Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
01.06.06
16:45 Uhr
B 90/Grüne

Monika Heinold zu den kommunalen Finanzen

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 32 – Bericht über die kommunalen Finanzen Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Dazu sagt die Parlamentarische Geschäftsführerin Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Telefax: 0431/988-1501 Monika Heinold Mobil: 0172/541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh.gruene-fraktion.de

Nr. 270.06 / 01.06.06

Den Kommunen stehen harte Zeiten bevor
Der Bericht beleuchtet die finanzielle Situation der Kommunen seit 2001. Dabei freut es mich, dass die CDU geführte Landesregierung u.a. feststellt: „dass das Land im Rahmen bundespolitischer Initiativen und landespolitischer Maßnahmen in den vergangenen Jah- ren seiner Verantwortung für die Kommunen in besonderer Weise nachgekommen ist und maßgeblich an einer Stärkung des gegenwärtigen und zukünftigen Finanzstatus der Kommunen mitgewirkt hat.“
So viel Lob für die „alte“ rot-grüne Landesregierung tut gut! Auch wird dadurch deutlich, dass die CDU mit ihrer Einschätzung in den letzten Jahren komplett falsch lag.
Wollte sie doch noch Ende 2003 im Landtag folgendes beschließen: „Die finanzielle Leis- tungsfähigkeit der kommunalen Ebene ist durch ständige Eingriffe derart eingeschränkt, dass Kreise, Städte und Gemeinden nicht mehr in der Lage sind, ihre örtlichen Aufgaben zu erfüllen. Viele stehen vor dem finanziellen Kollaps.“
Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die CDU steht zu ihrer Analyse der letzten Jahre und bekennt hier und heute, dass sie trotz der dramatischen finanziellen Lage der Kommunen genau diesen tief in die Tasche greifen will. Oder aber die CDU hat in den letzten Jahren populistisch und maßlos überzogen und nimmt ihre Aussagen der letzten Jahre – im Rahmen der neuen Ehrlichkeit – zurück.
Für meine Fraktion stelle ich fest, dass die CDU auch hier Wählerbetrug begangen hat, wenn sie in den nächsten Jahren den kommunalen Finanzausgleich dramatisch kürzt. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass sich ein Landrat mit dem Spruch zitieren lässt „Die schwarz-rote Koalition ist schlimmer als die rot-grüne“.
1/4 Und es wundert mich nicht, dass die kommunalen EhrenamtlerInnen vor dem Landtag dagegen demonstrieren, dass sie ausgenommen werden sollen wie eine Weihnachts- gans.
Wer hätte angesichts des CDU Wahlprogramms gedacht, dass eine CDU-geführte Landesregierung den Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich im Vergleich zu Rot- Grün verdreifacht?
Um die Lage nüchtern zu bewerten, müssen wir uns mit den vorliegenden Zahlen be- schäftigen. Wie sieht die Haushaltssituation unserer Kommunen aus? Lässt sich das De- fizit der Kommunen mit dem Defizit der Kommunen anderer Bundesländer vergleichen? Geht es den Kommunen tatsächlich besser als dem Land, weil sie weniger Schulden ha- ben, oder haben sie nur besser gewirtschaftet als das Land?
Sind die kommunalen Ausgaben in Schleswig-Holstein eins zu eins mit anderen Bundes- ländern zu vergleichen, wissend, dass die pro Kopf Ausgaben einer Kommune sehr eng auch mit den ihr zugewiesenen Ausgaben zusammen hängen?
Um diese Fragen zu beantworten, hatten wir im Jahr 2000 einen Sonderausschuss und eine Enquetekommission des Landtages eingerichtet. Wir hatten damit angefangen, Ma- terial zu sammeln und zu sichten. Leider haben CDU und FDP damals die Auflösung der Enquete beantragt, weil – man beachte die Zahl – die damalige Koalition jährlich 38 Mio. Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich nehmen wollte.
Herr Wadephul begründete in seiner Landtagsrede diesen Schritt damit, dass es aus fi- nanzpolitischer Sicht keine Rechtfertigung gab, diesen Eingriff vorzunehmen und forderte uns auf, in den nächsten Jahren von diesem Eingriff Abstand zu nehmen.
Herr Wadephul, haben Sie damals falsch argumentiert oder argumentieren Sie heute falsch? Die Dramatik der Haushaltslage war schon damals deutlich! Welch unehrliche Debatte!
Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass es damals notwendig war, die Kommunen an den Sparmaßnahmen des Landes zu beteiligen und ich glaube, dass sie auch diesmal beteiligt werden müssen.
Allerdings halte ich die Größenordnung von 120 Mio. Euro für komplett überzogen. Selbst 100 Mio. Euro, das wäre ja ein Drittel der angepeilten Einsparsummen auf die die Landesregierung eben noch mal 20 Mio. Euro draufgepackt hat, wären von den Kommu- nen nicht zu schultern, ohne vor Ort spürbar Leistungen für die BürgerInnen abzubauen.
Die Enquetekommission hätte uns geholfen, Aufgaben und Ausgaben der Kommunen abzugleichen, Verantwortlichkeiten und Finanzierungsstrukturen neu zu diskutieren und zu gestalten. Es war ein großer Fehler, meine Damen und Herren von der CDU, diese Enquete zu be- enden nur um politisch zu taktieren.
Zu der Arbeit der Enquete hätte auch eine kritische Durchleuchtung des kommunalen Fi- nanzausgleiches gehört – denn dieses Gesetz ist tatsächlich ein bürokratisches Monst- rum!
Als Abgeordneter hat Herr Wiegard in den letzten Jahren mehrfach gefordert, dieses Ge- setz zu ändern. Nun fordere ich Herrn Wiegard als Finanzminister des Landes auf, ge- meinsam mit dem Innenminister eine grundlegende Vereinfachung des kommunalen Fi- nanzausgleiches vorzubereiten.
Die CDU hat angekündigt, den Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich zu kompensieren, indem dafür Aufgaben in gleicher Größenordnung wegfallen.
Das klingt theoretisch erst einmal gut, kann aber zu radikalen Einschnitten von Leistun- gen für die BürgerInnen vor Ort führen. Insbesondere CDU geführte Kommunen wollen dieses nutzen, um Lernmittelfreiheit, Kita-Standards und Schülerbeförderung zu strei- chen oder deutlich zu reduzieren.
Meine Fraktion appelliert an die Landesregierung, bei aller Notwendigkeit zum Sparen die soziale Komponente nicht aus den Augen zu verlieren. Pädagogische Standards in den Kindertagesstätten sichern Bildungschancen, von der Kommune bezahlte Schüler- beförderungskosten sichern den Weg in die „höhere“ Schule ab.
Hierbei geht es nicht um „ideologischen Ballast“ – ein Begriff, den der CDU- Fraktionsvorsitzende letzte Woche ins Spiel gebracht hat.
Wir hatten uns vom Bericht erhofft, dass er tatsächlich die Fragestellung von CDU und SPD beantwortet und konkrete Veränderungen benennt, die zukünftig bei den Kommu- nen zu Einspareffekten führen. Leider ist der Bericht an dieser Stelle sehr dünn.
Meine Fraktion hat mit unserem Modell der kommunalen Verwaltungsreform ein Konzept vorgelegt, das zu erheblichen Einsparungen sowohl in der Landesverwaltung als auch in den kommunalen Verwaltungen führen würde. Das Modell von CDU und SPD hingegen baut Verwaltung nicht ab, sondern auf. Sie wollen eine komplett neue Verwaltungsebene aufbauen.
Kein Wunder, dass sich die kommunalen Spitzenverbände dagegen wehren, dass ihnen noch mehr Bürokratie übergestülpt werden soll.
Wenn CDU und SPD nun auch noch ihr angekündigtes Vorhaben umsetzen und jährlich 120 Mio. Euro aus der kommunalen Kasse nehmen, stehen den Kommunen harte Zeiten bevor. Das Land würde die mit der Steuerschätzung prognostizierten Mehreinnahmen fast kom- plett einkassieren – und sollten sich die SteuerschätzerInnen getäuscht haben, müssten die Kommunen aus der Substanz blechen!
Lassen Sie mich zusammenfassen: Der Bericht macht deutlich, dass den Kommunen schon jetzt das Geld fehlt, um notwendige Maßnahmen vor Ort zu finanzieren.
Und er macht deutlich, dass wir dringend daran weiter arbeiten sollten, eine Bilanz über die Aufgaben- und Ausgabensituation der Kommunen zu erstellen und dass es geradezu fahrlässig war, dass sich die CDU damals einer weiteren Mitarbeit in der Enquetekom- mission „Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen Land und Kommunen“ verweigert hat.
Lassen Sie mich zum Schluss, nicht ganz ohne Stolz sagen: Unter Grüner Regierungs- verantwortung durchlebten die Kommunen in Schleswig-Holstein, verglichen mit den Zei- ten der CDU- Regierungsverantwortung, geradezu rosige Zeiten!

***