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04.05.06
15:38 Uhr
Landtag

Diätenstrukturreform: Rede des Landtagspräsidenten zur Ersten Lesung im Landtag

68/2006 Kiel, 4. Mai 2006 S p e r r f r i s t : Redebeginn * Es gilt das gesprochene Wort!


Diätenstrukturreform: Rede des Landtagspräsidenten zur Ersten Lesung im Landtag
Kiel (SHL) – Landtagspräsident Martin Kayenburg begründete heute im Parlament den Gesetzentwurf zur Änderung des Abgeordnetengesetzes (Drs. 16/749), den alle Fraktionen und die Abgeordneten des SSW in den Landtag eingebracht haben, unter anderem wie folgt:
„Ich halte die Diätenstrukturreform, die wir mit diesem Entwurf in das parlamentari- sche Verfahren eingebracht haben, für ebenso ausgewogen wie angemessen, für ebenso vernünftig wie zukunftsweisend:
− Die meisten Zulagen für die Wahrnehmung besonderer parlamentarischer Funktionen werden abgeschafft; − die steuerfreien Aufwandsentschädigungen werden abgeschafft; die Abge- ordneten sind zukünftig ganz normale Steuerbürgerinnen und Steuerbürger; − die pensionsähnliche Altersentschädigung wird abgeschafft; die Abgeord- neten müssen zukünftig für ihre Rente selbst sorgen; − Amt und Mandat werden zukünftig vollständig unvereinbar sein.
Damit ist die Diätenstrukturreform dem nordrhein-westfälischen Modell vergleichbar und an den Empfehlungen der Benda-Kommission aus dem Jahre 2001 (Drs. 15/500) orientiert. Die Diätenstrukturreform beruht auf folgenden Erwägungen:
1. Die zusätzlichen Entschädigungen für die besonderen parlamentarischen Funktionen der Ausschussvorsitzenden, der stellvertretenden Fraktionsvorsit- zenden und Vorsitzenden der Fraktionsarbeitskreise werden gestrichen. Zu- künftig werden zusätzliche Entschädigungen nur gezahlt werden an die Land- tagspräsidentin oder den Landtagspräsidenten, die Vizepräsidentinnen oder Vizepräsidenten, die Fraktionsvorsitzenden, die parlamentarischen Geschäfts- 2


führer und eine oder einen Abgeordneten des SSW im Landtag. Damit werden die Funktionszulagen von zurzeit 45 auf 12 reduziert.
Im Ergebnis entsprechen die Empfehlung der Benda-Kommission und die ihr folgende Regelung unseres jetzigen Gesetzentwurfs dem Grundsatz des Bun- desverfassungsgerichts, dass alle Abgeordneten die gleiche Entschädigung erhalten und Funktionszulagen auf zahlenmäßig begrenzte Spitzenpositio- nen beschränkt sein sollen. Andererseits wird jedoch die ebenfalls vom Bun- desverfassungsgericht betonte Freiheit des Landtages ausgeschöpft, im Bin- nenrecht parlamentarische Organisationsstrukturen zu schaffen, die den schleswig-holsteinischen Besonderheiten entsprechen, dazu zählen die Son- derstellung einer oder eines Abgeordneten des SSW im Landtag und die Funk- tion der parlamentarischen Geschäftsführerin oder des parlamentarischen Ge- schäftsführers. Über ihre herausragenden Einfluss- und Gestaltungsmöglich- keiten, die aus meiner Sicht durchaus über ihre Bedeutung in anderen Parla- menten hinausgehen mag, besteht im Schleswig-Holsteinischen Landtag Ei- nigkeit.
Eine weitere Empfehlung der Benda-Kommission ist die Ergänzung von Artikel 11 Absatz 3 unserer Landesverfassung um einen neuen Satz 2, der entweder konkret sagt, wer zusätzlich zu der Grundentschädigung einer ihrer oder seiner Funktion gemäße Zulage erhalten kann, oder allgemein bestimmt, dass für Funktionen, welche die politische Willensbildung des Landtages zu koordinieren bestimmt sind, eine besondere Zulage gewährt werden kann. Ich rege an, dass die Fraktionen diese Empfehlung der Benda-Kommission in die laufenden Aus- schussberatungen zur Änderung der Landesverfassung einbringen.
2. Die steuerfreien Aufwandsentschädigungen, insbesondere die steuerfreie Kostenpauschale in Höhe von 818 Euro, das Tagegeld und die Fahrkostenpau- schalen werden – wie ebenfalls von der Benda-Kommission empfohlen – gestri- chen.
Erhalten bleibt eine im Einzelnen abzurechnende Fahrkostenerstattung für man- datsbedingte Fahrten, bei Benutzung eines Kraftfahrzeugs 0,30 Euro für jeden gefahrenen Kilometer. Diese Fahrkostenerstattung ist nach allgemeinen Steuer- rechtsgrundsätzen zu versteuern.
Abgeordnete sind zukünftig mit ihrer Abgeordnetenentschädigung insgesamt wie jede Steuerbürgerin und jeder Steuerbürger steuerpflichtig. Ihren beruflichen, mandatsbedingten Aufwand können sie nach allgemeinen Grundsätzen steuer- lich absetzen oder nicht.
3. Abgeordnete werden – das ist ein Hauptziel der Diätenstrukturreform – zukünftig für ihre Altersversorgung selbst sorgen. Die bisherige pensionsähnliche Al- tersentschädigung wird abgeschafft. Stattdessen erhalten die Abgeordneten zur Finanzierung der Altersversorgung eine nach allgemeinen steuerrechtlichen 3


