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10.02.06
11:50 Uhr
B 90/Grüne

Klaus Müller zur den Unterschieden zwischen BID und PACT

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Stellv. Pressesprecher Dr. Jörg Nickel Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Telefax: 0431/988-1501 Mobil: 0178/28 49 591 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de
PACT-Gesetz: Internet: www.sh.gruene-fraktion.de

kompliziert und umständlich Nr. 081.06 / 10.02.06


Zu den Unterschieden des Grünen BID-Gesetzesentwurfes (Drs. 16/246) und dem angekün- digten PACT-Gesetzesentwurf der Landesregierung erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Klaus Müller:
Die schleswig-holsteinischen Innenstädte warten dringend auf ein wirkungsvolles Instrument, um den Einzelhandel in der City zu beleben. Um dieses schnell und gut zu ermöglichen hat die Grüne Landtagsfraktion im September 2005 einen Gesetzesentwurf für die Einführung eines BID, „Business Improvement District“ bzw. „Bündnis für Innovation und Dienstleistun- gen“, in den Landtag eingebracht. Damit wollten wir die Diskussion anregen und den politi- schen Entscheidungsweg beschleunigen.
Innenminister Ralf Stegner hat mehrfach angekündigt, mit seinem Gesetzesentwurf und der Wortneuschöpfung „PACT“ eine bessere Variante vorlegen zu wollen. Auf die endgültige Fassung warten wir, und vor allem die Einzelhändler in Kiel, Flensburg, Lübeck, Neumünster und vielen weiteren Städten, aber bisher vergeblich.
Nach intensiver Prüfung und mehreren Gesprächen kommen wir zum Ergebnis, dass die bisher bekannten Vorschläge der schwarz-roten Landesregierung komplizierter und ineffi- zienter sind als der am Hamburger Vorbild orientierte Grüne Vorschlag.
Wo liegen die wichtigsten Unterschiede?
1.) Unterschiede bei den Antragsquoren Im Grünen Gesetzesentwurf reichen 15 Prozent der GrundstückseigentümerInnen mit 15 Prozent der Gesamtfläche des BID-Bereiches aus, um den Antrag auf eine BID-Satzung bei der Kommune zu stellen. Der Innenminister sieht ein Mindest-Quorum von 25 Prozent der GrundstückseigentümerInnen, der Erbbauberechtigten, der Gewerbetreibenden und der frei- beruflich Tätigen vor. Begründet wird diese Ausweitung der Abgabepflichtigen mit dem Son- dervorteil.
1/3 Auf den ersten Blick mag das demokratischer aussehen, die Antragstellung wird aber da- durch ganz erheblich erschwert. Nicht nur das Quorum für den Start der Initiative ist höher, die Basis ist deutlich ausgeweitet. Es gibt sicher fünfmal soviel Gewerbetreibende und freie Berufe wie Grundstückseigentümer in einem PACT-Gebiet.
2.) Unterschiede bei den Widerspruchsquoren Das Widerspruchsquorum ist mit mindestens einem Drittel der Eigentümer und mit einem Drittel der Grundstückflächen im Grünen Entwurf, bzw. einem Drittel der im Stegner-Entwurf genannten Personen nominell gleich, bezieht sich aber auf wesentlich mehr Personen.
Ein PACT kann also scheitern, wenn zwar eine große Mehrheit der GrundeigentümerInnen und der Gewerbetreibenden für die Satzung ist, aber mehr als 50 Prozent der freiberuflich Tätigen widersprechen. Damit wäre das PACT gescheitert.
3.) Unterschiede bei den Bemessungsgrundlagen für die Beiträge Wir schlagen einen Aufschlag zur Grundsteuer der Liegenschaften im BID-Bereich vor. Das ist gut umsetzbar, weil eben auch nur die GrundstückseigentümerInnen betroffen sind.
Dagegen lässt der Stegner-Vorschlag alles offen. „Die Abgabe ist nach festen Verteilungs- maßstäben von den Abgabepflichtigen zu erheben“ (Paragraf 3 Abs. 3). Der Gesetzesent- wurf gibt keine Bemessungsgrundlage der Abgabe und natürlich auch keine Höhe vor. Das wird dann von der Kommune im Rahmen ihrer Satzungsgewalt zu regeln sein. In der Erläute- rung heißt es dazu: „Verteilungsmaßstäbe sind insbesondere die Art und das Maß der bauli- chen und sonstigen Nutzung des Grundstücks, der Umsatz, die Grundstücksflächen oder die Grundstücksbreite“.
Damit sind Streitpunkten zwischen GrundstückseigentümerInnen, EinzelhändlerInnen und freien Berufen vorprogrammiert. Welche Maßstäbe sollen es denn sein, der Umsatz, der Gewinn, die Nutzfläche, die Gesamtfläche, die Gebäudehöhe, die Grundstücksbreite oder die Schaufensterfläche? In der Anhörung zu dem Gesetzesentwurf wird die Bezugsgröße für die zu leistenden Beiträge der BID-TeilnehmerInnen sicher eine große Rolle spielen.
4. Unterschiede bezüglich der Einbeziehung privater Mietverhältnisse Der Grüne Gesetzesentwurf beinhaltet eine Regelung (Paragraf 7, Abs. 7), dass bestehende private Mietverhältnisse nicht von der BID-Umlage belastet werden sollen. In Ausnahmefällen sollen es maximal 50 Prozent sein, da in der Regel die BID-Maßnahmen auf eine Verbesse- rung des gewerblichen Umfeldes zielen. Gegebenenfalls ist hierzu eine landesrechtliche Er- mächtigung im Bundesrecht notwendig.
Der Stegner Vorschlag berücksichtigt dieses Problem leider nicht. Zur Akzeptanzverbesse- rung und aus Gerechtigkeitsgründen sollten private Mietverhältnisse anders als gewerbliche behandelt werden. 5. Unterschiede bei der Betonung der Hoheit über den öffentlichen Raum Der Grüne Gesetzesentwurf regelt ausdrücklich (Paragraf 2, Abs. 4), dass die Hoheit über den öffentlichen Raum bei den Kommunen verbleibt. Damit wirken wir den Vorbehalten ent- gegen, dass private Sheriffs ohne weiteres Personen vertreiben könnten.
Der Gesetzentwurf des Innenministers formuliert hier (Paragraf 2, Abs. 3) wesentlich vorsich- tiger und zurückhaltender. Da es in privaten Einkaufszentren bereits negative Erfahrungen gegeben hat, sollte im Gesetz klar geregelt werden, dass auch der BID-Bereich wie bisher ein öffentlicher Raum ist und bleibt.


