Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
21.11.05
14:52 Uhr
B 90/Grüne

Monika Heinold und Karl-Martin Hentschel zum Kindertagesstättengesetz

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Telefax: 0431/988-1501 Mobil: 0172/541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh-gruene.de
Kinder wollen’s wissen – Nr. 355.05 / 21.11.2005 Frühkindliche Bildung stärken
Die Grüne Landtagsfraktion lehnt den Entwurf der Landesregierung zum Kindertagesstät- tengesetz ab und hat eigene Änderungsanträge erarbeitet. Dazu erklären die sozialpoliti- sche Sprecherin, Monika Heinold, und der bildungspolitische Sprecher der Landtags- fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Karl-Martin Hentschel:

Verankerung der Bildungsleitlinien im Kita-Gesetz
Die Landesregierung hat es nicht geschafft, mit denjenigen, die das Kindertagesstätten- gesetz umsetzen sollen, gemeinsam einen Konsens zu erarbeiten. Sie hat nicht die von den Trägern der Kindertagesstätten miterarbeiteten Bildungsleitlinien im Gesetz veran- kert. Die beabsichtigte Änderung des Kindertagesstättengesetzes wird nicht zuletzt des- halb von der Landesarbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbänden, den kommunalen Spitzenverbänden und der GEW abgelehnt.
Wer den Bildungsauftrag der Kindertagesstätten ernst nimmt, muss die Kompetenzen derjenigen, die täglich mit den Kindern arbeiten, einbeziehen. Die Grüne Landtagsfrakti- on wird deshalb einen Änderungsantrag in den Landtag einbringen, der eine Festschrei- bung der Bildungsleitlinien vorsieht und damit den Bildungsauftrag der Kitas stärkt.

Gleichberechtigte Zusammenarbeit von Kindertagesstätte und Schule
Wer den Bildungsauftrag der Kindertagesstätten ernst nimmt, darf diese nicht verschu- len. Frühkindliche Bildung sieht anders aus als reine Wissensvermittlung. Genau dieser Weg wird aber mit dem vorgelegten Gesetzentwurf von der Regierung eingeschlagen.
1/3 Die verbindliche Zusammenarbeit von Grundschule und Kindertagesstätte muss zukünf- tig unter gleichberechtigten Bedingungen stattfinden und sowohl das letzte Kindergarten- jahr als auch das erste Grundschuljahr umfassen. Auch dies ist Bestandteil des Grünen Änderungsantrages zum Kindertagesstättengesetz. Beide Institutionen – Kita und (Grund-)Schule müssen sich verändern und die individuelle Förderung jedes einzelnen Kindes in den Mittelpunkt stellen.

Neue Finanzierungsregelung im Finanzausgleichsgesetz (FAG) ab 2007 Die Finanzierung der Kindertagesstätten muss auf neue und gerechtere Füße gestellt werden. Der bisherige Verteilungsschlüssel für die in den Finanzausgleich eingestellten Mittel beruht auf Zahlen aus den Kindergartenjahren 2001 bis 2003. Eine dauerhafte Fortschreibung dieses Verteilerschlüssels wäre fatal. Es würden bestehende Ungerech- tigkeiten manifestiert und die aktuelle Entwicklung von Kinderzahlen und Angebotsstruk- turen willentlich ignoriert.
Wir werden deshalb bei den Haushaltsberatungen den Ansatz von 60 Millionen Euro nur für das Jahr 2006 mittragen. Bündnis 90/Die Grünen unterstützen das Votum des Lan- desjugendhilfeausschusses, im nächsten Jahr die längst überfällige Grundlage für eine neue Verteilung der Landesmittel über das FAG zu erarbeiten. Diese muss sich an der realen Entwicklung der Kinderzahlen – regional und nach Altersgruppen - und der Struk- tur der Betreuungsangebote im Hinblick auf Betreuungsdauer und qualitativen Aspekten orientieren.
Wer Chancengleichheit im deutschen Bildungssystem gewährleisten will, muss die Grundlage dafür bereits in der Kindertagesstätte legen. Eine optimale individuelle Förde- rung der Kinder ist aktuell nicht überall sichergestellt – sie hängt auch von dem jeweiligen sozialen Umfeld einer Kita ab. Wenn wir wollen, dass alle Kinder in Schleswig-Holstein, egal wo sie in die Kindertagesstätte gehen, optimal gefördert werden, dann müssen wir die finanzielle Situation der Kitas verbessern. Wir müssen gezielt dafür Geld ausgeben, dass der gestärkte Bildungsauftrag auch mit Leben gefüllt werden kann.

