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31.05.06
12:31 Uhr
SPD

Jutta Schümann zu TOP 9: Erst prüfen, dann beschließen!

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 31.05.2006 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 9 - Pflegewissenschaft und -forschung in Schleswig-Holstein (Drucksache 16/780 und 16/804)

Jutta Schümann:

Erst prüfen, dann beschließen!

Wir haben bereits häufig über die ständig steigende Bedeutung der Pflege von alten und kranken Menschen gesprochen. Diese Herausforderungen wachsen aufgrund der demo- graphischen Veränderungen quantitativ wie qualitativ. Aber auch der medizinische Fort- schritt stellt neue Anforderungen an eine qualifizierte Pflege, z.B. nach schweren Operatio- nen oder auch im Falle von Frühgeburten usw.

Wenn wir von Pflege sprechen, so meinen wir damit immer auch die drei wichtigen Berufs- felder in diesem Bereich, nämlich die Kranken-, die Kinderkranken-, und die Altenpflege. Alle Berufe hat der Bundesgesetzgeber definiert und die Ausbildungen gesetzlich geregelt. Für die Krankenpflege ist das letztmalig 2003 erfolgt.

Das Dilemma, das in der Begründung des Antrages von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN richtig beschrieben ist, liegt darin, dass weder staatliche noch private Krankenhäuser, aber auch ambulante Dienste und Pflegeheime, wirtschaftlich in der Lage sind, die persönliche Zu- wendung für den kranken oder alten Menschen so intensiv zu gestalten, wie dies wün- schenswert wäre. Geringe Personalkapazitäten und in Folge dessen geringe Zeitbud- gets führen dazu, dass die Patienten sich häufig allein gelassen fühlen, von der Gefahr der Vernachlässigung und der Misshandlung ganz abgesehen.


Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



Die finanziellen Ressourcen der Krankenhäuser und der Träger der Pflege werden sich nicht grundsätzlich verbessern. Umso wichtiger ist es, immer wieder die Pflegeprozesse zu optimieren und die Qualität der Pflege durch bessere Ausbildung zu verbessern. Ent- scheidend dafür ist es auch, die in der Vergangenheit vorhandene Trennung zwischen der medizinischen Versorgung, die Sache des Arztes ist, und der Pflege, die Sache des Pflege- personals ist, zu durchbrechen.

Pflege wird heute glücklicherweise nicht mehr nur als routinemäßige Betreuung, des Patien- ten verstanden, quasi als ausführende Dienstleistung. Pflegewissenschaft ist heute ein ei- genständiger Zweig im wissenschaftlichen Bereich, neben den medizinischen Wissen- schaften. Schließlich brauchen wir heute auch Professionelle im Bereich der Pflegelehre und im Pflegemanagement.

Pflege ist schwere körperliche Arbeit, und sie ist seelisch belastend, besonders, wenn der Pflegende weiß, dass am Ende seiner Arbeit nicht die Heilung, sondern ein irreversibler Zustand (z.B. eine Behinderung) oder der Tod des Patienten steht. Sensibilität und Mitge- fühl mit dem leidenden Menschen konkurrieren mit der Notwendigkeit eines psychischen Selbstschutzes des Pflegenden. All das erfordert eine qualitativ hochwertige Ausbildung und ständige Fort- bzw. Weiterbildung.

Einen wichtigen Ansatz, die Pflege auf gleicher Verantwortungsebene wie die medizinische und kaufmännische Leitung festzulegen, hat das Land mit dem Gesetz über die Gründung des UKSH unternommen, in dem ein Vorstand für Krankenpflege und Patientenservice in den vierköpfigen Klinikumsvorstand einbezogen wurde.

Meine Fraktion verfolgt mit Interesse die derzeitigen Diskussionen innerhalb des UKSH, die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Pflege zu institutionalisieren. Dies setzt natürlich die Kooperation mit einer Mediziner ausbildenden Hochschule voraus, nahe liegender Weise mit der Universität Lübeck. Ich würde jedoch auch die CAU oder evtl. sogar -3-



eine Hochschule außerhalb Schleswig-Holsteins, z. B. die Universität Hamburg, nicht aus- schließen.

Es ist deshalb richtig, dass die Landesregierung darüber im Plenum oder in den beiden zu- ständigen Ausschüssen, also dem Sozialausschuss und dem Bildungsausschuss, Bericht erstattet. Für einen ad hoc-Bericht, mit konkreter Beschlussfassung sehe ich jedoch keine Notwendigkeit.

Lassen Sie mich aber auch etwas zu dem Vorschlag einer Stiftungsprofessur sagen. Auch die Diskussion darüber ist ja nicht neu. Vor allem kann sie nicht von der finanziellen Lage des Landes losgelöst geführt werden. Stiftungsprofessuren werden, wie wir alle wissen, nicht auf unbegrenzte Zeit geschaffen, sondern gehen nach einer festgelegten Anzahl von Jahren in den finanziellen Verantwortungsbereich der Hochschule und damit des Landes über. Deshalb sollten wir sehr vorsichtig sein, mit der Einrichtung einer Stiftungsprofessur eine nach wenigen Jahren eintretende finanzielle Folgewirkung zu schaffen, die sicher nicht additiv sein kann, sondern die betreffende Universität zwingen würde, sie durch Streichun- gen in anderen Instituten und anderen Fakultäten zu finanzieren.

Ich bitte daher, den Antrag der Fraktionen von CDU und SPD anzunehmen, in dem wir die Landesregierung bitten, bis Ende 2006 zu prüfen, in welcher Form die Pflegewissenschaft im UKSH und an unseren beiden Universitäten verankert werden soll.