Konrad Nabel zu TOP 27: Rechtssicherheit für NATURA 2000-Gebiete schaffen
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 29.09.2005 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 27 – Anmeldung neuer NATURA 2000-Gebiete (Drucksache 16/272 neu)Konrad Nabel:Rechtssicherheit für NATURA 2000 Gebiete schaffen!Bei der ersten Lektüre des Antrags 16/272 von Bündnis 90/Die Grünen, die Anmel- dung der 4. Tranche Natura2000 betreffend, war ich zunächst verwundert und fragte mich, ob der Kollege Hentschel vielleicht mehr wüsste als wir in den Koalitionsfraktio- nen über die Ausweisung bisher unbekannter neuer Natura 2000-Gebiete durch unse- re Landesregierung in einer bisher geheimen 4. Tranche. Ich habe ihn dann auf der Norla getroffen und ihn nach dem Sinn seines Antrags gefragt. Er verstand meine Fra- ge nicht so recht. Ich weiß nicht genau, ob er – wie übrigens auch ich – von der ein- druckvollen langen Rede unseres Ministerpräsidenten noch so benommen war oder ob er seinerseits wirklich so verwundert war, dass ich ihm diese Frage stellte.Durch die Neufassung des Antrags wurde dann auch mir etwas besser erkennbar, was sein Gegenstand sein könnte: nämlich die Veränderungen bei bereits gemeldeten Gebieten und der aktuelle Stand bei den bisher nicht gemeldeten Gebieten der 3. Tranche auf Eiderstedt und in der ETS-Region, die bekanntlich noch gerichts- anhängig sind und die in einem eigenständigen Verfahren behandelt werden.Über die Verpflichtung, zunächst anhand naturschutzfachlicher Bewertungen und unter Beteiligung aller Betroffener Gebiete für das kohärente Netz Natura 2000, insbeson- dere Schutzgebiete nach FFH- und Vogelschutzkriterien zu sondieren, sie einzurichten Schleswig- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: Internet: pressestelle@spd.ltsh.de www.spd.ltsh.de SPD -2-und dauerhaft zu sichern, brauchen wir heute nicht mehr zu diskutieren; sie gilt und wurde von der Landesregierung in der Vergangenheit erfüllt. Genauso gilt aber auch die Verpflichtung, in einem Monitoringverfahren in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen, ob die naturschutzfachlichen Kriterien weiter erfüllt sind oder ob Änderungen erforderlich sind. Dies geschieht zurzeit und soll bis Ende 2006 abge- schlossen sein.Für die noch nicht gemeldeten Gebiete auf Eiderstedt und in der ETS-Region gab und gibt es bekanntlich massive regionale Widerstände gegen die umfangreiche Gebiets- kulisse der Vogelschutzgebiete. In regionalen Arbeitskreisen diskutiert das Ministeri- um zur Zeit mit den Bürgerinnen und Bürgern unter Moderation des Kreises über die Abgrenzung der zu meldenden Gebiete. Die Ergebnisse werden voraussichtlich erst im nächsten Frühjahr vorliegen. Dass dies Verfahren besonders den Eiderstedtern zu langsam geht, wundert uns nicht, aber sie sehen daran auch, dass unser seinerzeiti- ges Verhalten nun wirklich keine Schikane war. Naturschutzrechtliche Anforderun- gen der EU gelten auch auf Eiderstedt und müssen erfüllt werden! “Gründlichkeit vor Schnelligkeit”, kann ich allen Beteiligten nur zurufen.Darüber hinaus ist schon jetzt – auch aufgrund von Rückmeldungen aus Brüssel – er- kennbar, dass besondere Gebiete, wie zum Beispiel die Ästuare von Elbe und Trave, speziell zu überprüfen sind. Ähnliches gilt für den Gebietsvorschlag "Wulfs- dorfer Heide und Blankenseeniederung", zu dem das Oberverwaltungsgericht deutli- che Worte gefunden hat, so dass bereits ein neues Auswahl- und Benennungsverfah- ren eingeleitet worden ist; die Anhörungsfrist läuft übrigens bis zum 2. Dezember 2005.Es ist in der Sache der Natura2000-Gebiete in Lübeck-Blankensee und Umgebung heute wirklich (eigentlich) keine Häme angebracht, denn keine der hier im Landtag ver- tretenen Parteien hat sich dabei mit Ruhm bekleckert, und Schuldzuweisungen könn- -3-ten heute in alle möglichen Richtungen abgegeben werden. Lassen Sie uns deshalb konstruktiv sein und gemeinsam nach vorn schauen.Ich begrüße es sehr, dass die schwarz-rote Koalition jetzt ein neues, diesmal europa- festes Auswahl- und Benennungsverfahren für die “Wulfsdorfer Heide und die Blan- kenseeniederung” in Gang gebracht hat. Ich habe nämlich sehr frühzeitig vom Vorge- hen unseres damaligen Wirtschaftsministers Peer Steinbrück gelernt, mit dem ich nun wirklich nicht in jeder Frage einer Meinung war. Er hat jedenfalls die Querung der Wa- kenitz durch die – damals noch geplante – A20-Trasse in vorbildlicher Weise vorbe- reitet, hat das Gebiet als faktisches FFH-Gebiet behandelt und alle Planungen dem- entsprechend gerichtsfest abgeschlossen, alle Prozesse gewonnen und war erfolg- reich: Die Querung der Wakenitz durch die A20 ist erfolgt, der Verkehr rollt, und für die Ein- griffe in die Natur ist umfangreicher Ausgleich erfolgt. Peer Steinbrück hat damit übrigens dreierlei deutlich gemacht: • zum ersten, dass die sozialdemokratisch geführte Koalition in Schleswig- Holstein den Autobahnbau wirklich wollte, • dass wir außerdem gleichzeitig die Rechte der Bürgerinnen und Bürger und der Verbände, die auch die Interessen des Naturschutzes vertreten, wirklich Ernst genommen haben und • dass das Projekt damit letztlich mit Erfolg weitergeführt werden konnte.Ich freue mich heute über die inzwischen breite Erkenntnis: Natura 2000-Gebiete sind auf naturschutzfachlicher Grundlage rechtssicher auszuweisen und zu melden. Dann kann in einem weiteren Schritt abgewogen und entschieden werden, welche wirtschaftlichen Nutzungen und Projekte in diesen Gebieten künftig möglich und er- folgversprechend sind. -4-Wir müssen übrigens auch über die Natura 2000-Debatte hinaus erkennen: Ein "Durchmauscheln" und Unterlaufen europäischer Vorgaben wird spätestens von den Gerichten korrigiert und so im Ergebnis wirtschaftliche Entwicklung eher verzögern o- der ganz verhindern. Und: Wirtschaftliche Entwicklung ist langfristig nur dann er- folgreich, wenn sie die sozialen und ökologischen Belange berücksichtigt, sich also am Gedanken der nachhaltigen Entwicklung orientiert.