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22.02.06
15:22 Uhr
SPD

Ulrike Rodust zu TOP 5: Zahlreiche familienfreundliche Vorhaben sind auf den Weg gebracht

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 22.02.2006 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 5: Vorfahrt für Kinder – Familienförderung weiter entwickeln (Drucksache 16/558)

Ulrike Rodust:

Zahlreiche familienfreundliche Vorhaben sind auf den Weg gebracht

Statt immer neuer Anträge und Initiativen schlägt Ulrike Rodust vor, erst ein- mal alle Berichte abzuwarten und dann zusehen, welche konkreten familien- politischen Maßnahmen sich daraus ergeben. „Wenn die Rahmenbedingun- gen stimmen, werden sich wieder viel mehr Frauen und Männer für Kinder und Familie entscheiden, ist die Abgeordnete überzeugt. Sie nennt zahlreiche Vorhaben, die unter Mitwirkung der SPD in die Wege geleitet wurden, um Kinder und Familien zu fördern und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für beide Elternteile zu ermöglichen.

Die Rede im Wortlaut: Ein Blick in die Medien zeigt: Familienpolitik ist hoch im Kurs. So etwas birgt regelmäßig die Gefahr, dass es sich um ein Strohfeuer handelt. Und dieser Verdacht wächst, wenn ich mir die plötzliche Überaktivität im Hause anse- he. In den vergangenen Wochen sind viele Initiativen auf den Weg gebracht worden: In der 13. Tagung wird die Regierung über ihre familienpolitischen Aktivitäten berichten. Im Sozialausschuss wurde ein Berichtsantrag über die Vermeidung gesundheitlicher Schäden und Gesundheitsstörungen bei Kin- dern beschlossen, der natürlich auch die Familie umfasst. Die CDU hat eine


Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



Große Anfrage zur Familienpolitik in Schleswig-Holstein eingebracht. Die GRÜNEN haben nun für die 14. Tagung ebenfalls einen Bericht beantragt.

Liebe Kollegen und Kolleginnen, wenn wir unsere eigenen Berichtsanträge ernst nehmen und sie nicht als Beschäftigungstherapie für die Verwaltung be- trachten, sollten wir doch erst einmal alle Berichte abwarten und dann sehen, welche konkreten Maßnahmen sich daraus ergeben.

Der Antrag gibt mir die Gelegenheit, einige Grundzüge unserer Familienpoli- tik darzulegen: Deutschland hat zu wenige Kinder. Wir verzeichnen eine hohe Kinderlosigkeit vor allem der besser gebildeten Männer und Frauen, und wir stellen auch einen negativen Rekord auf, was Familien mit mehreren Kindern angeht, eine bei uns fast aussterbende Form der Familie. Unser Land ist nicht kinderfeindlich, es ist kinderentwöhnt.

Unsere Gesellschaft und immer mehr junge Frauen und Männer halten Kin- der nicht mehr für einen unverzichtbaren Bestandteil des Lebens. Zugleich ist die Familie für die meisten Menschen der wichtigste Bereich im Le- ben, in dem sie Rückhalt und Zuwendung finden.

Völlig klar: Eine Entscheidung gegen Kinder muss respektiert werden, und die schrecklichen Vorfälle der letzten Zeit müssen uns deutlich machen, dass einem Kind nichts Schlimmeres passieren kann, als ungewollt und ungeliebt geboren zu werden und schließlich auch materiell und seelisch unversorgt und misshandelt aufwachsen zu müssen.

Aber die Entscheidung für Kinder darf nicht daran scheitern, dass die von der Gesellschaft zu schaffenden Rahmenbedingungen nicht da sind. -3-



Im „Spiegel“ las ich, sechs junge CDU-Bundestagsabgeordnete setzten sich wieder für das alte, traditionelle Bild der Familie ein. Dazu sage ich: Meine Herren, dass ist mit uns, den SPD-Frauen, nicht möglich. Wir wollen beides; wir wollen Zeit haben für unsere Kinder und wir wollen Beruf und Familie in eine gute Balance bringen.

Die SPD-Fraktion verfolgte in der rot-grünen ebenso wie in der Großen Koali- tion erfolgreich das Ziel, den Ausbau einer quantitativen und qualitativen Kinderbildung und -betreuung voranzubringen. Wir reden nicht nur dar- über, wir handeln auch und zwar mit einer Mischung aus familienfreundlicher Infrastruktur, zeitlichen Möglichkeiten und finanziellen Rahmenbedingungen.

Wir setzen uns gemeinsam mit starken Partnern aus Wirtschaft, Verbänden und Wissenschaft für eine familienbewusste Arbeitswelt ein. Ihr Eckpfeiler ist ein gutes Angebot an Kinderbetreuung. Das Tagesbetreuungsausbauge- setz soll bis 2010 230.000 zusätzliche Plätze für unter Dreijährige in Krippen und bei der Tagespflege schaffen. Wir haben die notwendige Qualitätsinitiati- ve für Betreuungseinrichtungen gestartet, der Dreiklang aus Bildung, Betreuung und Erziehung steht im Mittelpunkt. Diese Ziele sind auch im „Nationalen Aktionsplan für ein kindergerechtes Deutschland 2005-2010“ verankert und seit Jahren im schleswig-holsteinischen KiTa-Gesetz festge- schrieben. Der Aktionsplan hat nichts von seiner Aktualität eingebüßt und zu Recht seinen Platz im Koalitionsvertrag gefunden.

