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30.09.05
12:23 Uhr
SSW

Anke Spoorendonk zu TOP 39 - Mitwirkung bei der Subsidiaritätskontrolle und Frühwarnsystem

Presseinformation
Kiel, den 30.09.2005 Es gilt das gesprochene Wort



Anke Spoorendonk
TOP 39 Mitwirkung bei der Subsidiaritätskontrolle Drs. 16/110

Der Vertrag über eine Verfassung in Europa gibt den nationalen Parlamenten die
Möglichkeit, die regionalen Parlamente mit Gesetzgebungskompetenz – in Deutschland
also die Landtage - am so genannten Frühwarnsystem zur Kontrolle der Einhaltung des
Subsidiaritätsprinzips zu beteiligen. Der Antrag der Regierungsfraktionen, die Exekutive
darum zu bitten, dem Landtag Vorschläge für ein geeignetes Beteiligungsverfahren zu
unterbreiten, ist daher grundsätzlich sinnvoll.


Der Ratifizierungsprozess für die EU-Verfassung ist aber ins Stocken geraten. Das
müssen wir berücksichtigen. Franzosen und Niederländer haben den anstehenden
nächsten Schritt des europäischen Einigungsprozesses mehrheitlich abgelehnt. Wir
müssen das Projekt Europa neu denken und wieder mit einer bürgernahen Vision zu 2
verbinden. Wir haben das ja bereits bei dem Thema über das „Europa der Regionen“
debattiert.


Dennoch: Was heißt in diesem Zusammenhang bürgernah? Es geht nicht um die
geografische Entfernung zu Brüssel, sondern vielmehr um nachvollziehbare
Entscheidungen und klare Kompetenzen der EU.


Zwei Prinzipien müssen wir aus Sicht des SSW streng im Auge behalten:


Erstens: Eine klare Zuständigkeitsaufteilung und strikte Kompetenzgrenzen. Es muss in
Zukunft viel klarer definiert werden und für den Bürger leicht nachvollziehbar sein,
wofür die EU zuständig ist und wofür die nationalen Ebenen die Verantwortung tragen.
Die Außen- und Verteidigungspolitik oder die Geldpolitik sollten europäisch geregelt
werden. Europäische Standards z. B. in der Gesundheitspolitik mögen hier und da
wünschenswert sein, aber sie sind bestimmt nicht zwingend. Möglichen Zentralisie-
rungstendenzen Brüssels sollten daher klare Grenzen gesetzt werden. Wer die Zeche
bestellt, soll sie auch bezahlen.


Zweitens: Der grundlegende Webfehler des deutschen Föderalismus darf nicht
wiederholt werden. In Deutschland wurden Zuständigkeiten zu Lasten der Legislative
und in den Ländern und zu Gunsten der Exekutive, also den Landesregierungen und dem
Bundesrat, verschoben. Das erweist sich als Hauptgrund der politischen Starre der
Berliner Republik. Das Ringen um politische Lösungen muss aus den verschlossenen
Räumen – ob nun EU-Kommission oder Vermittlungsausschuss - wieder in die
Parlamente zurückkehren. Nur so hat der Bürger die Chance, politische Konflikte und 3
Kompromisse nachzuvollziehen. Ansonsten fühlt er sich nur als Opfer technokratischer
Sachzwänge und verweigert die Gefolgschaft.


Der SSW weiß sehr wohl, dass der Landtag nicht Herr des Verfahrens ist. Europa sollte
uns aber so wichtig sein, dass wir uns nicht nur mit einem möglichst reibungslosen
Beteiligungsverfahren beschäftigen, bei dem wir genauso wie bei Staatsverträgen
letztendlich nur abnicken können. Wir müssen uns auch mit Europa als Vision
auseinandersetzen und mit der Frage, warum diese Vision den Bürgern zunehmend
abhanden kommt.


In diesem Sinne möchte ich die Kollegen im Europaausschuss auffordern, sich als
Frühwarnsystem im weitesten Sinne zu verstehen und nicht nur als Fristenwahrer bei
komplexen Beteiligungsverfahren für EU-Richtlinien.