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25.01.06
10:29 Uhr
FDP

Wolfgang Kubicki zur Föderalismusreform

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Nr. 016/2006 Vorsitzender Dr. Heiner Garg, MdL Stellvertretender Vorsitzender Kiel, Mittwoch, 25. Januar 2006 Dr. Ekkehard Klug, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Sperrfrist: Redebeginn Günther Hildebrand, MdL
Es gilt das gesprochene Wort!
Föderalismusreform
Wolfgang Kubicki zur Föderalismusreform In seinem Redebeitrag zu den TOP 8 und 14 (Föderalismusreform), erklärte der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki:
„Im Spätsommer 2003 wurde eine Kommission zur Reform des deutschen Föderalismus eingesetzt. Man hatte erkannt: Das Loblied auf das Modell Deutschland und seine politischen Erfolge mit konsensorientierten Verhandlungslösungen war verklungen. Zu unbeweglich schien das Land, zu hartnäckig widersetzten sich verschiedenste Interessen dem Wandel, der angesichts
- anhaltender ökonomischer Probleme, - fortschreitender europäischer Integration und - globalisierter Weltwirtschaft
nahezu einhellig als prinzipiell notwendig erachtet wurde.
Insbesondere die Landesparlamente standen vor der Herausforderung, zum ersten Mal als Sieger aus politisch-strukturellen Veränderungen hervorgehen zu müssen.
Und wir erinnern uns nicht zuletzt an das Bekenntnis aller Landtage zum Föderalismus und zur Subsidiarität mit dem Ziel, die Landesparlamente zu stärken – so wie es in der Lübecker Erklärung der deutschen Landesparlamente vom Föderalismuskonvent vom 31. Mai 2003 nachzulesen steht.
Wir selbst haben noch am 12. November 2004 hier in diesem Hause über die Föderalismusreform debattiert. Wir haben einen gemeinsamen Antrag verabschiedet, der auf die Notwendigkeit für eine Föderalismusreform hinweist.
Das alles fand letztlich kein Gehör.



Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, 1 Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ Am 17. Dezember 2004 scheiterten um 15.45 die Verhandlungen der damaligen Kommission zur Reform des deutschen Föderalismus. Es wurde vor den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein, in Nordrhein-Westfalen und vor der Bundestagswahl damit die wohl einschneidenste Reform des deutschen Staatswesens seit 1969 zunächst beerdigt.
Die Probleme sind aber geblieben. Auch weiterhin haben wir das für die Bürgerinnen und Bürger nur schwer durchschaubare Wirrwarr in den Systemen
aus Mischverwaltung und Mischfinanzierung, in der konkurrierenden Gesetzgebung und den Zustimmungserfordernissen im Bundesrat.
Gerade Letzteres ist ja immer wieder im Vorwege zu Wahlen als Blockadeinstrument genutzt worden.
So ist es kein Wunder, wenn vermehrt Diskussionen um den Zusammenschluss ganzer Bundesländer – Stichwort Nordstaat - und um die Existenzberechtigung der Landesparlamente entstehen. Diese Diskussionen begründen sich nicht nur in der schlechten Lage der öffentlichen Haushalte, sondern in dem für die Bürgerinnen und Bürger immer schwerer erkennbaren Aufgabenprofil der Länder.
Hierzu bedarf es klarer Abgrenzungen. Es bedarf klarer gesetzgeberischer Zuständigkeiten und finanzieller Kompetenzen und nur im Ausnahmefall, etwa im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip oder auf die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik darf es erlaubt sein, von klaren Zuständigkeiten abzuweichen.
Daher war es richtig, den Prozess für eine Reform des deutschen Föderalismus wieder aufzurollen, wie es unter anderem auch die große Koalition in Berlin beschlossen hat.
Die große Koalition hat Ende letzten Jahres ihre Leitlinien für eine solche Reform abgesteckt. Die Ergebnisse der Koalitionsarbeitsgruppe zur Föderalismusreform mit den altbekannten Akteuren Müntefering und Stoiber liegen vor.
