Lars Harms zu TOP 52 - Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten
PresseinformationKiel, den 28.06.2006 Es gilt das gesprochene WortLars HarmsTOP 52 Tätigkeitsbericht Bürgerbeauftragte Drs. 16/760Die Bürgerbeauftragte beleuchtet in ihrem Tätigkeitsbericht einen Teil der Verwaltungs-wirklichkeit, den wir hier im Parlament nur selten thematisieren. Ihr geht es nicht darum, was inGesetzen aufgeschrieben ist, sondern wie sie vor Ort umgesetzt werden. UngenaueZuständigkeiten, geschraubte Sprache und ein unfreundlicher Ton sind dabei Fakten, an denenwir nicht vorbeikommen. Da wird mancher hochfahrender politischer Plan hinterrücks kaputtverwaltet. Diese Wirklichkeit nehmen wir viel zu selten wahr – es sei denn natürlich, wir erlebendas in eigener Anschauung.Die Einzelbeispiele zeigen detailliert, welche große Ohnmacht die Bürger empfinden entgegeneiner eingefahrenen Bürokratie. Es kann weitgehend als sicher gelten, dass diejenigen Petenten,die sich überhaupt an die Bürgerbeauftragte wenden, eher die Spitze des Eisbergs ausmachen.Vielfach sind Betroffene sozial Ausgegrenzte, denen es nicht leicht fällt, ihren Fall Dritten zuschildern. Dennoch bleiben es Einzelfälle. 2An dieser Stelle möchte ich der Bürgerbeauftragten ein großes Lob für ihr Engagementaussprechen. Sie und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bearbeiten ein ungeheuer großesPensum, das allein schon aufgrund der schieren Masse unseren Respekt verdient. Was denTätigkeitsbereich für uns Parlamentarier allerdings zu einem Nachschlagewerk nochanstehender Vorhaben macht, ist die systematische Durchdringung der Sachgebiete. OhneZweifel ist mit Hartz IV ein riesengroßes Gebiet hinzugekommen, dass viele Menschen betrifftund dass auch in seinem zweiten Jahr unbefriedigend läuft. Der SSW bedankt sich ausdrücklichfür die gute Arbeit der Bürgerbeauftragten, die uns mahnt, in diesem Bereich weiter aufVerbesserungen zu drängen.Manche Behörden scheinen so zu arbeiten, dass sie sich die Antragsteller offensichtlich das eineoder andere Mal schnell vom Hals schaffen wollen. Daher brauchen diese unerwünschtenKunden der Bürokratie eine helfende Hand, die man schnell und unkompliziert ergreifen kann.Die Bürgerbeauftragte ist mit ihren regionalen Sprechstunden auch für Personen ohne Auto guterreichbar. Sie bemüht sich um den persönlichen Kontakt. Das ist vorbildlich. Würden mehrMitarbeiter in Behörden und Agenturen das persönliche Gespräch so suchen, würden sicherlichviel weniger Fälle eskalieren.Wer jemals gedacht hatte, dass die Bürgerbeauftragte Anlaufstelle von Nörglern undQuerulanten wäre, wird jedes Jahr eines besseren belehrt. Über 94% aller berechtigten Eingabenwurden positiv abgeschlossen. Die Petenten sind einfache Bürger, die nicht mehr ein noch auswissen und in der Bürgerbeauftragten auf eine engagierte Bürgeranwältin treffen.Besser wäre es natürlich, es käme gar nicht erst zu Problemen. So ist doch von vornhereineinsichtig, dass die Zusammenlegung der Familienkassen der Arbeitsagenturen von sieben aufdrei Standorte nicht reibungslos funktionieren kann. Entsprechende personelle Aufstockungenzumindest für ein paar Monate des Übergangs wären hier angeraten gewesen. Stattdessenmussten tausende Familien auf ihr Geld warten, bis ein massives Echo in den Medien endlich für 3Verbesserungen sorgte. Moderne Verwaltung sieht anders aus: hier aber wird sowohl dieMotivation der Beschäftigten verspielt, die sich ständig mit Beschwerden herumschlagenmüssen, als auch die Bürger verprellt.Ein Beispiel für ein Gesetz, das hinterrücks sabotiert wird, ist der Kinderzuschlag, der Eltern mitgeringem Einkommen zusteht. Durch das Bestehen zweier unterschiedlicherBerechnungsgrundlagen von Sozialamt und Arbeitsgemeinschaften wird der Zuschlag de factozu einer Ausnahmeleistung, wo er doch als regelmäßige Unterstützung für Eltern gedacht war,deren Einkommen für sie allein ausreicht, aber nicht zum Unterhalt der Kinder. Als Leser desBerichtes musste ich gerade bei dieser Passage den Kopf schütteln. Ich denke, dass wir alsParlamentarier aufgerufen sind, diesen Missstand schnellstmöglich aus der Welt zu schaffen.Die Bürgerbeauftragte hat aber auch gute Nachrichten: so verringerten sich die Eingabenbezüglich der gesetzlichen Rentenversicherung. Zu befürchten sind allerdings steigendeProbleme bei der privaten Altersvorsorge. Diese wird wesentlich zunehmen und daher werdenauch die Beratungsleistungen in diesem Bereich zunehmen müssen. Und es ist nur eine Frageder zeit, wann die ersten Unzulänglichkeiten deutlich werden und hier der Rahmen neu gesetztwerden muss. Aber dafür haben wir wahrscheinlich noch einige Jahre zeit und so können wir unsdarauf verlassen, dass Frau Wille-Handels uns regelmäßig auf Unzulänglichkeiten im Systemhinweisen wird. Wir als SSW sind für diese Hinweise sehr dankbar und sagen auch ganz deutlich,dass die Institution „Bürgerbeauftragte“ und deren Mitarbeiterstab für uns unverzichtbar sind.