Die Verbindung von Elterngeld und mehr Kinderbetreuung wird eine drasti- sche Senkung von Familienarmut ermöglichen. Wenn junge Frauen nach der Geburt eines Kindes zunächst für ein Jahr ausscheiden, das Elterngeld den Einkommenseinbruch auffängt und sie danach eine gesicherte und be- zahlbare Kinderbetreuung vorfinden, wird es viel weniger Familien geben, die -4-



von nur einem Einkommen oder nur aus Transfermitteln leben müssen. Das ist das Ziel.

Durch die Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten wird ein Hemmnis beim Wiedereinstieg junger Eltern, insbesondere Mütter, in den Beruf gemildert. Diese Maßnahme trägt auch zu unserem Ziel bei, die Anreize zur Erwerbs- tätigkeit von Müttern zu stärken. Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit muss gerade auch für geringer Verdienende, darunter sind häufig Alleiner- ziehende, attraktiver werden. Wenn sie die Betreuungskosten für ihre Kinder von Anfang an steuerlich absetzen können, lohnt sich eine Erwerbstätigkeit eher, als wenn der größte Teil des Gehaltes unwiederbringlich in die Kinder- betreuung fließt.

Wenn wir Beitragsfreiheit für Kindertagesstätten, übrigens eine alte SPD-Initiative, anstreben, wäre das ein weiterer wichtiger familien- und bil- dungspolitischer Schritt, eine konsequente Verbindung von Bildung und Betreuung. Die Finanzierung kann nur durch eine gemeinsame Anstrengung von Bund, Ländern und Kommunen gelingen. Aber wir müssen ehrlich sagen, dass dies angesichts der Verschuldung unseres Landes aktuell nicht realis- tisch ist.

Und trotzdem gewährt das Land den Trägern von Kindertageseinrichtungen und Tagespflegestellen pauschale Zuschüsse. Insgesamt sind für 2006 bis 2010 300,0 Mio. € eingeplant. Für die vorschulische Sprachförderung werden in diesem Zeitraum insgesamt 27,0 Mio. € veranschlagt. Dies ist eine gewal- tige Kraftanstrengung, doch wir werden dieses umsetzen. -5-



Da sind vorläufig Wünsche für den beitragsfreien Kindergarten nicht realisier- bar. Zumindest kann ich nicht erkennen, woher das Land den Eigenanteil, der vom Bund automatisch gefordert würde, aufbringen soll.

Kinder, die heute in Armut leben, bleiben arm und auch ihre Kinder werden arm sein. Das geht aus der neuesten Studie der Arbeiterwohlfahrt über Kin- derarmut in Deutschland hervor. Aus dem Kreislauf von Armut durch Ein- kommensbenachteiligung sowie verminderte Bildungschancen ist nur schwer zu entkommen.

Die Armut und ihre Folgen haben sich verfestigt, der Gesundheitszustand der Kinder oft verschlechtert und aus den Einzelgängern, die häufig bereits im Kindergarten arme Kinder waren, sind in der Grundschule Außenseiter ge- worden. Aus der Armutsfalle auszubrechen gelingt nur selten, weil auch die Bildungschancen armer Kinder deutlich geringer sind – auch dies trägt zu den PISA-Ergebnissen bei.

Haushaltskürzungen kann es hier nicht geben: Um den Lehrerbedarf zu decken und um Verbesserungen im Unterrichtsangebot zu ermöglichen, wer- den wir auch in den nächsten Jahren neue Lehrerstellen schaffen.

Der Staat kann nur die Mittel verteilen, die ihm auch zur Verfügung stehen. Der Antrag von Bündnis 90/GRÜNEN ist interessant, und wenn ich nicht schon länger hier im Landtag sitzen würde, wäre ich sicher auch beeindruckt. Doch nun stelle ich nur fest: Er ist überaus populistisch. Ihre Feststellung in Ihrem Antrag, liebe Kollegen und Kolleginnen von Bündnis 90/Die Grünen „dass Schleswig-Holstein erheblichen Nachholbedarf bei der institutionellen Kinderbetreuung hat“, werden wir nach den Berichten beurteilen und nicht jetzt. -6-



Aus der Opposition heraus kann man leicht Forderungen stellen, die nicht bis in Detail ausgefeilt sind. In Koalitionen werden Kompromisse ge- macht, dass wissen wir alle nur zu gut. Kompromisse verdammen nicht zum Nichtstun, und deshalb können wir Sie, liebe Kollegen und Kolleginnen von Bündnis 90/DIE GRÜNEN, von Ihrer Verantwortung nicht entbinden. All diese Forderungen, die Sie in den letzten Wochen auf den Tisch gelegt haben, hät- ten Sie, als Sie verantwortlich waren, durchsetzen können. Sie haben noch nicht einmal den Versuch gemacht. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.

Wir haben uns für die nächsten Jahre in der Familienpolitik viel vorgenom- men, etliches ist schon auf den Weg gebracht, anderes wird folgen. Und am Ende des Weges, davon bin ich überzeugt, wird dieses Land eine Familien- politik haben, die nicht nur eine sozialdemokratische Handschrift trägt, son- dern auch eine für junge Menschen attraktive Form hat. Wenn die Rahmen- bedingungen stimmen, werden sich wieder viel mehr Frauen und Männer für Kinder und Familie entscheiden, davon bin ich überzeugt.