Wolfgang Kubicki: "Der gläserne Bürger soll damit in die Telekommunikation einziehen"
FDP Landtagsfraktion Schleswig-HolsteinPresseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Nr. 021/2006 Vorsitzender Dr. Heiner Garg, MdL Stellvertretender Vorsitzender Kiel, Mittwoch, 25. Januar 2006 Dr. Ekkehard Klug, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Sperrfrist: Redebeginn Günther Hildebrand, MdLEs gilt das gesprochene Wort!Innen/RechtWolfgang Kubicki: „Der gläserne Bürger soll damit in die Telekommunikation einziehen“ - Richtlinie zur Speicherung von Telekommunikationsdaten verstößt gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts -In seinem Redebeitrag zu TOP 7 (EU-Vorratsdatenspeicherung) erklärte der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki:„„T-Online darf nur für Rechnung nötige Verbindungsdaten speichern“ war heute die Überschrift einer dpa-Meldung über die Entscheidung des Landgerichts Darmstadt zur notwendigen Erfassung und Speicherung von Verbindungsdaten im Internet. Das Gericht entschied, dass T-Online künftig die bei jeder Einwahl neu vergebene Internet-Adresse eines Kunden sofort nach dem Ende der Verbindung zu löschen hat.Das Europäische Parlament hat sich entschieden, dass dies künftig anders werden soll.Am 14. Dezember letzten Jahres folgte das Europäische Parlament dem Vorstoß der Justizminister der Mitgliedstaaten und beschloss die Richtlinie zur Ausdehnung der Telekommunikationsüberwachung.Nach dieser Richtlinie sollen künftig Telekommunikationsanbieter in den Mitgliedstaaten gezwungen werden, die elektronischen Spuren der Nutzer mindestens sechs bis 24 Monate aufzubewahren – egal ob es hierzu einen konkreten Anlass gibt oder nicht. Betroffen sind damit alle Bürgerinnen und Bürger Europas, die regelmäßig telefonieren, SMS versenden und das Internet nutzen.Der gläserne Bürger soll damit Einzug in die Telekommunikation nehmen. Die Unschuldsvermutung soll in Europa zum Generalverdacht mutieren.In Deutschland war diese Diskussion nicht neu. Schon Ex-Bundesinnen- minister Schily wollte im Frühjahr 2005 eine 12-monatige Speicherfrist aller Telekommunikationsdaten einführen und scheiterte am Widerstand des Bundestages und auch weiten Teilen seiner eigenen Fraktion. Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, 1 Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ Nun hat die alte und neue Bundesjustizministerin im Bunde mit den Soziallisten und den Konservativen im Europäischen Parlament Schilys Wunsch nachträglich durch ihre Zustimmung zur Telekommunikations- überwachungsrichtlinie nahezu vollendet.Es gab gute Gründe bereits gegen die Pläne von Schily zu sein. Diese gelten genauso für die Richtlinie der EU fort. Eine umfassende Vorratsdatenspeicherung erscheint weder rechtlich, wirtschaftlich noch vom kriminalistischen Standpunkt aus sinnvoll. Sie setzt die Unschuldsvermutung, eine Säule des deutschen und europäischen Rechtsverständnisses, außer Kraft:Jeder Bürger gilt gleichsam als schuldig, bis seine Unschuld erwiesen wird! In einem Europa der Rechtsstaatlichkeit ist dies nicht hinnehmbar. Hinzu kommt, dass diejenigen, gegen die die Maßnahmen ergriffen werden sollen, diese einfach umgehen können, indem sie beispielsweise einen außereuropäischen Provider wählen oder statt vom Festnetz aus Telefonzellen anrufen.Gesetzestreue Bürgerinnen und Bürger hingegen sind das Opfer einer ungerechtfertigten Überwachungskampagne.Wir glauben nicht, dass durch die einschneidenden Maßnahmen überhaupt ein Erfolg im Kampf gegen den Terrorismus oder die organisierte Kriminalität herbeigeführt wird.Für die Aufklärung der Attentate in Madrid 2004 jedenfalls wäre eine Verlängerung der Speicherdauer unerheblich gewesen: die getätigten Anrufe fanden am selben Tag statt.Die Kosten, die durch die Speicherung der Daten entstehen werden, sind ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Und letztlich wird einmal mehr der Verbraucher diese Kosten zu tragen haben.Auch wird es unmöglich sein, die enorme Datenmenge zeitnah auszuwerten und den Sicherheitsbehörden zuzuleiten. Aus diesem Grund haben im Übrigen sogar die USA in Reaktion auf die Terroranschläge vom 09. September 2001 eine anlassbezogene Datenspeicherung für ausreichend und angemessen gehalten.Die amerikanische Regierung unter George Bush zeigt sich in diesem Fall sogar liberaler als deutsche Sozialdemokraten und Christdemokraten im Europäischen Parlament. Das an sich ist ja auch schon einmal eine Feststellung wert.Auch wir als Parlamentarier müssen uns die Frage stellen, inwieweit wir in unserer unabhängigen Arbeit durch die Pflicht zur Speicherung unserer Telefon- und Internetdaten beeinträchtigt werden können.Was ist mit Menschen, die sich anonym an uns wenden, um Missstände anzusprechen? Werden die dann erfasst?Was ist mit Journalisten und Rechtsanwälten? Telefonate mit Mandanten und Informanten – wenn auch nur die Verbindungsdaten und nicht die Gesprächsinhalte - werden dann erfasst. Das kann so nicht sein.Wir gefährden damit das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandanten und den unabhängigen Journalismus. Die Cicero-Affäre lässt grüßen.Schließlich verstößt die Richtlinie zur Speicherung von Telekommunikationsdaten gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Sie darf daher nicht in nationales Recht umgesetzt werden.“ Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, 2 Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/