Karl-Martin Hentschel und Markus Stiegler stellen zweiten Grünen Bericht zur Verwaltungsreform vor
PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Stellv. Pressesprecher Dr. Jörg Nickel Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Telefax: 0431/988-1501 Mobil: 0178/28 49 591 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh.gruene-fraktion.de Nr. 389.05 / 07.12.2005 Verwaltung reformieren: bürgerfreundlich, effizient und demokratischBündnis 90/Die Grünen in Schleswig-Holstein haben heute den zweiten Bericht ihrer „Ar- beitsgruppe Verwaltungsstrukturreform“ vorgestellt. Dazu erklären Karl-Martin Hent- schel, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Markus Stiegler, Mitglied des Lan- desvorstands:In fast jeder Diskussion der letzten Zeit über die Verwaltungsstrukturreform wurde immer wieder festgestellt, dass eine Aufgabenanalyse Voraussetzung für die Festlegung von neuen Strukturen sein muss. Diese legen wir hiermit vor.Die grüne „Arbeitsgruppe Verwaltungsstrukturreform“ hat damit ihren zweiten Bericht veröffentlicht: Er basiert auf den Konzepten von Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Däne- mark, den Vorschlägen verschiedener KommunalpolitikerInnen in Schleswig-Holstein, darunter auch dem Konzept der Kieler Oberbürgermeisterin Volquartz für die Bildung ei- ner Kiel-Region, sowie den Ergebnissen des grünen Regionalkongresses zur Weiterent- wicklung von KERN im September 2004.Die vorliegende Arbeit kommt zu zwei zentralen Ergebnissen:1. Alle Aufgaben, die die einzelne BürgerIn persönlich betreffen, können vor Ort erledigt werden, wenn die Amtsgemeinde eine Größe von mindestens 20 000 Einwohnern um- fasst.2. Die neuen Regionen übernehmen alle Aufgaben des Landes, die regional aufteilbar sind. Werden diese mit den restlichen Aufgaben des Kreises zusammengelegt, können die Kreise aufgelöst werden. So kann eine komplette Verwaltungsebene eingespart wer- den.1/3 Bisher haben wir in der Regel vier Verwaltungsebenen in Schleswig-Holstein – Ämter, Krei- se, regionale Landesbehörden und die Landesregierung mit den Landesoberbehörden. Da- zu kommen in vielen Bereichen Zweckverbände unterschiedlichster Art, weil die heutigen Gemeinde- und Kreisstrukturen nicht mehr den Anforderungen entsprechen.Das von uns vorgeschlagene Modell macht es möglich, dass wir neben den zentralen Landesbehörden nur noch zwei Verwaltungsebenen haben: Amtsgemeinden/Städte und die Regionen. Beide Ebenen haben nicht nur eine Verwaltung, sondern auch eine demo- kratisch gewählte Vertretung – den Gemeinderat und den Regionstag – und eine gewähl- te Behördenleitung: BürgermeisterIn, bzw. RegionspräsidentIn.Eine solche konsequente Verlagerung vieler Aufgaben vom Kreis auf die Gemeinden und vom Land auf die Regionen ist nicht nur effizient, sie ist auch demokratisch und vor allem bürgerfreundlich. Die Verwaltung rückt zum Bürger hin.Im Unterschied zum SSW bleiben wir aber dabei, dass die heutigen kleinen Gemeinden und Stadtteile als ehrenamtliche Einheiten erhalten bleiben, die einen Ortsrat und einen Ortsbürgermeister wählen und Aufgaben in eigener Verantwortung wahrnehmen können, wie z.B. die Feuerwehr oder die Kindergärten.Die neue Aufgabenverteilung:- Die Gemeinde ist in Zukunft Träger aller allgemeinbildenden Schulen. Der zweite Schwerpunkt der Gemeinde ist wie in Skandinavien: die Zuständigkeit für alle allgemei- nen sozialen Einrichtungen vom Kindergarten bis zur Altenbetreuung. Unsere Zukunfts- vorstellung ist, dass jede Gemeinde ihr eigenes Jobcenter und eine Außenstelle der Ar- beitsverwaltung hat. Ansonsten ist die Gemeinde Servicecenter für alles, was die Bürge- rIn braucht, vom Ausweis über den Führerschein, vom Bauamt bis hin zur Kfz- Anmeldung. Für einige Aufgaben ist die Mindestgröße von 20 000 Einwohnern allerdings nicht ausreichend. In diesen Fällen sollen mehrere Gemeinden zusammenarbeiten, mit je einer AnsprechpartnerIn im örtlichen Rathaus. Bei einigen Verwaltungsaufgaben empfeh- len wir IT-gestützte Zentralisierung, die Abwicklung erfolgt aber vor Ort.- Kernaufgaben der Region sind die Regionalplanung, die Wirtschaftsförderung und die Umwelt- und Naturschutzpolitik. Im Bildungssektor ist die Region für die Berufsschulen zuständig. Dritte Kernaufgabe der Region ist der Verkehr: Verkehrsaufsicht, Planung und Organisation des Bus-ÖPNV, Planung, Bau und Instandhaltung der Regionalstraßen (e- hemals Kreis- und Landesstraßen). Vierte Aufgaben ist der Katastrophenschutz und die Krankenhausversorgung, dazu gehört auch die gemeinsame Einsatzleitzentrale für Poli- zei, Feuerwehr und Rettungsdienst.- Die Kernaufgaben des Landes, die Polizei, die Justiz und die Finanzverwaltung sollen in Zukunft zwar nicht kommunalisiert, aber regional entsprechend der neuen Struktur ge- gliedert werden. So soll z. B. jede Gemeinde mindestens eine eigene Polizeistation ha- ben. Im Bildungssektor ist das Land zuständig für die Hochschulen. Im Verkehrssektor für die Bundesstraßen und den Schienenverkehr. Im Gesundheitssektor für die Spezial- krankenhäuser und die Maximalversorgung. Zu den Eckpunkten der Landesregierung:Das Konzept der Landesregierung, wie es in den Eckpunkten vorgestellt wurde, hakt an drei Punkten:1. Die vorgeschlagene Mindestgröße eines Amtes von 8000 EinwohnerInnen reicht nicht aus, um alle Aufgaben, die den Bürger betreffen, nach unten zu verlagern. D. h. die Bür- gerIn muss auch in Zukunft zur Kreisverwaltung fahren.2. Die bisherigen Kreise sind für eine Verlagerung von staatlichen Landesaufgaben fast in keinem Fall geeignet. Der Plan der Landesregierung, eine zusätzliche Ebene von vier bis fünf kommunalen Verwaltungsregionen einzuführen, ist nichts weiter als das Einges- tändnis dafür, dass die Verlagerung in die Kreise nicht möglich ist.3. Die wichtigsten Ebenen des schwarz-roten Konzeptes, die Ämter und die Dienstleis- tungszentren, haben keine demokratisch gewählten Vertretungen. Damit würden jene von der Verwaltungsebene abgekoppelt.Zusammen gefasst: Die Landesregierung traut sich nicht, dsas Notwendige zu tun. Die Große Koalition wird zum Bremsklotz für die Entwicklung Schleswig-Holsteins. Das Kon- zept der Dienstleistungszentren gleicht einer undemokratischen Kreisreform durch die Hintertür. Das ist unredlich. Das Ergebnis wäre teuer und ineffizient. ***