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15.12.05
13:04 Uhr
B 90/Grüne

Anne Lütkes zum Haushalt 2005/2006

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 2 + 6 – Haushalt 2005/2006 Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Dazu sagt die Fraktionsvorsitzende Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 von Bündnis 90/Die Grünen, Telefax: 0431/988-1501 Anne Lütkes: Mobil: 0172/541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh-gruene.de

Nr. 405.05 / 15.12.2005

Mit Tempo und Dynamik zu kurz gesprungen!
Sieben Monate große Koalition in Schleswig-Holstein: Sieben Monate hat es auch ge- dauert, bis zur ersten großen gemeinsamen Pressekonferenz der Fraktionsvorsitzenden. Und die zentrale Botschaft von SPD und CDU zum Ende des Jahres 2005: Wir sind ent- schlossen, gemeinsam die Gemeinsamkeiten zu suchen, wir sind entschlossen, die Aus- legungen unseres Koalitions-Vertrages zu erarbeiten, und alles ist gut.
Insofern, meine Damen und Herren, besteht tatsächlich große Übereinstimmung zwi- schen dem Ministerpräsidenten und den Fraktionsvorsitzenden: Sie haben eine gemein- same Strategie, ihre Politik lebt von steter Wiederholung, damit tatsächlich alles als gut erscheint, wenn es nur oft genug strahlend gesagt wird.
Klare Botschaften zu formulieren ist eine Kunst. Fast bewundernd hörten wir Herrn Cars- tensen in seiner Antrittsrede als Präsident des Bundesrates verkünden: „Die Welt, in der wir heute leben, ist global. “ „Das ist richtig!“ schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung und fragt zurecht: “Was wollen Sie uns damit sagen?“
Schleswig-Holstein ist Vorsitzland des Bundesrates, eine große Gelegenheit richtungs- weisend in Berlin die Interessen des Landes aber auch Deutschlands in Europa zu for- mulieren.
Gut ist, dass europäische Politik im Lande einen Stellenwert hat, aber Herr Ministerpräsi- dent, was wollen Sie uns sagen, wenn Sie als Bundesratspräsident davor warnen, der EU immer mehr Kompetenzen und Zuständigkeiten zu übertragen?
Denken Sie dabei an Natura 2000? Wie soll denn in der Zukunft der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Europa der Regionen weiter gestärkt werden, wenn Sie die Region – oder meinen Sie doch wohl den Nationalstaat? --wieder stärken möchten.
1/8 Aber schauen wir auf den Haushalt.
Seit der ersten Lesung des Haushaltes 2006 hat sich einiges geändert. Zur großen Koali- tion hier in Schleswig-Holstein ist die große Koalition im Bund gekommen. Beide haben Probleme mit der Verfassungsmäßigkeit des Haushalts.
Erweitert hat sich indes der Kreis der KritikerInnen: Nicht nur die Opposition in Bund und Land kritisiert die mangelnden Bemühungen um Haushaltskonsolidierung und fordert Re- formen. Auch vom Bundespräsidenten gab es unverhohlene Kritik: Köhler forderte im Bund von der Regierung, Gesetze müssten mit Sorgfalt und Respekt vor der Verfassung vorbereitet werden.
An Sorgfalt und Respekt jedoch mangelt es Ihnen, Herr Ministerpräsident und Ihnen Herr Finanzminister leider, denn in Schleswig-Holstein haben Sie sich offen zum Verfas- sungsbruch bekannt.
