommunen angefangen, Gleichstellungsbeauftragte abzuberu- fen. Dabei ging es keineswegs um Qualität. Und auch nicht, wie oft behauptet wird, um Geld.

Am Anfang stand die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Plön, Maren Wichmann. Maren Wichmann hat sich weit über die Stadt Plön hinaus einen hervorragenden Ruf als Expertin erarbeitet, sie war auf Landesebene wie auf Bundesebene Sprecherin in den Gremien der Gleichstellungsbeauftragten. Ihre fachlich fundierte, pragmatische Arbeit wurde in der Stadt Plön selbst von der CDU gelobt und anerkannt. UND die Stadt Plön gibt Zehntausende für freiwillige Leistungen aus. Darum ging es jedoch bei der Abberufung nicht. Es ging darum, aus „ideologischen Gründen“, wie der stellvertre- tende Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion Plön selbst formulierte, eine Institution abzu- schaffen. Inzwischen haben zahlreiche weitere Kommunen die Abberufung ihrer Gleichstellungsbeauftragten in die Wege geleitet.

Das politische Klima in Sachen Gleichstellung hat sich verändert, und, wie ich meine, nicht zum besseren. Leider gibt es Kommunen, in denen unsere eigenen Genossinnen und Genossen keine besonders rühmliche Rolle bei der Verteidigung der institutionali- sierten Gleichstellungsarbeit leisten. Auch das gehört zum Klima. Wenn wir den Be- -4-



mühungen der CDU, die Gleichstellungsbeauftragten abzuberufen, Vorschub leisten, geht ein großes Stück Gleichberechtigung verloren.

Es geht dabei nicht um die Person der einen oder anderen Gleichstellungsbeauftrag- ten, die wir sympathisch oder unsympathisch finden mögen. Es geht darum, ob Gleichberechtigung von Frauen und Männern ein gesellschaftspolitisches Ziel bleiben soll. Und es geht darum, wie wir dieses Ziel erreichen wollen. Wenn die hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte entfällt: Wer soll dann die Bündnisse für Familie ins Leben rufen und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer motivieren und mit Fachinformationen versorgen? Wer soll Beschäftigte in der Kommunalverwaltung beraten, die beim Aufstieg be- nachteiligt werden oder Diskriminierung ausgesetzt sind? Wer soll an den Sitzungen der Gremien teilnehmen und darauf achten, dass die Be- lange von Mädchen und Frauen konsequent beachtet werden: in der Sportförde- rung, bei baulichen Maßnahmen, in der Stadtentwicklung, im ÖPNV? Wer soll besondere frauenspezifische Bedarfe erkennen und formulieren? Wer soll die Bürgermeisterin oder den Bürgermeister beraten, damit die Bedarfe von Frauen schon im Vorfeld ebenso beachtet werden wie die von Männern?

Das alles ehrenamtlich zu organisieren ist illusorisch. Deshalb ist der Verlust jeder wei- teren Stelle einer hauptamtlichen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten ein Rück- schlag für die Durchsetzung der Gleichberechtigung. Und deshalb sollten wir uns vor Ort stark machen. Wenn wir Kritik an der Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten ha- ben, sollten wir sie äußern, das ist klar. Aber wir sollten den Bestrebungen, die Stellen zu reduzieren, Neubesetzungen zu verzögern oder gar Gleichstellungsbeauftragte ab- zuberufen, klar entgegentreten. Für taktische Bündnisse und Verbrüderungen mit der CDU ist dieser Politikbereich ganz und gar nicht geeignet. -5-



Die SPD hat in der großen Koalition eine neue Rolle, in die wir uns hineinfinden müs- sen und werden. Dazu gehören klare Positionen. Wir haben in den zurückliegenden eineinhalb Jahren einiges angeschoben: Die Beratungsstellen Frau und Beruf sind jetzt strukturell besser aufgestellt als vor einem Jahr. Wir haben einen Kürzungsvorschlag der Landesregierung rückgängig gemacht und im Bereich Kiel-Plön einen Trägerwechsel initiiert – mit beträchtlichem Erfolg. Mit dieser verbesserten Ausgangslage gehen wir nun in die nächste Haus- haltsrunde, in der wir versuchen werden, die Beratung flächendeckend zu erhalten, obwohl die Hälfte der EU-Mittel wegfällt. Das ist eine Herausforderung, die wir na- türlich annehmen. Wir haben den Girls’ Day dieses Jahr in der SPD-Landtagsfraktion größer aufgezo- gen als in den zurückliegenden Jahren, damit Mädchen Politik von ihrer spannends- ten Seite kennen lernen. Wir haben eine Abendveranstaltung „Verbotene Liebe im Marienhof“ zur Darstellung lesbischer Frauen in den Medien durchgeführt, die sehr gut besucht war. Wir haben eine ebenfalls sehr gut besuchte Konferenz mit den hauptamtlichen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten durchgeführt, bei der Innenminister Dr. Ralf Stegner als Diskussionspartner zur Verfügung stand. Wir haben gemeinsam mit „KIK gegen häusliche Gewalt“ eine große Veranstaltung vorbereitet, bei der es um die Weiterentwicklung der Hilfesysteme für Frauen geht, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. Sie heißt „Wurzeln, Herausforderungen, Visionen“ und wird am nächsten Dienstag, 5. September stattfinden…. Ihr seht, wir sind und wir bleiben am Ball. … Ich wünsche mir, dass wir die enge Verbindung zwischen Fraktion und AsF weiter auf- rechterhalten können und ich bin überzeugt, dass wir – Partei und Fraktion zusammen – frauenpolitisch noch so manches bewegen können.