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01.06.06
16:16 Uhr
CDU

Peter Lehnert zu TOP 32: Erwartete Einsparungen durch nachvollziehbare Gründe und Kostenfolgenabschätzungen belegen

Nr. 208/06 01. Juni 2006


IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG Pressesprecher Dirk Hundertmark Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de
Es gilt das gesprochene Wort Innenpolitik Peter Lehnert zu TOP 32: Erwartete Einsparungen durch nachvollziehbare Gründe und Kostenfolgenabschätzungen belegen
Zunächst möchte ich mich bei Anke Spoorendonk und dem SSW bedanken. Von Ih- nen stammt der Ursprungsantrag, der die Grundlage bildete für den Antrag von CDU und SPD.
Ein weiterer Dank gilt dem Innenministerium für den schonungslosen Bericht über die Entwicklung der finanziellen Situation der kommunalen Gebietskörperschaften und den Vergleich mit der finanziellen Entwicklung auf Landesebene.
Durch den uns nun vorliegenden Bericht ist noch einmal deutlich geworden, wie dra- matisch sich die Finanzsituation in Schleswig-Holstein in den Jahren 2001 bis 2005 entwickelt hat. Während bei den Kommunen trotz deutlich höherer Ausgaben die Verschuldungssituation nahezu unverändert geblieben ist, haben sich die vielfach ausgebliebenen strukturellen Veränderungen im Bereich des Landes massiv bei der Verschuldung niedergeschlagen mit den entsprechenden negativen Folgewirkungen auf künftige Zinszahlungen.
Allein im Vergleich der Jahre 2001 und 2005 ist festzustellen, dass es im Bereich des Landes eine Erhöhung der Schuldenlast um fast 27 % gegeben hat, was in der Summe ca. 4,5 Milliarden Euro entspricht. Für diese enorme zusätzliche Schulden- last müssen natürlich in den nächsten Jahren auch Zinsen bezahlt werden, die den Haushalt neben der jährlichen Nettoneuverschuldung zusätzlich belasten.
Wenn wir dieser katastrophalen Entwicklung nicht endlich entschlossen entgegentre- ten, würde das Land Schleswig-Holstein in Kürze absolut handlungsunfähig. Deshalb ist es zu begrüßen, dass die Landesregierung dies erkannt hat und bereit ist, Schritte einzuleiten, um die Konsolidierung des Landeshaushaltes in Angriff zu nehmen. Die Landesregierung hat dabei in einem Eckpunktebeschluss vorgeschlagen, dass für den Doppelhaushalt 2007 / 2008 jährlich 300 Millionen Euro eingespart werden sol- len. Grundlage dieses Konzeptes sollen drei gleichwertige Säulen sein:
1. Die Einsparungen im Bereich der Ministerien und der Staatskanzlei,
2. bei den Personalkosten
3. beim kommunalen Finanzausgleich.
Gerade dieser geplante Eingriff stellt aus Sicht der CDU-Landtagsfraktion hohe An- forderungen an die Glaubwürdigkeit von Politik. Die CDU als große kommunale Kraft in Schleswig-Holstein mit vielen tausend ehrenamtlichen Gemeinde-, Stadt-, Kreis- vertreterinnen und –vertretern hat dabei eine besondere Verantwortung. Dass diese ehrenamtliche Kommunalpolitik sehr erfolgreich ist, zeigen auch eindrucksvoll die Zahlen aus dem uns vorliegendem Bericht. Sie sind das Resultat rechtzeitig ergriffe- ner Konsolidierungsbemühungen und schnellen Reagierens auf voraussehbare Fehlentwicklungen.
Gerade die schwer kalkulierbaren Risiken im Bereich Hartz IV machen deutlich, unter welchen schwierigen Rahmenbedingungen Kommunalpolitik in Schleswig-Holstein trotzdem solide und erfolgreich tätig sein kann. Diese Risiken werden allerdings, falls der Bundesgesetzgeber dort nicht entschlossen eingreift, auch in diesem und den Folgejahren zu zusätzlichen finanziellen Belastungen des kommunalen Bereichs füh- ren. Deshalb müssen wir im Interesse des Landes Schleswig-Holstein die weitere Entwicklung aufmerksam beobachten und weiterhin notwendige strukturelle Verände- rungen in diesem Bereich anmahnen.
