Manfred Ritzek zu TOP 16:EU muss den Menschen wieder zuhören
Nr. 197/06 31. Mai 2006 IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG PRESSEMITTEILUNG Pressesprecher Dirk Hundertmark Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de Es gilt das gesprochene Wort Europapolitik Manfred Ritzek zu TOP 16: EU muss den Menschen wieder zuhörenVerlängerung der Reflexion, Beginn der Kommunikation, Vermeidung der Frustration: Das sind gegenwärtige Schlagwörter innerhalb der EU. Zwei aktuelle Kommunikati- onspapiere der EU beschreiben Situation und Maßnahmen zur Erreichung der „Hirne und Herzen“ der Menschen in der EU. Einmal „Plan D für Demokratie, Dialog und Diskussion“ vom 13. Oktober 2005 und das Strategiepapier zur Verbesserung der Kommunikation mit dem Titel „Weißbuch über eine Europäische Kommunikationspo- litik“ vom 1. Februar 2006.Die Kommission sagt in dem „Plan D-Papier“ sehr offen, dass das Vertrauen der Öf- fentlichkeit in die Europäische Union wieder hergestellt werden muss. Es geht um die öffentliche Zustimmung zur Europäischen Union. Die Menschen verlangen ein Euro- pa, das stärker den Erwartungen der Bürger entspricht. „Die europäischen Organe werden als bürgerfern und bürokratisch angesehen.“Die Kommunikation der EU mit den Bürgerinnen und Bürger hat mit der Entwicklung der EU nicht Schritt gehalten, so die Kernaussage im „Weißbuch über eine Europäi- sche Kommunikationspolitik“. Die Kluft zwischen den EU-Institutionen und der öffent- lichen Sphäre muss möglichst schnell beseitigt werden, das Gefühl der Entfremdung gegenüber den Brüsseler Entscheidungen muss weg, so das Weißbuch.Der Kommunikationsprozess und der Konsultationsprozess werden mit gesamt fast 10 Millionen Euro pro Jahr ausgestattet. Der Konsultationsprozess, der bewertet wird, setzt sich fort in den Jahren 2007 und 2008 mit der Umsetzung des „Planes D für Demokratie, Dialog und Diskussion“.Die Schlüsselaussage in Teil I des Weißbuches ist keine besonders neue Erkenntnis. Es heißt dort, dass die „Kommunikation zu sehr eine „Brüsseler Angelegenheit“ sei, indem man sich darauf konzentriert, den Menschen zu vermitteln, was die EU leistet. Viel weniger beschäftigt man sich damit, den Menschen zuzuhören. Fazit: Entschei- dend sei, dass man mehr auf Dialog statt auf einseitige Kommunikation setzt.“Diskussion und Dialog, das sind die neuen Schlagwörter der Kommission. Eine „Eu- ropäische Sphäre“ muss geschaffen werden bis zu den regionalen und lokalen Ebe- nen, auf denen europäische Themen in diesem Dialog übergreifen müssen. „Die Bürger möchten ein Mitspracherecht haben“, so die Kommissarin für institutionelle Beziehungen und Kommunikationsstrategie, Margot Wallström.Mit fünf Massnahmenbündeln soll die Kommunikation vorangebracht werden. Dazu gehört z.B. die mögliche Erstellung eines „Verhaltenskodex zur Kommunikation“, der Grundsätze und Standards für die europäische Kommunikations- und Informations- arbeit zu europäischen Themen erstellt. Ob das nun wieder den regionalen oder lo- kalen Bereich erreicht? Zweifel sind berechtigt.Die Rolle der Bürger soll gestärkt werden durch politische Bildung von Menschen aller Altersstufen. Die Kontakte zwischen Bürgern und öffentlichen Einrichtungen der EU sollen Service orientierter, offener und zugänglicher gestaltet werden. Die Kom- mission soll den Bürgern mehr zuhören.Die regionale Ebene, also wir, hat die Aufgabe, Foren der Begegnung für alle Euro- päer aller Altersstufen und unterschiedlicher Herkunft zu schaffen und Themen auf kulturelle und politische Bildung auszurichten. Allem können wir zustimmen.Der stärkeren Einbeziehung der Medien wird ein breiter Raum im Weißbuch gewid- met. Ob eine eigene EU-Pressenachrichtenagentur und ein TV-Kanal zur Übertra- gung von Brüsseler Konferenzen der Missionsarbeit „Kommunikation“ dienlich sind, werden die Medien bewerten.Stärkere Bereisungen der Kommissare und EU-Parlamentarier in Länder und Regio- nen, ein stärkeres Engagement der nationalen Politiker, die Einbeziehung der Zivil- gesellschaften, alles das findet Eingang im Weißbuch.Das Papier ist zu begrüßen, keine Frage. Es lässt an Klarheit bei der Bewertung der „Kommunikationsmisere“ nichts offen. Lange nicht alles ist neu.Dennoch bleiben Fragen im Weißbuch unerwähnt: So die Frage, woher kommt das Misstrauen vieler Bürger wirklich? Viele Bürger stoßen sich an offenen Widersprü- chen in Verlautbarungen oder Handlungen der EU: So z.B., wenn die Beitrittstermine für Bulgarien und Rumänien juristisch festgelegt wurden, bevor die Beitrittskriterien de facto als erfüllt gemeldet sind. Welchen Sinn hat dann noch die übliche EU- Aussage, Beitritte erfolgten erst nach Erfüllung der Beitrittskriterien?Oder - da das Charakteristikum „europäisch“ im Verfassungstext nicht erläutert ist - betrachten Bürger beliebige Erweiterungen ohne erkennbare Grenzen sehr kritisch. Bei wie vielen Mitgliedsländern endet die Handlungsfähigkeit der EU?Auch die in zunehmendem Maße verwendeten „geostrategischen Begründungen“ für mögliche Erweiterungen sind für den durchschnittlichen Bürger nicht oder kaum ab- zuschätzen und schaffen deshalb Misstrauen.Der „Plan D“ sollte bei seiner Fortsetzung in den kommenden Jahren keine Fragen auslassen. Fordern wir die Möglichkeiten des im Weißbuch aufgeführten Instrumen- tariums heraus. Setzen wir unsere Kommunikationen intensiver fort, jeder Einzelne von uns, die Europa-Union, die Europaschulen und viele mehr.