Für sich selbst hatten Sie die Klagebefugnis gegen die Landesregierung natürlich in An- spruch genommen. Sie, meine Damen und Herren von der CDU, erhoben Verfassungs- klage gegen den rot-Grünen Haushalt und Herr Wiegard, damals noch finanzpolitischer Sprecher der CDU, erklärte: „Wir werden es nicht zulassen, dass die Genossen mit unse- rer Verfassung Pingpong spielen!“
Und nun erleben wir Sie, Herr Wiegard, und den Ministerpräsidenten höchstpersönlich gemeinsam mit den SozialdemokratInnen beim Pingpong mit unserer Verfassung.
Das ist also die „fröhlichen Aufbruchstimmung“ des Herrn Ministerpräsidenten und seines Kabinetts.
Herr Ministerpräsident, mehr Dynamik und mehr Tempo für Schleswig-Holstein verkün- deten Sie Ende Mai 2005 in Ihrer Regierungserklärung. Dass dabei die Sorgfalt auf der Strecke bleiben könnte, befürchteten viele. Dass es aber derartige Ausmaße annehmen würde, das hat dann doch überrascht.
Die MinisterInnen legen fleißig Eckpunktepapiere oder Gesetzentwürfe vor, die allerdings weder intern noch mit den Betroffenen hinreichend kommuniziert sind. Die Regierung lässt also in weiten Teilen die notwendige Sorgfalt vermissen.
Die SprecherInnen der Koalitionsfraktionen fallen konsequent über die MinisterInnen und deren Papiere her. Die betroffenen BürgerInnen protestieren und demonstrieren.
Und der Ministerpräsident fährt durchs Land, schüttelt Hände und lacht. Stets guter Lau- ne verkündet er, dass alles nun besser werde. Denn er selbst und der Schleswig- Holstein-Fonds würden es schon richten.
Herr Ministerpräsident, Sie wollten den Haushalt 2006 bis zum Juli vorlegen. Das haben Sie getan – in der beschriebenen Qualität.
Herr Ministerpräsident, Sie wollten einen Schleswig-Holstein-Fonds auflegen. Das haben Sie getan. Sie haben diesen Fonds dann allerdings einfach mit Schuldscheinen gefüllt und im Einzelplan 11 zusammengeführt. Vergessen sind aber noch nicht die Wahlkampfversprechen der CDU über einen „Turn- around-Fonds“ in Höhe von 200 Mio. Euro jährlich, durch Umschichten! Nach großen Ankündigungen und erheblichem Aufwand an Öffentlichkeitsarbeit hat die Koalition den Fonds deutlich verkleinert und zu guter Letzt zu einem großen Teil wieder auf die Einzel- haushalte verteilt.
Mit Dynamik und Tempo wurde allerdings bei Ihnen die Sorgfalt überrollt. Die Nachbes- serungen reichen nicht aus. Der Grüne Antrag will den Fonds auf das Niveau des Zu- kunfts-Investitions-Programms der rot-Grünen Regierung zurückführen. Zeigen Sie Ihren Respekt vor der Verfassung, stimmen Sie zu und senken so die Nettoneuverschuldung.
Herr Ministerpräsident, Sie haben im Juni angekündigt, zum Schuljahresbeginn 200 zu- sätzliche LehrerInnen an die Schulen zu schicken. Das haben Sie getan. Das hatte aller- dings die rot-Grüne Regierung bereits vorbereitet.
Diese Stellen für LehrerInnen als Bestandteil eines 100 Tage-Programms aufzuführen und sich so auch noch feiern zu lassen, Herr Ministerpräsident, das ist gelinde gesagt peinlich.
Niemand kann sich mit so viel Tempo und Dynamik fremde Federn an den Hut stecken wie Sie, Herr Ministerpräsident. An dieser Stelle fehlte es Ihnen auch nicht an Sorgfalt.