In diesem Zusammenhang begrüßen wir ausdrücklich die Entscheidung des Finanz- ministers Rainer Wiegard, die Nettoentlastung des Landes im Zusammenhang mit Hartz IV, beginnend ab 2005 und auch in 2006 jeweils in Höhe von über 50 Millionen Euro vollständig weiterzuleiten. Ich glaube, dies ist ein wichtiges Signal des neuen Finanzministers an die kommunale Gemeinschaft.
Gerade deshalb ist es für die CDU-Fraktion besonders wichtig, diese Verlässlichkeit gegenüber der kommunalen Ebene auch weiterhin zum Maßstab des Handelns zu machen. Die angedachten 120 Millionen Euro, die als Konsolidierungsbeitrag zur Verfügung gestellt werden sollen, müssen einhergehen mit einer umfassenden Auf- gabenwende. Das Land muss die Kommunen von gesetzlichen Aufgaben und Stan- dards befreien und der kommunalen Selbstverwaltung Entscheidungsfreiheiten zu- rückgeben. Die bisher dazu von der Landesregierung gemachten Vorschläge sind zu begrüßen, aber auch noch deutlich ausbaufähig, um wirklich dem Ziel einer nachhal- tigen Entlastung der Kommunen gerecht zu werden. Die durch Aufgabenabbau und Verwaltungsstrukturreform erzielten Einsparungen müssen dafür jeweils durch nach- vollziehbare Gründe und Kostenfolgenabschätzungen belegt und nicht schlicht be- hauptet werden.
Bei der Frage, welche Aufgaben durch die kommunale Ebene noch zwingend wahr- genommen werden müssen, hätten wir uns mutigere Vorschläge des Kabinetts ge- wünscht. Das eröffnet allerdings auch die Möglichkeit, uns als Parlament aktiver als bisher in diese Debatte einzuschalten, um deutlich zu machen, dass sich das Land in vielen Bereichen ein „weiter so“ nicht mehr leisten kann. Dabei geht es uns als CDU-Fraktion nicht in erster Linie um die Frage der Absen- kung von Leistungen oder Standards, sondern vor allen Dingen um das wichtige Ge- biet der Aufgabenkritik und des Bürokratieabbaus. Hierzu hat der Staatssekretär im Finanzministerium Klaus Schlie sehr umfangreiche Vorschläge gemacht, deren Um- setzung jetzt zügig im Gesetzgebungsverfahren angegangen werden sollten.
Dies kann aber nur ein erster Schritt sein, weitere müssen folgen. So sind zum Bei- spiel alle Bereiche des Planungsrechtes daraufhin zu überprüfen, was wirklich not- wendig ist, was den Menschen im Land dient oder auch ob es Investitionen behindert oder gar verhindert.
So brauchen wir auch eine deutliche Entschlackung und Vereinfachung des Pla- nungsrechtes. Bei den Bauleitplanungen, soweit kein F-Plan oder Landschaftsplan existiert, den Wegfall der Genehmigungspflicht für F-Pläne, die Verringerung des Aufwandes für Fachgutachten bei der Planerstellung, die Verschlankung bei der Be- teiligung von Trägern öffentlicher Belange müssen überprüft werden. Denn diese und auch zahlreiche weitere Fachplanungen verursachen hohen Aufwand. Auf sie ist entweder ganz zu verzichten oder die Anforderungen an die Planungen erheblich zu reduzieren. Landschaftsrahmenpläne könnten wegfallen, Landschaftsprogramme, Landschaftspläne müssen deutlich schlanker gestaltet werden, Grünordnungspläne könnten aus unserer Sicht auch entfallen.
Wir brauchen außerdem eine Erleichterung und Verringerung des Aufwandes bei Eingriffs- und Ausweisregelungen, die Verschlankung des Biotopkataloges, die Ab- schaffung der Pflicht zur Bestellung von Beiräten und Beauftragten auf kommunaler Ebene.
