Anke Spoorendonk zu TOP 39 - Mitwirkung bei der Subsidiaritätskontrolle und Frühwarnsystem
Presseinformation Kiel, den 30.09.2005 Es gilt das gesprochene WortAnke SpoorendonkTOP 39 Mitwirkung bei der Subsidiaritätskontrolle Drs. 16/110Der Vertrag über eine Verfassung in Europa gibt den nationalen Parlamenten dieMöglichkeit, die regionalen Parlamente mit Gesetzgebungskompetenz – in Deutschlandalso die Landtage - am so genannten Frühwarnsystem zur Kontrolle der Einhaltung desSubsidiaritätsprinzips zu beteiligen. Der Antrag der Regierungsfraktionen, die Exekutivedarum zu bitten, dem Landtag Vorschläge für ein geeignetes Beteiligungsverfahren zuunterbreiten, ist daher grundsätzlich sinnvoll.Der Ratifizierungsprozess für die EU-Verfassung ist aber ins Stocken geraten. Dasmüssen wir berücksichtigen. Franzosen und Niederländer haben den anstehendennächsten Schritt des europäischen Einigungsprozesses mehrheitlich abgelehnt. Wirmüssen das Projekt Europa neu denken und wieder mit einer bürgernahen Vision zu 2verbinden. Wir haben das ja bereits bei dem Thema über das „Europa der Regionen“debattiert.Dennoch: Was heißt in diesem Zusammenhang bürgernah? Es geht nicht um diegeografische Entfernung zu Brüssel, sondern vielmehr um nachvollziehbareEntscheidungen und klare Kompetenzen der EU.Zwei Prinzipien müssen wir aus Sicht des SSW streng im Auge behalten:Erstens: Eine klare Zuständigkeitsaufteilung und strikte Kompetenzgrenzen. Es muss inZukunft viel klarer definiert werden und für den Bürger leicht nachvollziehbar sein,wofür die EU zuständig ist und wofür die nationalen Ebenen die Verantwortung tragen.Die Außen- und Verteidigungspolitik oder die Geldpolitik sollten europäisch geregeltwerden. Europäische Standards z. B. in der Gesundheitspolitik mögen hier und dawünschenswert sein, aber sie sind bestimmt nicht zwingend. Möglichen Zentralisie-rungstendenzen Brüssels sollten daher klare Grenzen gesetzt werden. Wer die Zechebestellt, soll sie auch bezahlen.Zweitens: Der grundlegende Webfehler des deutschen Föderalismus darf nichtwiederholt werden. In Deutschland wurden Zuständigkeiten zu Lasten der Legislativeund in den Ländern und zu Gunsten der Exekutive, also den Landesregierungen und demBundesrat, verschoben. Das erweist sich als Hauptgrund der politischen Starre derBerliner Republik. Das Ringen um politische Lösungen muss aus den verschlossenenRäumen – ob nun EU-Kommission oder Vermittlungsausschuss - wieder in dieParlamente zurückkehren. Nur so hat der Bürger die Chance, politische Konflikte und 3Kompromisse nachzuvollziehen. Ansonsten fühlt er sich nur als Opfer technokratischerSachzwänge und verweigert die Gefolgschaft.Der SSW weiß sehr wohl, dass der Landtag nicht Herr des Verfahrens ist. Europa sollteuns aber so wichtig sein, dass wir uns nicht nur mit einem möglichst reibungslosenBeteiligungsverfahren beschäftigen, bei dem wir genauso wie bei Staatsverträgenletztendlich nur abnicken können. Wir müssen uns auch mit Europa als Visionauseinandersetzen und mit der Frage, warum diese Vision den Bürgern zunehmendabhanden kommt.In diesem Sinne möchte ich die Kollegen im Europaausschuss auffordern, sich alsFrühwarnsystem im weitesten Sinne zu verstehen und nicht nur als Fristenwahrer beikomplexen Beteiligungsverfahren für EU-Richtlinien.