Klaus Müller zu den Auswirkungen der Sparankündigungen der Landesregierung
PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 1 – Auswirkungen der Sparankündigungen Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel der Landesregierung Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Telefax: 0431/988-1501 Dazu sagt der finanzpolitische Sprecher Mobil: 0172/541 83 53 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh.gruene-fraktion.de Klaus Müller: Nr. 150.06 / 22.03.06Vertrauen verspielt, Versprechungen gebrochen Niemand bestreitet, dass wir in Schleswig-Holstein sparen müssen. Und der Ministerprä- sident hat absolut Recht, dass es „zum Sparen keine Alternative gibt“. Und deshalb hat die Grüne Landtagsfraktion vergangenes Jahr – anderes als die FDP – eine Reihe von Sparbeschlüssen mitgetragen. Ich erinnere an die Kürzungen bei der Heilfürsorge der Polizei, dem Landesblindengeld und die ursprünglichen Pläne zum Unterhaltsvorschuss- gesetz. Jetzt hat die Landesregierung neue Vorschläge auf den Tisch gelegt. Und die Menschen im Land fragen sich, welche Auswirkungen haben die neuen Ankündigungen der Landes- regierung? Sind sie wirklich „gerecht auf alle Schultern“ verteilt, wie die Landesregierung vergangene Woche behauptet hat? Und was hat die schwarz-rote Landesregierung zur Glaubwürdigkeit der Politik beigetragen? Auch unter Rot-Grün wurde der Kommunale Finanzausgleich gekürzt, das Urlaubsgeld gestrichen und das Weihnachtsgeld gekürzt. Und was sind wir dafür verdroschen wor- den! Seit ihrem Regierungsantritt kritisiert die CDU stellvertretend uns Grüne dafür, dass wir nicht genug gespart hätten. In Wirklichkeit haben sie uns als Opposition für jede Ein- sparung ohne Ende gegeißelt. Als Rot-Grün Personalausgaben gekürzt hat, wollte die CDU im Mai 2003 das Weih- nachtsgeld für Beamte noch in die monatlichen Zahlungen integrieren, damit es „nicht mehr der Beliebigkeit“ unterliegt, und das Urlaubsgeld sollte erhalten bleiben. Im Sep- tember 2003 hat Frau Schwalm dies vor den Demonstrationen von DGB und DBB noch mal bekräftigt. Und Herr Kayenburg hat Rot-Grün und Heide Simonis im Dezember 2002 für die Kürzungen als „schäbig“ beschimpft. Und heute? Ein Wort der Entschuldigung für ihre Entgleisungen – Fehlanzeige! Bezüglich der Kürzungen des Kommunalen Finanzausgleiches erinnere ich ebenfalls an die Ausführungen des damaligen CDU-Fraktionsvorsitzenden Kayenburg am 5. Mai 2000 vor dem Städtebund: „Ein Griff in die Taschen der Kommunen wie 1999/2000 darf nicht wieder stattfinden. (…) Dazu wird es von der CDU-Fraktion keine Zustimmung geben.“1/2 Oder fünf Tage später wieder Herr Kayenburg unter der Überschrift „Pepita bleibt Pepita“: „Um Haushaltslöcher zu stopfen, bedarf es sinnvollerweise des Sparens, wie Sie richtig erkennen. Es darf aber nicht zum Griff in fremde Kassen wie die der Kommunen kommen.“Woher kommt die Wut der Gewerkschaften und Beschäftigten gegen die neuen Sparpläne der Landesregierung? Nicht weil sie dies im Koalitionsvertrag explizit ausgeschlossen und vielen vie- les versprochen haben und der obligatorische Haushaltsvorbehalt eher wie das Kleingedruckte eines Versicherungsvertrages wirkt. Nein - hier im Landtag, am 1. September 2005, haben Sie, Herr Finanzminister Wiegard, ein Versprechen abgegeben. Sie haben hier im Plenum ausgeführt: „Wir fassen das Weihnachtsgeld nicht mehr an; denn wir sind nicht der Meinung, dass unsere Beamten zu viel verdienen.“In Ihrer ganzen Rede haben Sie nicht einmal einen „Haushaltsvorbehalt“ erwähnt. Kein Wort der Einschränkung. Ähnlich haben sich Minister Stegner am 29. September 2005 und Herr Lehnert sogar noch mal am 14. Dezember 2005 geäußert: „Außerdem kommt es zu keinen weiteren Kür- zungen beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld.“Sie haben die Menschen in Schleswig-Holstein getäuscht und deshalb sind sie so sauer und wü- tend oder um den Vorsitzenden der GdP, Herrn Malchow, zu zitieren: „Unser Ministerpräsident hat uns belogen und betrogen.“Wie werden es die KommunalpolitikerInnen empfinden, wenn sie die Kommunen in weitere Schulden treiben und dann Landesminister das Geld verteilen, was sie gerade ihnen genommen haben? Und das vor dem Hintergrund, dass das Land Dank der Mehrwertsteuererhöhung mit deutlichen Mehreinnahmen rechnen kann, während die Gemeinden durch das schwarz-rote Haushaltsbegleitgesetz Mindereinnahmen zu verkraften haben.Was sollen denn die Menschen in Schleswig-Holstein von ihren übrigen Zusagen und Verspre- chungen halten? Was ist die Aussage der stellvertretenden Ministerpräsidentin wert: „Es gibt kei- ne Kündigungen im öffentlichen Dienst.“? Steht die Landesregierung noch zum Sozialvertrag mit den Wohlfahrtsverbänden oder wird der nächste Woche aufgekündigt? Was ist mit der Kompen- sation der Kürzungen des Landesblindengeldes?Wer soll denn jetzt noch glauben, dass die Unterrichtsversorgung nicht beeinträchtigt werden wird? Gut und sinnvoll wäre es, wenn der großkoalitionäre Vorbehalt gegenüber einer umfassen- den Kreisreform fallen würde!Wir verstehen unsere Oppositionsrolle anders als die CDU. Wie schon beim Haushalt 2006 wer- den wir nach Vorlage aller Zahlen und Vorschläge wieder die Maßnahmen mittragen, die gerecht, nachhaltig und wirkungsvoll sind.Statt bei den Kommunen Geld einzusammeln, um damit den schuldenfinanzierten Schleswig- Holstein Fonds zu finanzieren, sollten sie aber besser ihren eigenen Fonds kürzen, statt in die Taschen Dritter zu greifen. Wir vermissen schmerzlich Initiativen, um die Besserverdienenden in unserer Gesellschaft angemessen zu beteiligen. Wenn parallel zu den Sparbeschlüssen nicht gleichzeitig auch die breiten Schultern durch eine deutlich höhere private Erbschaftssteuer oder eine Reform des Ehegattensplittings beteiligt werden, dann kann man nicht von „sozial ausgewo- genen Belastungen“ sprechen.Bisher hat die Landesregierung kein glaubwürdiges und wirkungsvolles Sparkonzept vorgelegt. Stattdessen hat sie das Vertrauen in eine große Koalition innerhalb nicht mal eines Jahres ver- spielt und ihre eigenen Versprechungen gebrochen. ***