Programm „Clever starten“ auflegen Wir schlagen vor, die Landesmittel um zusätzliche 10Millionen Euro aufzustocken, um ein Programm „Clever starten“ aufzulegen, mit dem der Bildungsauftrag gemäß der ge- meinsamen Leitlinien umgesetzt werden kann. Hierzu gehören nicht nur zusätzliche Stundenkontingente für ErzieherInnen, sondern ebenso Angebote gezielter Fort- und Weiterbildung und eine verstärkte Fachberatung.
Wir werden einen entsprechenden Haushaltsantrag in die Dezember-Sitzung des Land- tages einbringen. Diese zusätzliche Förderung zur Qualitätsentwicklung in der frühkindli- chen Bildung soll mit Zielvereinbarungen und einer externen Evaluierung verbunden werden.
Wir fordern die Landesregierung auf, innerhalb des Bildungshaushaltes zugunsten der Kindertagesstätten und der Grundschulen umzuschichten. Kleine Kinder müssen kleine Lerngruppen haben, große Kinder können in großen Gruppen lernen. Hierzu hat die Grüne Landtagsfraktion bereits im Frühjahr 2005 den „Masterplan Bildung“ vorgestellt. Erfolgreiche Familienpolitik setzt auf Betreuung und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Die Beispiele Schweden und Frankreich zeigen deutlich, dass Familienpolitik dann er- folgreich ist, wenn Eltern in den Arbeitsmarkt zurückkehren können und ihre Kinder gut betreut und gebildet werden. Die große Koalition im Bund setzt einen ausdrücklichen Schwerpunkt auf die Familienförderung, die einen Ausbau der Betreuungsstrukturen für alle Altersgruppen, ein gebührenfreies letztes Kindergartenjahr sowie einen möglichen Rechtsanspruch auf Betreuung für Zweijährige beinhaltet.
Alles Lyrik, denn die große Koalition in Schleswig-Holstein friert die Zuschüsse für Kin- derbetreuung auf unbestimmte Zeit ein. Das passt nicht zusammen.
Fakt ist, dass das von der Großen Koalition geplante neue Elterngeld in erster Linie gut verdienenden Familien zugute käme. Die Situation für einkommensschwache Familien würde sich gegenüber den heutigen Möglichkeiten weiter verschlechtern. Das ist unsozi- al.
Wir fordern CDU und SPD auf, mit ihrer Stimme im Bundesrat darauf einzuwirken, dass die geplanten zusätzlichen Mittel für das neue Elterngeld in Mittel für die Kindertagesstät- ten umgewandelt werden. Der Aufbau von Krippenplätzen, die Qualitätsverbesserung und das verpflichtende kostenlose Kindertagesstättenjahr vor der Schule sind weit dring- licher als eine weitere Unterstützung von Besserverdienenden. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf setzt vor allem eine gute institutionelle Versorgung aller Kinder ab dem ersten Jahr voraus.

*** Landtagsfraktion Bündnis 90 / DIE GRÜNEN, Monika Heinold An die Vorsitzenden des Bildungs- und Sozialausschusses zur Beratung in der gemeinsamen Ausschusssitzung am 17. November 2005


Änderungsantrag zum Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kindertageseinrichtungen (WeitEntwKiTaG)

Artikel 1 Änderung des Kindertagesstättengesetzes
Das Kindertagesstättengesetz vom 12. Dezember 1991 (GVOBl. Schl.-H. S. 651), zuletzt geändert am 14. De- zember 2004 (GVOBl. Schl.-H. S. 484), wird wie folgt geändert:

