Klaus Müller zur Verlängerung der Restlaufzeiten von Atomkraftwerken
PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Es gilt das gesprochene Wort. Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel TOP 18 – Keine Verlängerung der Restlaufzeiten der Atomkraftwerke Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Telefax: 0431/988-1501 Dazu sagt der energiepolitische Sprecher Mobil: 0172/541 83 53 von Bündnis 90/Die Grünen, E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh-gruene.de Klaus Müller: Nr. 332.05 / 10.11.2005Austermann macht den Stoiber des Nordens: renitent und teamunfähig Er kann es einfach nicht lassen. Dietrich Austermann stänkert wo es nur geht. Gemein- sam mit Herrn Driftmann will er die Restlaufzeiten von Kernkraftwerken verlängern, im Bund und in Schleswig-Holstein.Das belastet nicht nur die Große Koalition hier in Kiel. Und ab und zu muss der Minister- präsident seinen Wirtschaftsminister lustlos zurückpfeifen, damit die SPD nicht zu sehr verärgert wird. Es belastet auch die Verhandlungen über die Große Koalition in Berlin. Wird die SPD an dieser inhaltlichen Grundsatzfrage einknicken, wo sie doch gerade die Schwächung der Parteiführung aufzuarbeiten hat?In das gleiche Horn stoßen die vier großen Stromoligopole E.On, RWE, EnBW und Vat- tenfall, die üblichen Verdächtigen also. Aber es gibt auch Unterstützung der Brennstäbe- fans aus dem Gewerkschaftslager, die IG Bergbau, Chemie und Energie, das ist nicht überraschend. Aber auch ver.di - das nun ist sehr verwunderlich.Der Bundesvorstand musste deshalb viel öffentliche und innerorganisatorische Kritik ein- stecken. Es gab eine Klarstellung vom Vorsitzenden Bsirske mit dem Bekenntnis zum Atomkonsens und Atomausstieg.Allerdings sollte laut ver.di die Möglichkeit genutzt werden, um Reststrommengen von ei- nem AKW auf ein anderes mit optimaler Sicherheit zu übertragen. Das ist machbar, aber warum um alles in der Welt musste ver.di dann erst den gemeinsamen Brief mit der A- tom-Lobby unterschrieben, wirklich kein Ruhmesblatt.Nach dem Atomkonsens vom Juni 2000, der von den Grünen mühsam mit SPD und den großen Energieversorgern vereinbart wurde, müssen das AKW Biblis A bis 2008 und die Reaktoren Neckarwestheim, Biblis B und Brunsbüttel bis 2009 abgeschaltet werden.1/3 So weit die Vereinbarung. Gerade diese alten Anlagen nun weiterlaufen lassen zu wollen ist ein echter Skandal. Jeder Mensch müsste doch heilfroh sein, wenn genau die AKWs mit der höchsten Unfallgefahr so schnell wie möglich ausgeschaltet werden.Ich komme gern auf Brunsbüttel zurück. Das ist der einzige Siedewasserreaktor in Deutschland mit nur einem Kühlwasserkreislauf. Baubeginn war 1970, 1976 ging der Meiler in Betrieb.Das Dach des Reaktorgebäudes ist nicht gegen Flugzeugabstürze gewappnet, gerade mal gegen abgestürzte Sportflugzeuge könnte das Dach halten. Der Pannenreaktor kommt seit Inbetriebnahme auf ungeplante Stillstandszeiten von insgesamt sechseinhalb Jahren. Wahrlich ein Rekordergebnis.Und dieses AKW soll nach Auffassung unseres Wirtschaftsministers nicht abgeschaltet werden. Meine Damen und Herren, das ist unverantwortlich!Wie wird nun argumentiert: der Anstieg der Energiekosten bereite große Sorge, wir brau- chen einen zukunftsfähigen Energiemix, die Abschaltung von Brunsbüttel kostet 300 Ar- beitsplätze. Dazu nur folgendes: die Arbeitsplätze werden für die Stilllegung weiter ge- braucht und die Alternativen zum Atomstrom sind die Erneuerbaren Energien. In der Windenergiebranche arbeiten bundesweit 65.000 Menschen, allein in Schleswig-Holstein über 4.000.Die Laufzeitverlängerungen werden nicht zu sinkenden Strompreisen führen. Das haben in den letzten Wochen die Stromkonzerne selbst deutlich gemacht. Und es ist völlig of- fensichtlich, dass längere Laufzeiten auch mit höheren Kosten verbunden sein werden: zum Beispiel für Nachrüstungen, um ein Mindestmaß an Sicherheit zu gewähren und neue Kosten für zusätzlichen Atommüll.Und wenn dann noch Geld übrig ist, wird es ganz bestimmt nicht den VerbraucherInnen durch sinkende Strompreise zugute kommen. Profitieren werden einzig und allein die Ak- tionäre der großen Stromkonzerne, die ihre Marktstellung damit weiter absichern könn- ten. Und weniger Wettbewerb im Energiemarkt führt im Endeffekt nicht zu sinkenden, sondern höheren Strompreisen. Wir wissen doch genau, wie E.On, RWE, Vattenfall und EnBW als Oligopole auf dem Strommarkt agieren, alles andere als verbraucherfreund- lich.Mit dem EEG haben wir es geschafft, den Anteil Erneuerbarer Energien im ersten Halb- jahr 2005 auf 11 Prozent der Stromerzeugung zu steigern. Wenn etwa im Jahre 2020 das letzte AKW vom Netz gehen wird, dann haben wir mit einem Anteil von 25 Prozent Strom aus Erneuerbaren Energien den wegfallenden Atomstrom ersetzen können.Durch Windenergie, Wasserkraft, Biomasse, Erdwärme und Solarenergie wird der A- tomstrom lückenlos abgelöst, ohne das die Lichter ausgehen. Den verbleibenden Ener- giebedarf wollen wir durch Einsparungen von Energie und modernste Effizienztechnolo- gien wie Gas- und Dampfturbinenprozesskraftwerke (GuD), Kraft-Wärme-Kopplung und die Brennstoffzelle bereitstellen. Wir Grüne setzen uns dafür ein, damit diese Investitionen in Milliardenhöhe tatsächlich jetzt auch realisiert werden und nicht durch eine Laufzeitverlängerung der Kernreaktoren verhindert werden.Denn das wäre das größte Investitionsverhinderungsprogramm in Deutschland. In Deutschland sind Kapazitäten von hocheffizienten Gas- und Kohlekraftwerken in der Re- alisierung, die 15 Atomkraftwerke ersetzen. Die Oligopole wollen weiterhin das EEG ver- ändert, damit die großen Energieversorgungsunternehmen keine Marktanteile mehr an die Erneuerbaren Energien verlieren. Das machen wir nicht mit.Wir brauchen den Atomausstieg, denn weder ist die Atommüllfrage gelöst, sie ist weltweit nicht gelöst, noch kann ein GAU wirklich ausgeschlossen werden.Diese Technologie ist zu risikoreich, als das sie langfristig weiterbetrieben werden darf. Die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung will die Nutzung der Atomenergie been- den, auch eine Mehrheit der CDU-Wählerinnen steht für den Ausstieg. Das hat die letzte Umfrage von Greenpeace ergeben. ***