Grundsätzen zu versteuernde zusätzliche Entschädigung in Höhe von monatlich 1500 Euro. Voraussetzung ist, dass sie mindestens in Höhe des jeweils gelten- den Höchstbeitrages zur Rentenversicherung der Angestellten, zurzeit 1023 Eu- ro, für die Altersversorgung der Abgeordneten und ihrer hinterbliebenen Ehegat- ten verwandt wird und ein Kapitalwahlrecht vollständig ausgeschlossen ist.
4. Die dargestellten Eckpunkte haben natürlich Auswirkungen auf die Grund- entschädigung. Zum Ausgleich für die dargelegten Einschnitte muss die Grundentschädigung steigen. Die Fraktionen halten einvernehmlich unter Be- rücksichtigung aller Umstände 6700 Euro für eine entsprechend dem Verfas- sungsauftrag angemessene, die Unabhängigkeit der Abgeordneten sichernde Entschädigung. Eine Grundentschädigung in dieser Höhe bietet den Abgeordne- ten und ihren Familien während der Dauer ihrer Zugehörigkeit zum Parlament eine ausreichende Existenzgrundlage. Sie wird der Verantwortung und Belas- tung und dem diesem Amt im Verfassungsgefüge zukommenden Rang gerecht.
5. Ein weiterer Eckpunkt der Reform ist die Neuregelung der Vereinbarkeit von Amt und Mandat. Danach können Abgeordnete zukünftig nicht – auch nicht in Teilzeit – als Beamtinnen beziehungsweise Beamte oder als Angestellte im öf- fentlichen Dienst tätig sein. Werden sie ins Parlament gewählt, ruhen ihre Rech- te und Pflichten als Beamtinnen beziehungsweise Beamte oder als Angestellte.
Die finanziellen Auswirkungen der Diätenstrukturreform will ich an dieser Stelle kurz umreißen: Die Kosten der Altersversorgung unberücksichtigt, entstehen gegenüber der gegenwärtigen Rechtslage Mehrkosten in Höhe von 1,21 Millionen Euro p. a.
Durch die Verkleinerung des Parlaments auf 69 Abgeordnete ist gegenüber der letz- ten Wahlperiode eine Kostensenkung von jährlich 190.000 Euro zu verzeichnen. Orientiert an dem Berechnungsmodell der Benda-Kommission ergibt der Kostenver- gleich zwischen der bisherigen Rechtslage und dem neuen Modell – bezogen auf den 1. Januar 2006 – sogar eine Einsparung von 223.000 Euro.
Die Kosten der Abgeordnetenversorgung isoliert betrachtet werden langfristig von zurzeit etwa 2,64 Millionen Euro auf 1,24 Millionen Euro jährlich sinken und damit absehbar eine Entlastung für das Land bringen.
Insgesamt wird also die Diätenstrukturreform – und ich möchte das auch an dieser Stelle noch einmal besonders betonen – langfristig eine finanzielle Entlastung des Landes mit sich bringen. Mit der vorliegenden Diätenstrukturreform wird insgesamt ein vernünftiger, zukunftsweisender Weg beschritten.“



* Der Wortlaut der Rede ist im Internet veröffentlicht unter www.sh-landtag.de