1. § 4 wird wie folgt geändert:
a) Folgender Absatz 2 wird eingefügt:
„(2) Zur Wahrnehmung des ganzheitlichen Betreuungs-, Erziehungs- und Bildungs-auftrages werden folgende Themen-Bereiche mit dem Ziel der Förderung der individuellen Selbst-, Sozial - und Lernkompetenz zu Grunde gelegt:
1. Körper, Gesundheit und Bewegung, insbesondere die Teilbereiche Wahrneh-mung und Grob- und Feinmoto- rik, 2. Sprache(n), Zeichen/Schrift und Kommunikation, insbesondere zur Teilhabe an Bildungsvorgängen und zur Vorbereitung auf den Schuleintritt, 3. Mathematik, Naturwissenschaft und Technik, 4. Kultur, Gesellschaft und Politik, einschließlich des Umgangs mit Regeln des sozialen Verhaltens, 5. Ethik, Religion und Philosophie, 6. musisch-ästhetische Bildung und Medien.
Die Bildungsbereiche sollen in die umfassende Arbeit der Kindertageseinrichtungen einbezogen werden, um alters- und entwicklungsgemäß die entsprechenden Fähigkeiten und Fertigkeiten zu entwickeln.
b) Die Absätze 2 bis 4 werden zu den Absätzen 3 bis 5.

2. § 5 wird wie folgt geändert:
a) Folgende Absätze 2 und 3 werden eingefügt:
„(2) Die Ausgestaltung der Bildungsprozesse orientiert sich grundsätzlich an den Querschnittsdimensionen: Genderbewußtsein, Interkulturalität, Förderung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen, Nachhaltigkeit, Le- bensweltorientierung und Partizipation. Bei den Bildungsvorgängen soll zunächst von den Interessen und Fra- gestellungen der Kinder ausgegangen werden. Deswegen sollen die Kinder aktiv an ihren Bildungsprozessen mitwirken und eigene Lernstrategien entwickeln können. Dabei sind ihre kulturellen Erfahrungen und Lebens- bedingungen sowie die unterschiedlichen Lern- und Verhaltensweisen von Mädchen und Jungen in den ver- schiedenen Bildungsbereichen zu beachten und in die pädagogische Arbeit einzubeziehen.
(3) Zur Umsetzung und Ausgestaltung des Bildungsauftrages vereinbaren die Träger der Kindertageseinrich- tungen verbindlich miteinander und unter Einbezug des zuständigen Ministeriums „Leitlinien“, die entsprechend der praktischen und wissenschaftlichen Erfordernisse fortzuschreiben sind. Die Umsetzung des Bildungsauftrages wird als Teil des Gesamtauftrages in der pädagogischen Konzeption jeder Kindertageseinrichtung dargestellt und durch geeignete Verfahren unter Ein- beziehung der Erziehungsberechtigten evaluiert.“
b) Die Absätze 2 und 3 werden zu den Absätzen 4 und 5.

c) Absatz 4 wird Absatz 6 und erhält folgende Fassung:
„(6) Der Übergang zur Schule und die Förderung schulpflichtiger Kinder sollen durch eine an der Alterssituation der Kinder orientierte Zusammenarbeit mit der Schule erleichtert werden. Zu diesem Zweck sollen Kinderta- geseinrichtungen mit den Schulen in ihrem Einzugsgebiet verbindliche Vereinbarungen über die Verfahren und Inhalte der Zusammenarbeit abschließen, insbesondere zur Vorbereitung des Schuleintritts, insbesondere dar- über wie der Übergang von der Kindertageseinrichtung in die Schule gestaltet wird. Die Vereinbarungen sollen zumindest das letzte Jahre vor der Einschulung in der Kindertageseinrichtung sowie das erste Schuljahr umfas- sen. Kindertageseinrichtungen sollen in diesem Zeitraum mit den Grundschulen über den Entwicklungsstand der einzelnen Kinder Informationen austauschen und Gespräche führen, um eine individuelle Förderung der Kinder zu ermöglichen. Für die dazu erforderliche Erhebung, Speicherung und Übermittlung personenbezogener Daten bedarf es der Einwilligung der Personensorgeberechtigten; die maßgebenden Datenschutzbestimmungen sind zu beachten.“