Die von der Landesregierung geplante Aufhebung des Mittelstandsförderungsgeset- zes und die Absenkung der Schwellenwerte im Vergaberecht sind uneingeschränkt zu begrüßen und ein wichtiger Schritt auf dem Weg, den wir jetzt beschreiten müs- sen.
Bei der Frage des Bürokratieabbaus und der Aufgabenkritik darf es grundsätzlich keine Tabu-Bereiche geben. Wir müssen vor allen Dingen auch darauf verzichten, gewisse Punkte aus ideologischen Gründen für nicht verhandelbar zu erklären.
Ich will für meine Fraktion ausdrücklich sagen, dass für uns dazu auch die Fragen der gesetzlichen Verpflichtung zur Anstellung hauptamtlicher Gleichstellungsbeauf- tragten sowie die Frage der Flexibilisierung bei der Anzahl der freigestellten Perso- nalräte zählen. Hier halten wir durchaus eine Anpassung an die Bundesgesetzge- bung für sinnvoll und notwendig. Auch diese Fragen müssen sich an den extrem schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen orientieren.
Es kann nicht sein, dass wir von Ämtern und Gemeinden erwarten, in größeren kommunalen Verwaltungseinheiten noch wirtschaftlicher zu arbeiten und dann ab 15.000 Einwohner für diese neu geschaffenen Verwaltungseinheiten automatisch an einer Verpflichtung zur Einstellung hauptamtlicher Gleichstellungsbeauftragter fest- halten. Da diese Grenze von vielen neuen Verwaltungseinheiten erreicht wird, behin- dert ein starres Festhalten an dieser Marke den von uns gewollten und unterstützten Prozess der freiwilligen Zusammenführung und könnte am Ende sogar zu negativen wirtschaftlichen Effekten führen. Die CDU-Fraktion will eine vernünftige und effektive Verwaltungsstrukturreform, die sich an den Kriterien Wirtschaftlichkeit, Bürgernähe und Professionalität orientiert.
Leider bleibt der uns vorliegende Bericht gerade in der wichtigen Frage der finanziel- len Auswirkungen der geplanten Verwaltungsstrukturreform sehr unkonkret und un- präzise. Die möglichen Einsparungen im Kreisangehörigenbereich werden nur sehr grob mit ca. 10 Millionen Euro landesweit geschätzt, wobei zunächst wahrscheinlich höhere Kosten entstehen. Es bleibt abzuwarten, ob es mittel- und langfristig gelingen kann, die angepeilte Zielmarke zu erwirtschaften. Wir alle wissen, dass gerade der kreisangehörige Bereich in der Vergangenheit sehr wirtschaftlich gearbeitet hat, ins- besondere im Bereich des Personaleinsatzes. Die Initiative der Landesregierung, Landesaufgaben direkt auf die kommunale Ebene zu übertragen und Doppelzustän- digkeiten abzubauen, um Synergieeffekte nutzen zu können, wird von der CDU- Fraktion unterstützt.
In diesem Zusammenhang begrüßen wir es ausdrücklich, dass die Landesregierung angekündigt hat, die Einsparungen, die die Kommunen aus der im Rahmen der Ver- waltungsstrukturreform stattfindenden Aufgabenzusammenfassung erzielen, den Kommunen in voller Höhe verbleiben sollen. Das entspricht auch den Buchstaben der Konnexität, die in unserer Landesverfassung festgeschrieben ist.
Noch komplizierter ist die Situation im Bereich der geplanten kommunalen Verwal- tungsregionen, zu denen der Bericht ausführt, dass mögliche Einsparungen im Zu- sammenhang mit der Bildung dieser Verwaltungsregion sich gegenwärtig nicht be- lastbar beziffern lassen. Es wird weiter ausgeführt, dass die erzielbaren Effizienzge- winne ganz wesentlich davon abhängen werden, wie die Kreise und kreisfreien Städ- te ihre Gestaltungsspielräume nutzen werden.