Sie haben teilweise sinnvolle Vorschläge unterbreitet; allerdings auch Vorschläge, über deren Sinn oder Unsinn man streiten kann. Am Ende, so hoffen wir, steht dann ein Modell, welches klar herausstellt, wer, ob Bund oder Land, künftig welche Gesetzgebungskompetenzen bekommt, und wie sich die Einnahmen in der Bundesrepublik auf Bund, Länder und Kommunen verteilen – die wohl heikelste Frage der gesamten Reform.
Die große Koalition hat im Bereich der Gesetzgebungskompetenzen ein teilweise neues Modell entwickelt.
Bisher gab es in der Verfassung
die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes oder der Länder, die Rahmengesetzgebung und die konkurrierende Gesetzgebung.
Das Modell von Minister Müntefering und Ministerpräsidenten Stoiber verzichtet nun in Gänze auf die Rahmengesetzgebung. Sie wird abgeschafft, das ist positiv.
Dafür wird aber als Neuheit die so genannte „abweichende Gesetzgebung“ präsentiert.
Diese funktioniert so:
Wenn der Bund in bestimmten Bereichen von seiner Gesetzgebungsbefugnis Gebrauch gemacht hat, sollen die Länder hiervon abweichende Regelungen treffen können, Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, 2 Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ Das gilt beispielsweise für:
- die Hochschulzulassung und der Hochschulabschlüsse, - die Raumordnung, - das Jagdwesen, - und auch den Naturschutz und die Landschaftspflege, die Bodenverteilung und den Wasserhaushalt, soweit es sich nicht um stoff- oder anlagenbezogene Regelungen handelt.
Dieses neue Modell ist zwar aus unserer Sicht ein Fortschritt zu der bisherigen Rahmengesetzgebung, weil die Länder sich eben im Zweifel nicht an einen vorgegebenen „Rahmen“ des Bundesgesetzgebers halten müssen.
Man darf sich aber dennoch fragen, welchen Sinn es machen soll, auf Bundesebene Regelungen zu erlassen, die die Länder im Zweifel durch eigene Regelungen ersetzen können. Bundesumweltminister Gabriel kann also zwar sein lang ersehntes Bundesumweltgesetzbuch erlassen. Die Länder dürfen es trotzdem ignorieren und eigene Regelungen treffen.
Warum konnte man sich nicht dazu durchringen, die Kompetenzen gleich in die Zuständigkeit der Länder oder des Bundes zu übertragen?
Diese Frage gilt es noch zu beantworten und wir dürfen gespannt sein, welche Position unsere Landesregierung hierzu vertritt.
In den Bereichen, in denen man sich in Berlin anscheinend für klare Gesetzgebungskompetenzen für den Bund oder die Länder entschieden hat, gibt es noch ausreichend Zündstoff.
Das gilt beispielsweise für den Bereich der Innenpolitik.
So hat der Landtag erst im Dezember auf Initiative von FDP und Grünen beschlossen, es aus guten Gründen bei der Bundeskompetenz bei den Regelungen zum Strafvollzug zu belassen.
Viel interessanter und wohl auch problematischer wird es aber bei der Frage des Beamtenrechts:
Die große Koalition in Berlin will die einheitlichen Regelungen des Beamtenrechts aufgeben und an die Länder übertragen. Die Landesregierung in Schleswig-Holstein sieht das anders.
So konnten wir lesen, dass sich der Innenminister wie auch der Ministerpräsident einig waren in der Frage der künftigen Regelung des Beamtenrechts. Beide wollen, dass die Beamtenbesoldung weiterhin bundeseinheitlich geregelt wird und wir stimmen ihnen ausdrücklich zu.
Es ist in der Tat so, dass eine Länderkompetenz in der Frage der Beamtenbesoldung zu einem negativen Wettlauf mit niedriger Besoldung, längeren Arbeitszeiten etc. bei den ärmeren Ländern einsetzen würde, während die reichen Bundesländer die besten Beamten für sich abwerben könnten. Wir sind skeptisch, ob dieser Weg wirklich der richtige ist, weil er unmittelbar mit der Qualität staatlichen Handelns verbunden ist. Hier verdient der Aspekt der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland durchaus Beachtung, wenn es darum geht, dass in allen Bundesländern eine ausgeglichen hohe Qualität bei den Beamten beispielsweise bei den Lehrern und der Polizei vorgehalten wird.
