Anke Spoorendonk zur Sicherung der Minderheiten- und Kontrollrechte der Opposition
Presseinformation Kiel, den 27.04.2005 Es gilt das gesprochene WortAnke SpoorendonkTOP 6 u. 19 Gesetz zur Sicherung der parlamentarischen Mitwirkungs- und Kontrollrechte der Opposition Drs. 16/30;16/31Es ist kein Geheimnis, dass der SSW einer Großen Koalition skeptisch gegen übersteht.Denn keiner kann erwarten, dass wir inhaltlich nicht mehr zu dem stehen, was in derTolerierungsabsprache von SSW, SPD und Bündnis90/Grünen vereinbart war. Daraus folgtlogischerweise, dass wir nicht mit allen Vereinbarungen des Koalitionsvertrags von CDUund SPD einverstanden sind.Ein weiterer Punkt, warum die Bildung einer Großen Koalition uns nicht begeistert, istThema dieser Debatte. Denn eine so dominante Große Koalition mit 59 von 69Abgeordneten bringt aus parlamentarischer Sicht einige Probleme mit sich. DieLandesverfassung und auch die Geschäftsordnung des Schleswig-HolsteinischenLandtages ist mit ihren Mitwirkungs- und Kontrollrechten für die Opposition im Grundenicht für die Situation einer Großen Koalition konzipiert worden. In vielen Fällen z.B. bei 2der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, der Anwesenheitspflicht der Mitgliederder Landesregierung oder bei der Einberufung einer Sondersitzung des Landtages sind dieMinderheitenrechte der Antragssteller an ein Quorum von mindestens einem Viertel derAbgeordneten oder 18 Abgeordneten geknüpft.Die heutige Opposition von FDP, den Grünen und SSW kommt aber gerade mal auf 10Abgeordnete. Dabei sind die Minderheitenrechte der Opposition ein sehr wichtiger Teil derparlamentarischen Demokratie. Denn gerade die Fraktionen, die nicht die Regierungmittragen, haben ja die besondere Aufgabe, die Regierung zu kontrollieren. Wenn mandiese Minderheitenrechte nicht wahrnehmen kann, wird die Kontrollfunktion derOpposition erschwert.Diese Situation hat man auch in anderen Bundesländern, wo eine Große Koalition regiert,vorgefunden und entsprechende Lösungen erarbeitet. Dabei fällt insbesondere die sogenannte Bremer Erklärung zu den Minderheitenrechten der Opposition in Zusammen-hang mit der Bildung der Großen Koalition in Bremen von 1999 ins Auge. Hier hat manjenseits einer Verfassungsänderung die Kontroll- und Mitwirkungsrechte der Oppositiongesichert. Der SSW ist der Meinung, dass dieses auch für Schleswig-Holstein der richtigeWeg ist. Denn mit einer Änderung der Landesverfassung sollten wir immer vorsichtig seinund im Grunde sagen selbst die Vorsitzenden der beiden Volksparteien, dass es sich umeine Notkoalition für eine Übergangsphase handelt. Das heißt eine möglicheVerfassungsänderung in dieser Frage könnte schon nach der nächsten Landtagswahlüberflüssig sein.Der SSW begrüßt daher, dass CDU und SPD sich schon in ihrer Koalitionsabsprache an derBremer Erklärung orientiert haben. Dort haben die Koalitionspartner in den überwie- 3genden Fällen, wo es um die Kontroll- und Minderheitenrechte der Opposition geht,zugesagt, dass sie die erforderlichen Quoren bei Antragsstellung von zumindest zweiFraktionen durch eigenes Abstimmungsverhalten sicherstellen wollen. Dennoch ist eswichtig, dass die Sicherung der Kontroll- und Minderheitenrechte der Opposition nichtallein auf einer Willenserklärung von CDU und SPD beruht. Wir müssen diese„natürlichen“ Rechte der Opposition in einem gemeinsamen Landtagbeschluss, wie er vonder Fraktion von Bündnis90/Die Grünen heute eingebracht worden ist, festschreiben. Wirwerden die Einzelheiten sicherlich noch dem zuständigen Ausschuss diskutieren müssen.Bei der Frage, ob in der neuen Legislaturperiode die FDP oder die Grünen den Oppositions-führer oder die Oppositionsführerin stellen, hätten wir zu dem bewährten Mittel desLosentscheides greifen können. Das wäre, sagt der Wissenschaftliche Dienst, ganz inÜbereinstimmung mit unserer Verfassung und sowohl auf Bundes als auch aufkommunaler Ebene ein anerkanntes Verfahren, um in Pattsituationen bei der Verteilungvon Posten zu einer Entscheidung zu gelangen. Richtig ist allerdings auch, dass z.B. dieLandesverfassung von NRW bei gleich großen Fraktionen das Wahlergebnis der Parteienhinzuzieht. Wir werden also der Überweisung dieser Angelegenheit in den Innen- undRechtausschuss zustimmen.Es wird auf die parlamentarische Praxis ankommen, ob die Landtagsarbeit auch in derRegierungsarbeit einer Großen Koalition nicht zu kurz kommt, wie LandtagspräsidentMartin Kayenburg heute in einem Zeitungsinterview angekündigt hat. Das erfordert, dassalle Landtagsfraktionen sich der öffentlichen Debatte über die Regierungsbeschlüssegerade auch im Landtag stellen, und das erfordert eine aktive und starke Opposition. DerSSW wird jedenfalls seinen Teil dazu Jahren beitragen.