Anke Spoorendonk zu TOP 16 - Schutz und Förderung der Kultur der nationalen Minderheiten
PresseinformationKiel, den 22.03.2006 Es gilt das gesprochene WortAnke SpoorendonkTOP 16 Schutz und Förderung der nationalen Minderheiten Drs. 16/643Schon seit vielen Jahren ist es eine Herzensangelegenheit der vier anerkannten Minderheiten derBundesrepublik – der Sorben, der Dänen, der Friesen sowie der Sinti und Roma – dass sie imGrundgesetz Erwähnung finden. Diese vier Minderheiten mit insgesamt fast 200.000 Menschen,die seit einigen Jahren durch den Minderheitenrat und seit letzten Jahres mit einemMinderheitensekretariat bei dem Bundesinnenministerium vertreten sind, haben jetzt erneutdieses Thema in Berlin auf die Tagesordnung gesetzt. Bereits im Zuge der Wiedervereinigungwurde erstmals der Wunsch nach einem Minderheitenschutzartikel im Grundgesetz – analog zurAufnahme der Minderheiten in die Verfassung des Landes Schleswig-Holstein – geäußert. Dazukommt, dass es für die dänische Minderheit und damals auch noch für die polnische Minderheiteinen entsprechenden Passus zu Schutz und Förderung der nationalen Minderheiten bereits inder Weimarer Verfassung gab. Diese Geschichte muss man sich vor Augen führen, wenn man dieDiskussion um die Aufnahme eines Artikels zum Schutz und zur Förderung der vier nationalenMinderheiten in Deutschland führt. 2In den 90´er Jahren wurde die Forderung der Minderheiten oftmals mit dem Argumentabgelehnt, einen solchen Minderheitenschutz müsste man über die europäische Ebeneerreichen; die Bundesrepublik sei nicht zuständig. Nun hat sich im Zuge der Diskussionen überdie Europäische Verfassung gezeigt, dass man dieses Ziel über die Europäische Union nochschwerer erreichen kann. Deshalb hatte der Minderheitenrat sich entschlossen, inZusammenhang mit den Bestrebungen, das Staatsziel Kultur in das Grundgesetz aufzunehmen,eine Ergänzung im Sinne der nationalen Minderheiten zu fordern. Der Minderheitenrat sprachsich dafür aus, das Staatsziel Artikel 20 b „Der Staat schützt und fördert die Kultur“ umfolgenden Satz zu ergänzen: „Der Schutz und die Förderung gelten auch für die Kultur derautochthonen nationalen Minderheiten“.Damit würde sich der Bundestag klar zur Kultur in Deutschland bekennen, sich jedoch von einemverengten Kulturverständnis distanzieren, indem Schutz und Förderung der kulturellen Vielfalt inDeutschland ausdrücklich auch die heimischen nationalen Minderheiten umschließt. In diesemSinne hatte der SSW auch seinen Ursprungsantrag für die heutige Debatte formuliert.Wir haben jedoch lernen müssen, dass nahezu alle Parteien des Deutschen Bundestages einesolche Forderung in Verbindung mit dem Staatsziel Kultur aus unterschiedlichen Gründenablehnen. Dies wurde auf einem Parlamentarischen Abend des Minderheitenrates in BerlinAnfang März deutlich. Ähnliches wurde uns auch von den Landtagsfraktionen signalisiert. Dashat uns natürlich nicht überrascht, weil diese Diskussion zumindest auf der Bundesebene völligneu ist und von vielen Bundestagsabgeordneten noch gar nicht richtig gewürdigt werden kann.Der Minderheitenrat und auch der SSW sehen es aber als wichtig an, dass die Debatte über denMinderheitenschutz auf Bundesebene wieder in Gang kommt. Dieses Ziel hatte der Vorstoß desMinderheitenrates, und ich glaube das ist zum Teil auch gelungen.Und nun zu dem vorliegenden Antrag: Ich hatte gehofft, dass wir uns schon heute auf einemgemeinsamen interfraktionellen Antrag zur Aufnahme eines eigenen Minderheitenartikels in dasGrundgesetz hätten einigen können, der sich auf einen ähnlichen Beschluss aus dem Jahre 1993 3berufen kann. Damit beweist der Schleswig-Holsteinische Landtag wieder einmal seinebesondere minderheitenpolitische Kompetenz und zeigt, dass wir jenseits von politischenAnsichten uns in dieser Frage parteiübergreifend einig sind. Wir haben unseren Ursprungsantragdeshalb zurückgezogen. Denn das übergeordnete Ziel der vier nationalen Minderheiten bleibt dieForderung nach einem eigenen Minderheitenschutzartikel in das Grundgesetz, derweitergehende und konkretere Rechte zusichern würde. Leider hat mir die CDU-Fraktionmitgeteilt, dass sie weiteren Beratungsbedarf hat, daher ist heute zu keinem interfraktionellenAntrag gekommen. Ich hoffe, dies geschieht in einem zweiten Anlauf und bitte um dieÜberweisung unseres Antrages in den zuständigen Europaausschuss.