Tür- und Toröffner für diese unsägliche Debatte und den Wettbewerb um weniger Leistungen bei den Beamten, man kann es gar nicht oft genug wiederholen, war die SPD geführte Landesregierung mit dem damaligen Finanzminister Stegner, die die Öffnungsklausel beim Weihnachts- und Urlaubsgeld quasi erfunden haben.
Insofern erfreut uns außerordentlich dieser Sinneswandel bei Minister Stegner.
Er geht aber sogar noch weiter. Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, 3 Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ Kaum ist der Ministerpräsident zu Besuch bei der Dänischen Königin und der Innenminister allein zu Hause diktiert Minister Stegner der Presse in die Blöcke, dass er die Zustimmung zum gesamten Föderalismuspaket an dieser Frage scheitern lassen will.
Und hier wird es Interessant. Während der Innenminister tatsächlich klare Konsequenzen aus einer klaren Position ziehen will, eiert der Ministerpräsident herum. Er sei zwar mit Stegner in der Sache einer Meinung will aber an der Frage der Beamtenbesoldung die Föderalismusreform nicht scheitern lassen.
Was gilt denn nun?
Eine weitere heikle Frage betrifft den künftigen Status des Berufsbeamtentums? Will auch die Landesregierung mittelfristig die Aushebelung des Beamtenstatus aus Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz?
So steht es ja im Berliner Koalitionspapier zur Föderalismusreform. Dort wird eine Neuregelung in Artikel 33 Absatz 5 Grundgesetz vorgeschlagen, nach der die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums „fortentwickelt“ werden sollen.
Eine Fortentwicklung im rein sprachlichen Sinne des Wortes hat es immer schon gegeben. Was hier allerdings angestrebt wird, ist die Umsetzung des so genannten Bull-Papiers mit einem Beamtenstatus, der mehr dem Status von öffentlichen Angestellten gleichkommt.
Dagegen haben wir uns als FDP in diesem Hause immer ausgesprochen. Wir haben immer gesagt:
Gebt dem öffentlichen Dienst weniger Aufgaben, dann braucht er auch nicht so viele Mitarbeiter.
Wir brauchen aber in der Kernverwaltung Beamte, die eben nicht streiken dürfen. Ich denke dabei erneut an Polizei, Lehrer oder die Berufsfeuerwehren. Was passiert, wenn diese streiken?
Schließlich sehen wir auch noch die künftige Zentralisierung der inneren Sicherheit mit großer Skepsis. So soll nach den Vorstellungen von CDU und SPD in Berlin das Bundeskriminalamt mit zusätzlichen Kompetenzen in der Terrorismusbekämpfung betraut werden. Es ist aber ein Trugschluss zu erwarten, dass es ein Mehr an Sicherheit gibt, wenn sich das BKA in Fällen von länderübergreifender Gefahr auf Dauer selbst für zuständig erklären darf, so wie es von den Regierungskoalitionen in Berlin vorgesehen ist. Im Gegenteil. Die Orts- und Milieukenntnisse der dezentral organisierten Länderpolizeien sind hierfür besser organisiert.
Ich sage Ihnen:
Eine gemeinsame Föderalismusreform des Bundes und der Länder wird nicht die Zustimmung der FDP-regierten Länder finden, wenn die neue Bundesregierung auf unnötige Kompetenzen für das Bundeskriminalamt (BKA) bei der Terrorismusbekämpfung besteht.
Die Anzahl der zustimmungspflichtigen Gesetze im Bundesrat soll reduziert werden und das ist gut so.
Dabei entspricht die von der großen Koalition gewählte Neuformulierung des Artikel 84 Grundgesetz im Wesentlichen einem Gesetzentwurf der FDP-Bundestagsfraktion vom April 2005.