Zum Thema Deregulierung: Bürokratieabbau und Deregulierung wird im Koalitionsvertrag konkret mit einer Aufzählung der zu bearbeitenden Gesetze nur im Umweltbereich be- nannt, ansonsten bleibt es bei allgemeinen Ankündigungen.
Sehr geehrter Herr Carstensen, Sie haben mit der Regierungserklärung den „Beginn der ersten Phase der Landesinitiative Verwaltungsmodernisierung und Deregulierung“ ange- kündigt. Dazu haben Sie sogar den Staatsekretär Schlie als „Regulations-Terminator“ von der Leine gelassen - aber wohin der dann gelaufen ist, das hat bislang niemand ge- sehen.

In Sachen Umwelt wurde uns auch so einiges „versprochen“. Ein Beispiel: Die CDU hat in ihrem Wahlprogramm eine nachhaltige Förderung unserer einzigartigen Landschaft angekündigt. Im Koalitionsvertrag haben Sie dann mit der SPD vereinbart, den Waldan- teil in Schleswig-Holstein auf 12 Prozent anzuheben, eine forstpolitisch gute Maßnahme.
Im Haushaltsentwurf sieht das dann allerdings so aus: Drastische Kürzungen von rund 4 Mio. Euro bei der Stiftung Naturschutz und darüber hinaus in fast gleicher Höhe beim Sondervermögen Wald. Im Koalitionsvertrag ist noch von Neuwaldbildung die Rede.
Ihr Haushaltsentwurf zeigt uns und den BürgerInnen die hohe Kunst der Auslegung: Neuwaldbildung durch Millionenkürzung. Der Wald ist jedenfalls bei der großen Koalition einer der großen Verlierer!

Schauen wir auf Ihre tatsächliche Arbeit: Was haben Sie konkret in Angriff genommen? Minister Austermann war ja sehr aktiv! Im Sommer hat er, ohne belastbare Zahlen vorlegen zu können, eine Zwangsfusion der Industrie- und Handelskammern angeregt. Die Betroffenen reagierten genervt. Von einer Kommunikation konnte keine Rede sein.
Viel Tempo, viel Dynamik, keine Sorgfalt – dafür aber eine saubere Bauchlandung des Wirtschaftsministers bei den VertreterInnen der Wirtschaft.
Die Betroffenen selbst haben es dann für den Minister nach außen hin gerichtet und Herr Driftmann verkündete wie der Ministerpräsident, die Kommunikation mit der Regierung sei noch nie so gut wie heute!
Wie ein Hühnerhaufen rannte die große Koalition beim Thema Landesuniversität durch- einander. Dass es bei einer Zusammenlegung der Hochschulen auch Verlierer geben könnte, das hatte Austermann wohl nicht bedacht. Mit den Betroffenen vorab geredet hatte er auch wieder nicht.
Der CDU-Minister veröffentlichte also sein Eckpunktepapier zum Thema Hochschulfusi- on. Er ignorierte das SPD-Wahlprogramm, das CDU-Wahlprogramm und den Koalitions- vertrag. Darauf wies ihn die SPD auch genüsslich hin.
Selbst die CDU konstatierte per Presse, dass es noch offene Fragen gebe. Für das Pa- pier gab es keine Mehrheit im Kabinett. Der Minister ließ daraufhin das Projekt in einer Schublade zumindest vorläufig verschwinden.
Viel Tempo, viel Dynamik, keine Sorgfalt – dafür aber eine saubere Bauchlandung des Wissenschaftsministers bei den VertreterInnen der Wissenschaft.
Insgesamt wirkt Herr Austermann doch sehr laut, für die Fraktionen der großen Koalition bisweilen sogar vorlaut.
Der CDU-Abgeordnete Herbst sagte beispielsweise zum Thema Universitätsfusion viel- deutig: „In den Vorschlägen steckt viel was diskutiert werden muss“. Und bezüglich Austermanns Position zu den Restlaufzeiten der Atomkraftwerke wurde der SPD- Abgeordnete Nabel deutlich: „Wir wissen auch, dass unser Wirtschaftsminister seine Po- sition heute erneut vortragen wird. Das ist natürlich erlaubt. Auf das Handeln der Koaliti- on wird es aber keinen Einfluss haben“.
Und der Ministerpräsident fährt durchs Land, schüttelt Hände und lacht.

In Angriff genommen wurde auch eine sogenannte Reform der Amtsgerichte. Ebenso kein Lehrbeispiel für interne und externe Kommunikationsunfähigkeit. Auch hier führen, vom Ministerpräsidenten verordnet, Tempo und Dynamik zu mangelhafter Sorgfalt und zu erheblichen Nachbesserungsversuchen mit einem doch sehr zweifelhaften Ergebnis.