Kritik an dem Stegner-Entwurf kommt nicht nur von der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Der Kieler IHK-Arbeitskreis Immobilienwirtschaft bescheinigt dem Gesetzesentwurf Praxisfremdheit. Bemängelt werden die Einbeziehung der Gewerbetreibenden und Freiberuf- lerInnen und die hohen Zugangsbarrieren. Die Vereinigung der IHKs in Schleswig-Holstein teilt diese Kritik, auch weil die Gewerbetreibenden und FreiberuflerInnen einer hohen Fluktu- ation unterworfen sind. Gefordert wird die Übernahme des Hamburger BID-Gesetzes, woran sich auch der Grüne Gesetzesentwurf orientiert hat. Kritik kommt vom Elmshorner Stadtmar- ketingverein, der Wirtschafts- und Mittelstandsvereinigung der CDU in Schleswig-Holstein und der Kieler Oberbürgermeisterin.
Wir haben die Hoffnung auf eine wirtschaftsfreundliche Regelung nicht aufgegeben und schlagen deshalb vor, dass die Zuständigkeit vom Innen- auf das Wirtschaftsministerium ü- bergeht.
Wir sind bereit, einer sinnvollen Gesetzesvorlage zum BID zuzustimmen. Sie muss nur pragmatisch und handhabbar sein. Viele Städte wie Kiel, Lübeck, Flensburg, Neumünster und Elmshorn warten auf dieses Signal.


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