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26.01.06
12:25 Uhr
B 90/Grüne

Anne Lütkes zur elektronischen Fußfessel für Hassprediger

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort Claudia Jacob Landeshaus TOP 15 – Keine elektronische Fußfessel für Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Hassprediger Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Dazu sagt die Fraktionsvorsitzende Telefax: 0431/988-1501 von Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172/541 83 53 Anne Lütkes: E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh.gruene-fraktion.de

Nr. 044.06 / 26.01.06

Ab ins Mausoleum für krude politische Vorschläge!
Der Vorschlag des niedersächsischen Innenministers Schünemann, sogenannte Hass- prediger durch eine elektronische Fußfessel zu überwachen, ist selbst bei seinen Partei- freunden auf höchst gedämpfte Begeisterung gestoßen, um es mal vorsichtig auszudrü- cken. Offensichtlich wurde das Nachrichtenloch in den Winterferien genutzt, um ein Fo- rum für eine wenig durchdachte politische Maßnahme zu finden. Es wundert mich, dass die FDP diesen Vorschlag noch adelt, indem sie ihn in den Schleswig-Holsteinischen Landtag holt, natürlich um ihn zu verurteilen. Oder wollen sie ein wenig die Koalition är- gern?
Der Einsatz von sogenannten elektronischen Fußfesseln findet derzeit nur in Hessen statt. Dort war er als Ersatz für eine Haftstrafe gedacht, entwickelt sich aber faktisch zu einem dritten Sanktionsmittel zwischen der Freiheits- und Bewährungsstrafe. Ob diese Möglichkeit kriminalpolitischen Erfolg zeigt, ist bekanntermaßen höchst fraglich.
Die elektronische Fußfessel erwirkt eine tiefegehende Kontrolle des Privatlebens der Ü- berwachten. Aber nicht nur der Überwachten selber, auch die Haushaltsangehörigen werden von der Überwachung erfasst. Auch in ihre informationelle Selbstbestimmung wird tief eingegriffen. Es ist grundsätzlich problematisch, ob die elektronische Fußfessel verfassungsgemäß ist. Wir lehnen das Instrument der Fußfessel daher grundsätzlich ab.
Der niedersächsische Innenminister will die Voraussetzungen für die Fußfessel im Aus- länderrecht festschreiben. Heißt das, dass mit deutschem Pass der Hass weniger häss- lich oder gefährlich wäre?
1/2 Es bleibt offen, an welche rechtsstaatlich belastbaren Voraussetzungen der elektronische Hausarrest geknüpft werden soll. Eine Legaldefinition des Begriffes „Hassprediger“, die dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot entspricht, kann ich mir nicht vorstellen. Wer durch sein Handeln Strafnormen verletzt, wird entsprechend verfolgt und nach den Regeln des Strafrechts gegebenenfalls mit einem Freiheitsentzug bestraft.
Eine freiheitsbeschränkende Maßnahme aufgrund einer Gesinnung oder aufgrund von Handlungen, die als nicht strafwürdig angesehen werden, ist mit uns nicht zu machen.
Die Sicherheit ist eher durch das gefährdet, was in den Köpfen dieser Menschen und ih- rer AnhängerInnen vorgeht, nicht durch die Tatsache, dass sie ihre Füße irgendwo hin- setzen.
Es ist meines Erachtens höchst weltfremd, zu glauben, einen Agitator des Hasses durch Hausarrest bändigen oder gar überwachen zu können. Ein Meinungsführer wird andere Mittel finden, seine Botschaft unter das Volk zu bringen. Und letztendlich entsteht Gefahr für andere nur dann, wenn die Botschaften radikaler HeilsbringerInnen auf fruchtbaren Boden fallen. Hier müssen wir ansetzen: Die Jugendlichen durch Teilhabe und Lebens- perspektive vom Wert der freiheitlichen Demokratie überzeugen, und islamistische Straf- täterInnen mit den Mitteln des Strafrechts bekämpfen.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir sollten dem Vorschlag aus Niedersachen einen an- gemessenen Platz im Mausoleum für krude politische Vorschläge einräumen und ihn dort in Frieden ruhen lassen.

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