Zum Thema innere Sicherheit liefern Innenminister Stegner und die große Koalition bis- her drei schwarz-rote Politikstücke:
1.) Gestern wurde die Entfristung des automatischen Datenabgleichs von CDU und SPD beschlossen. Die präventive Rasterfahndung ist unbefristet erlaubt. 2.) Minister Stegner beschert uns einen Gesetzentwurf, der sehr weitgehende polizeiliche Befugnisse im Bereich des Gefahrenvorfelds ermöglicht. Diese Gesetzesinitiative zur Si- cherheitspolitik bedeutet eine völlige Wende im Polizeirecht.
Die bisherigen Initiativen bedeuten einen völligen Bruch in der Kontinuität sozialdemokra- tischer Rechts- und Sicherheitspolitik hier im Land.
Die Gesetzesinitiative des SPD-Ministers liest sich denn auch wie das CDU- Wahlprogramm: Einführung der Schleierfahndung und der Videoüberwachung im öffent- lichen Raum und Einführung des KFZ-Kennzeichen-Erkennungssystems und der DNA – Analyse. Lediglich die von der CDU angekündigte klare gesetzliche Regelung des finalen Rettungsschusses, diese Initiative fehlt noch.
3.) Einen ähnlichen Wertewandel finden wir beim Thema Gemeinschaftsunterkünfte für AsylbewerberInnen. Unter dem Deckmäntelchen der Verfahrenseffizienz sollen Ausrei- sepflichtige nun vermehrt kaserniert werden. Dies widerspricht einer humanen Flücht- lingspolitik. Von Respekt vor den Menschen, die bei uns ihr gesetzliches Recht auf ein Asylersuchen wahrnehmen wollen, ist nichts spürbar.

Die Verwaltungsstruktur- und Funktionalreform ist ein weiteres Thema, das unser Minis- terpräsident mit Tempo und Dynamik anfassen wollte. Der nun vorliegende halbherzige Entwurf eines „Erstmal-Gesetzes“ ist in dieser Sitzung ausführlich gewürdigt worden.
Wir Grüne haben zur Verwaltungsstrukturreform in Schleswig-Holstein einen eigenen ausgearbeiteten Vorschlag vorgelegt, den Innenminister Stegner gestern interessanter- weise wenig kritisierte.
Er beinhaltet die Vereinfachung des Aufbaus der kommunalen Verwaltungen einschließ- lich einer Funktionalreform. Wir wollen durch die Bildung handlungsfähiger Amtsgemein- den und Regionen unter Auflösung der Kreise mehr Bürgernähe, Demokratie und Effi- zienz zu erreichen.
In unserem Entwurf beschreiben wir auch konkret, welche Aufgabe auf welcher Ebene erledigt werden soll. Denn letztlich muss die Organisationsreform der Funktionalreform folgen. Oder anders ausgedrückt: Die Verwaltungsstrukturreform muss Folge einer neu- en Aufgabenverteilung sein und nicht umgekehrt.
Während wir Grüne einen Vorschlag machen, der zunächst in der Öffentlichkeit diskutiert werden soll, legen Sie einen Gesetzentwurf vor. „Gemeinsam die notwendigen Reformen anpacken“ wollten sie, das hieße mit den betroffenen Menschen angemessen kommuni- zieren.
Der Kreisvorsitzende des lauenburgischen Gemeindetages kritisierte zu Recht: „Das ist so was von beschämend und traurig, wie man mit uns umgeht. Ich habe so etwas an Ar- roganz noch nicht erlebt.“ Nach Sorgfalt und Respekt hört sich das nicht an.
Und der Ministerpräsident fährt durchs Land, schüttelt Hände und lacht.