Deshalb sollte der eigene Gestaltungsspielraum der Kreise und kreisfreien Städte aus Sicht der CDU möglichst umfangreich gestaltet werden. Die dazu von der Lan- desregierung vorgelegten Entwürfe weisen in die richtige Richtung, sie können im parlamentarischen Verfahren aber sicher noch verbessert werden. Unser aller Ziel muss es dabei sein, die anvisierten Synergiemöglichkeiten auch wirklich vor Ort zu erzielen.
Insofern ist die Ausführung der Landesregierung in dem Bericht zu begrüßen, dass die Realisierung der mit der Verwaltungsstrukturreform verbundenen Synergien den kommunalen Körperschaften obliegt.
Im Rahmen ihrer Personal- und Organisationshoheit entscheiden sie eigenverant- wortlich über die Freisetzung und die Verwendung der erzielbaren Effizienzgewinne. Dafür darf allerdings der vom Landesgesetzgeber zu ziehende gesetzliche Rahmen nicht zu eng bemessen sein. Wir werden unsere Ideen und Vorschläge dazu in das parlamentarische Verfahren einbringen, um am Ende sinnvolle und nachvollziehbare Entscheidungen zu treffen.
In diesem Zusammenhang ist es erfreulich, dass der Landkreistag und der Städte- verband sich gegenüber der Landesregierung wiederholt dazu bereit erklärt haben, bei Auflösung der Wasserwirtschaftsabteilungen und Übertragung aller Aufgaben dem Land mittelfristig 10 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen.
Dieses Beispiel macht deutlich, dass die Aufgabenbündelung auf kommunaler Ebene ganz erhebliche Synergiepotentiale birgt. Allerdings gelingt das nur, wenn sie nach einem offenen Diskussionsprozess nachvollziehbar für die kommunale Ebene wirk- sam werden. Gerade unter dem Eindruck der geplanten Beteiligung der Kommunen an der Sanierung des Landeshaushaltes in Höhe von 120 Millionen Euro jährlich ist es aus unserer Sicht dringend erforderlich, die Kommunen bei diesem schwierigen Prozess mitzunehmen. Dabei müssen die Kommunalvertreter ihren Sach- und Fach- verstand aktiv einbringen.
Wir begrüßen daher das Angebot der kommunalen Spitzenverbände, sich aktiv mit eigenen Vorschlägen in den Prozess der Aufgabenkritik einzubringen und die Ein- sparungen als Konsolidierungsbeitrag zur Verfügung zu stellen. Nur wenn wir diesen bevorstehenden Prozess auf breiter Basis diskutieren, mitein- ander beraten und dann am Ende gemeinsam tragen, wird ihm auch der Erfolg be- schieden sein, den wir uns alle wünschen. Dabei muss aus Sicht der CDU-Fraktion am Ende eine deutliche Stärkung des Ehrenamtes stehen. Deshalb bleibt die Lan- desregierung aufgefordert, bei der Aufgabenübertragung sehr kritisch zu überprüfen, welche Aufgaben von Weisungsaufgaben in Selbstverwaltungsaufgaben überführt werden können.
Der skizzierte Prozess wird nicht einfach sein. Alle Beteiligten werden ihre bisherigen Positionen auch kritisch überprüfen müssen. Zunächst ist das zuständige Innenminis- terium aufgefordert, endlich eine nachprüfbare Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der geplanten Verwaltungsstrukturreform durchzuführen und deren Ergebnisse dem Par- lament unverzüglich vorzulegen. Dann sollten Entscheidungen vorurteilsfrei und oh- ne ideologische Scheuklappen getroffen werden, die dem Ziel dienen, die Zukunfts- fähigkeit des Landes Schleswig-Holstein und seiner kommunalen Ebene dauerhaft zu sichern.
Ich denke, wir sollten den vorliegenden Bericht in den zuständigen Innen- und Rechtsausschuss zur weiteren Beratung überweisen und ihn dort zur Grundlage wei- terer Gespräche mit der kommunalen Ebene machen. Darauf aufbauend könnten dann Entscheidungen im Bezug auf die künftige Ausgestaltung des kommunalen Fi- nanzausgleiches getroffen werden.