Nach Art. 84 Abs. 1 des Grundgesetzes ist die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren im Bereich der sog. Landesexekution Sache der Länder, soweit nicht Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates etwas anderes bestimmen. Während die Rechte des Bundes hierbei ursprünglich als eng begrenzte Ausnahme konzipiert waren, enthalten heute eine erhebliche Zahl an Bundesgesetzen Regelungen über Organisation und Verfahren der Landesverwaltung und beschränken so die Organisationshoheit der Länder.
Zu einem weiteren Anstieg der Zustimmungserfordernisse in diesem Bereich hat lange Zeit die vom Bundesverfassungsgericht vertretene „Einheitstheorie“ geführt, wonach nicht die einzelne Vorschrift Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, 4 Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ zum Verwaltungsverfahren, sondern das jeweilige Bundesgesetz als Ganzes zustimmungspflichtig ist.
Der Bundesrat darf auch einem Gesetz, das sowohl materielle Normen als auch Vorschriften über das Verfahren der Landesverwaltung enthält, deshalb die Zustimmung versagen, weil er nur mit der materiellen Regelung nicht einverstanden ist.
Das hat mittlerweile dazu geführt, dass inzwischen mindestens die Hälfte aller Gesetze im Bundesrat zustimmungsbedürftig sind.
Wie das teilweise politisch und nicht im Sinne der Bürgerinnen und Bürger genutzt wurde, haben wir in der Vergangenheit nur allzu oft erlebt.
Durch die vorliegende Neuformulierung des Artikels 84 Abs. 1 des Grundgesetzes entfällt ein großer Teil der bisher zustimmungspflichtigen Gesetze, da sie Länderinteressen nicht mehr berühren.
Die Länder haben durch ein „Zugriffsrecht“ die Möglichkeit, abweichend von der bundesgesetzlichen Vorgabe, die Behördenorganisation und das Verwaltungsverfahren eigenständig zu regeln.
Darüber hinaus sieht der neue Artikel 84 vor, dass durch Bundesgesetz Aufgaben an Gemeinden und Gemeindeverbände nicht mehr übertragen werden dürfen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Besser wäre es allerdings gewesen, man hätte sich die Aufgabenübertragung vom Bund auf die Kommunen, die ja durchaus sinnvoll sein kann, offen gehalten und entsprechend das Konnexitätsprinzip im Verhältnis Bund-Kommunen verankert, damit die Finanzierung der Durchführung der Aufgaben durch die Gemeinden und Gemeindeverbände gesichert ist.
So hat es unter anderem auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in seinem Thesenpapier zur Föderalismusreform gefordert.
Es wäre auch für die kommunalen Spitzenverbände interessant zu erfahren, welche Auffassung die Landesregierung hierzu vertritt.
Die Redezeit reicht heute nicht aus, um alle Aspekte und wichtigen Punkte der Föderalismusreform in dem gebührenden Maße zu berücksichtigen. Eines steht aber fest:
Teilweise gehen die Vorschläge aus Berlin zu weit, teilweise drücken sich die Großkoalitionäre in Berlin vor wesentlichen Punkten.
So wurde einer der wesentlichen Kernpunkte der Föderalismusreform, die Entflechtung der Einnahmen und eine größere Autonomie von Bund und Ländern bei der Einnahmegestaltung, bisher bis auf die neue Länderkompetenz bei der Grunderwerbsteuer fast völlig ausgespart.
Dennoch befinden wir uns erst am Anfang einer neuen Debatte zur größten Reform seit 1969. Wir sollten diese Debatte offen führen.
Wir sollten uns auch als Parlament von vornherein aktiv einmischen, um zu einer staatlichen Neuordnung zu kommen,
- die klare Zuständigkeiten für Bund und Länder vorgibt und damit künftig verhindert, dass der Bundesrat als politisches Blockadeinstrument missbraucht werden kann,
- die aber die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Länder nicht ausspart, sondern als wesentliches Element einer solche Reform begreift.
Nur so macht die Reform wirklich Sinn.“
Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, 5 Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/