In Ihrer Regierungserklärung haben Sie angekündigt, dass das Kindertagesstättengesetz überarbeitet wird. Das haben Sie getan. Die Landesregierung hat es jedoch nicht ge- schafft, mit denjenigen, die das Kindertagesstättengesetz umsetzen sollen und wollen, gemeinsam einen Konsens zu erarbeiten. Auch hier erinnere ich an die gestrige Debatte! Der Mangel an Kommunikationsfähigkeit wurde doch sehr deutlich.
Würden Sie den Bildungsauftrag der Kindertagesstätten wirklich ernst nehmen, hätten Sie die Kompetenzen derjenigen, die täglich mit den Kindern arbeiten, einbezogen. Den Grünen Änderungsantrag, der eine Festschreibung der Bildungsleitlinien vorsieht und damit den Bildungsauftrag der Kitas stärken soll, haben Sie gestern abgelehnt.
Heute rufen wir die frühkindliche Bildung wieder auf. Wir beantragen zusätzliche 10 Milli- onen Euro für das Programm „Clever starten“. Mit diesem Programm kann der Bildungs- auftrag gemäß der gemeinsamen Leitlinien umgesetzt werden. Hierzu gehören nicht nur zusätzliche Stundenkontingente für ErzieherInnen, sondern ebenso Angebote gezielter Fort- und Weiterbildung und auch verstärkte Fachberatung.
Richtig wäre, innerhalb des Bildungshaushaltes zugunsten der Kindertagesstätten und der Grundschulen umzuschichten – es geht!
Die Zahlen, die Sie im Schulbereich bislang vorgelegt haben, sind kaum nachvollziehbar. Die Änderungen in der Nachschiebeliste bei den Personalkosten für Lehrkräfte in Höhe von mehr als 25 Mio. Euro sprechen eine eindeutige Sprache. Diese Zahl lässt wieder das Durcheinander in der Regierung aufscheinen.
Eines jedoch ist klar: Sie, meine Damen und Herren schichten um, von unten nach oben. Von den Grund- und Hauptschulen hin zu den Gymnasien. Damit konterkarieren Sie die eigenen Ankündigungen in Ihrem Koalitionsvertrag, beschwören sie doch hier noch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Erfolgreiche Familienpolitik jedoch setzt auf Betreu- ung und Bildung im Vorschul- und Grundschulalter und ermöglicht damit die Vereinbar- keit von Familie und Beruf.
Die Beispiele Schweden und Frankreich zeigen schon lange und sehr deutlich, dass Fa- milienpolitik dann erfolgreich ist, wenn Eltern in den Arbeitsmarkt zurückkehren können und ihre Kinder gut betreut und gebildet werden.
Sogar die große Koalition im Bund setzt einen ausdrücklichen Schwerpunkt auf die Fami- lienförderung, die einen Ausbau der Betreuungsstrukturen für alle Altersgruppen, ein ge- bührenfreies letztes Kindergartenjahr sowie einen möglichen Rechtsanspruch auf Betreuung für Zweijährige beinhaltet.
Die große Koalition in Schleswig-Holstein hingegen friert die Zuschüsse für Kinder- betreuung bei 60 Mio. Euro auf unbestimmte Zeit ein. Das ist viel Geld, richtig, aber trotz des demographischen Wandels auf Dauer nicht genug!
Sie, Herr Carstensen und mit Ihnen die große Koalition, Sie hinken meilenweit hinter der Entwicklung in Nordeuropa und sogar hinter Frau Merkel hinterher.
Mit Tempo und Dynamik wird hier zu kurz gesprungen und eine differenzierte und an Leitbildern orientierte Weiterentwicklung der Bildung und Betreuung in früher Lebenszeit verhindert.
Leider dient auch der Bildungsbereich der großen Koalition als Schlachtfeld der Eitelkei- ten. Leider ist es kein Fegefeuer, aus dem irgendjemand von Ihnen - nach angemesse- nem Leiden wohlgemerkt - geläutert wieder heraustreten würde. Kaum legt die Ministerin ein Papier vor, in dem das Wort „Gemeinschaftsschule“ vor- kommt, verliert die bildungspolitische Sprecherin der CDU die Contenance und bezeich- net das Papier als nicht konsensfähig.
Diese Gelegenheit zu einem Rüffel des Koalitionspartners lässt sich wiederum der SPD- Abgeordnete Buder nicht entgehen und verfestigt in der Öffentlichkeit und bei uns im Parlament den Eindruck, dass die Koalitionäre sich darin gefallen, sich gegenseitig an- zugehen.
Der Herr Ministerpräsident lässt nun verkünden, er sei nicht amüsiert und mahnt zu Ru- he. Andere meinen dagegen: So ein Vorgang sei doch nicht gleich Chefsache. Offen- sichtlich soll der Ministerpräsident sich weiter auf das Händeschütteln konzentrieren.

Und was haben Sie im Sozialbereich konkret in Angriff genommen? Ein Beispiel wie sich der rote Faden der Gerechtigkeit verliert, ist die Migrationssozialarbeit. Die Mittel für Deutschkurse wurden komplett gestrichen und diese Aufgabe der Haushaltsstelle für Migrationssozialberatung übertragen, finanziell aber nicht hinreichend ausgeglichen.
Nachdem insbesondere die CDU in den letzten Jahren immer wieder eine Verbesserung der Sprachförderung von MigrantInnen gefordert hat und auch die SPD dies auf ihre Fahnen schrieb, stehen wir nun einigermaßen fassungslos vor diesem Haushaltsentwurf, mit dem zielgenau gerade die Sprachförderung drastisch eingeschränkt werden wird.
Dieser Rückschritt ist nur als Politikwende in der Integrationspolitik zu werten. Wir haben dazu die notwendigen Anträge gestellt. Sie haben noch Gelegenheit bis zur Abstimmung ihre Meinung zu ändern.

Was waren Ihre Ansprüche, Ihre Maßstäbe, Herr Ministerpräsident und auch Sie, meine Damen und Herren von CDU und SPD vor sieben Monaten? In der Regierungserklärung hieß es: „Wir werden Ihnen gegenüber (gemeint sind die BürgerInnen) ehrlich sein und nichts versprechen, was wir nicht halten können!“
Was den 2. Nachtrag 2005 und den Haushalt 2006 angeht, haben Sie kaum eine Ihrer Versprechungen gehalten: Sie haben weder das strukturelle Defizit beseitigt, noch in nennenswerter Weise Einsparvorschläge vorgelegt. Dafür hat der CDU- Fraktionsvorsitzende am 25. November erneut verkündet: „Wir werden noch vor der Vor- lage des Haushaltsentwurfs für das Jahr 2007/2008 Einsparpläne entwickeln.“
Das klingt seltsam bekannt – hatten Sie dergleichen nicht im Sommer für die Nachschie- beliste 2006 angekündigt?
Sie versprechen ein ums andere Mal, dass die Nettoausgaben sinken – und da Sie den- noch wieder einige Millionen mehr ausgeben, schicken Sie ihren Finanzminister vor, der nun auslegt: „Es ist uns gelungen den Deckel draufzuhalten“.
Im Koalitionsvertrag haben Sie uns versprochen: „Wir wollen durch klare und verlässliche Entscheidungen den Menschen Sicherheit und Zuversicht vermitteln. Wir werden ent- schlossen und mit Augenmaß handeln.“
Das Regierungshandeln der letzten sieben Monate zeigt, wie weit Sie von Ihren eigenen Ansprüchen und Maßstäben entfern sind. Die Fraktionen der großen Koalition geben ein Bild der Zerrissenheit ab. Hemmungslos wird gegeneinander oder gegen die Minister agitiert. So sieht also die fröhliche Aufbruch- stimmung aus.
Ihre Kriterien für Kürzungen oder Verschiebungen finanzieller Mittel sind an keiner Stelle dargestellt oder verständlich. Wo ist sie denn, die bessere Politik, Herr Ministerpräsident? Wo ist er denn, der rote Faden der Gerechtigkeit, meine Damen und Herren von der SPD?
Sie haben viel aufgewirbelt. Sie geben mehr Geld aus, als jemals eine Landesregierung zuvor. Jetzt legt sich der Wirbelstaub langsam und macht aus einer Landesregierung und deren fröhlichem Aufbruch eine kleine graue Maus. Doch der Ministerpräsident zieht durchs Land, schüttelt Hände und lacht.
Meine Damen und Herren, wir betrachten das Regierungshandeln mit Sorge und versu- chen den Humor zu behalten. Aber es ist erschreckend, wie parallel zum dynamischen Galoppieren der Regierung die parlamentarische Kultur reduziert werden soll. Stets kommt nur der Verweis auf zu erwartende Regierungsvorlagen, stets der Verweis auf den Koalitionsvertrag und die Verweigerung der Auseinandersetzung.
Wir blicken zurück auf Schwarz-Rot 2005 – ein verlorenes Jahr für Schleswig-Holstein.
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