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17.03.05
11:43 Uhr
Landtag

Rede des neuen Schleswig-Holsteinischen Landtagspräsidenten Martin Kayenburg

32/2005 Kiel, 17. März 2005 Es gilt das gesprochene Wort!


Rede des neuen Schleswig-Holsteinischen Landtagspräsiden- ten Martin Kayenburg
Kiel (SHL) – In seiner heutigen (17. März 2005) Rede als neu gewählter Landtagspräsident sagte Martin Kayenburg unter anderem:
„Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Heute ist für uns alle und heute ist für Schleswig-Holstein ein wichtiger Tag. Einige meiner Gedanken will ich Sie deshalb wissen lassen, bevor ich zu den Wahlen auf- rufe.
Zunächst danke ich Ihnen, sehr geehrter Herr Alterspräsident Neugebauer, für Ihre umsichtige Amtsführung und Ihre bedenkenswerten Worte, die Sie an uns alle ge- richtet haben. Sie haben das Amt und die Funktion des Alterspräsidenten in jeder Hinsicht jugendlich souverän bekleidet. Herzlichen Dank dafür!
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Ihnen allen gratuliere ich zur Wahl und zur Annahme des Mandats und darf Sie herzlich zum Beginn der 16. Wahlperiode des Schleswig-Holsteinischen Landtages begrüßen. Mein besonders Willkommen gilt den 19 neuen Abgeordneten im nur- mehr 69 Frau und Mann starken Landtag. Sie sind allesamt natürlich nicht neu im politischen Geschäft, gleichwohl ist das Plenum für Sie ein noch ungewohnter Ort. Ich kann Ihnen versichern, man gewöhnt sich schnell daran. Und wie Sie gerade gehört haben, sind selbst die an Parlamentsjahren Ältesten in diesem Haus im Grunde immer noch jung geblieben, weil sie die Herausforderungen des Mandats angenommen haben.
Ich bin überzeugt, Ihnen wird die Einarbeitung in den ‚Stil des Hauses’ schnell gelin- gen. Sie werden aber auch mit Ihren bisherigen politischen, beruflichen und persön- lichen Erfahrungen die Arbeit dieses Parlaments bereichern und fördern und den Stil dieses Parlaments somit aktiv mitgestalten. Da bin ich ganz sicher. Ich freue mich auf ein konstruktives Miteinander mit Ihnen allen. 2



Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich danke Ihnen für Ihr Votum und das mir ausgesprochene Vertrauen. Das mir über- tragene Amt werde ich mit der gebührenden Neutralität und Überparteilichkeit füh- ren. Ich werde mich in der Amtsführung an meinem unmittelbaren Vorgänger im Amt und an den inhaltlichen und repräsentativen Anforderungen orientieren, die mit die- sem Amt verbunden sind. Sie dürfen darüber hinaus – und ich hoffe, Sie verstehen das nicht als Drohung – auch mit politischen Impulsen meinerseits rechnen.
Der Landtagpräsident hat – wie alle Abgeordneten in diesem Hohen Hause – die Möglichkeit, Inhalte anzugehen und zu bewegen, die für unser Land und seine Bür- ger Nutzen schaffen und Sinn stiften. Dies kann – und für mich ergänze ich – muss er in einem gewissen Rahmen außerhalb des parteilichen oder Fraktionszwangs verantwortlich wahrnehmen. Und hier nehme ich Ihre Worte, lieber Kollege Neuge- bauer, bezüglich des Appells für eine neue politische Kultur auf und verstehe sie gleichsam als Spiegel für die künftige Amtsführung. Die Darstellung und Wahrung des Ansehens des Parlaments und seiner Arbeit - und das umfasst mit Sicherheit auch das – wenn Sie mir diesen Ausdruck gestatten – Betriebsklima dieses Hau- ses – gehören sicherlich zu den vornehmsten Pflichten, die mit dem Amt des Land- tagspräsidenten verbunden sind. Dem fühle ich mich zutiefst verpflichtet.
Was ich aus meinem Amt heraus zur Gewinnung von mehr Vertrauen der Bürgerin- nen und Bürgern in die Politik und in die Politiker dieses Landes leisten kann, werde ich nach Kräften tun. Der Landtagspräsident dient – nach seiner Verpflichtung ge- genüber den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes – dem Parlament und dem Parlamentarismus an erster Stelle. An diesem Bewusstsein wird sich meine Amts- führung ausrichten. Oder, um es einmal salopp zu formulieren: Sie werden schon sehen, was Sie an mir haben – im positiven Sinne, versteht sich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die politische Konstellation der kommenden Jahre wird aller Voraussicht nach allen Abgeordneten ein Höchstmaß an zeitlicher und inhaltlicher Leistung sowie große Disziplin abverlangen; dies nicht nur, weil der Landtag von 89 auf 69 Abgeordnete geschrumpft ist, sondern besonders wegen der nach wie vor wachsenden Zahl an politischen Aufgaben und Inhalten, die entweder im Landtag selbst zu bewältigen sind oder die im eigenen Wahlkreis bewegt werden müssen.
Diejenigen von uns, die schon länger dem Landtag angehören, wissen das, und die neuen Kolleginnen und Kollegen haben dies in den Fraktionssitzungen bereits ein- dringlich vermittelt bekommen. Ich kann von dieser Stelle keine Entwarnung geben, sondern will dies sogar noch bekräftigen. Das muss und soll allerdings nicht entmu- tigen. Ganz im Gegenteil!
Wer dieses Mandat anstrebt, der oder die will gestalten. Und das Maß und die Mög- lichkeit der politischen Gestaltung ist groß und wir alle sollten dies nutzen. Aller- dings – und für diese Aussage braucht es keine prophetischen Gaben – Wohltaten werden absehbar kaum zu vergeben sein. Dafür werden keine finanziellen Spiel- räume bestehen. Dennoch ist es unser aller Aufgabe, die Möglichkeiten der Gestal- tung so auszuschöpfen, dass mit den vorhandenen Ressourcen ein Optimum für die Menschen in diesem Land erreicht wird. Hier und heute ist Politik deshalb vor allem als Wettbewerb der Ideen gefragt, wie wohl niemals zuvor. Und dieses Parlament 3


und seine Abgeordneten haben nach meiner festen Überzeugung die Qualität, um gute Politik für unser Land zu gestalten und zu gewährleisten. Dabei gilt es zu alle- rerst die Inhalte, die aus eigener Kraft und Verantwortung unseres Mandats politisch gestaltbar sind, anzugehen. Jedoch – und das hat der Kollege Neugebauer bereits angesprochen – ist es genauso wichtig, gemeinsam mit Verbänden, Institutionen und Unternehmen dieses Landes die Bereiche und Segmente zu gestalten, die Poli- tik beziehungsweise die politischen Kräfte dieses Landes nicht aus eigener Kraft mit Inhalten zukunftsweisend ausfüllen können. Ich bin überzeugt, alle in diesem Hause haben den guten Willen zur Zusammenarbeit, wenn sie das Land nach vorne bringt – auch und besonders im Verhältnis zu den übrigen Bundesländern. Die Zei- ten, in denen wir – und mit ‚wir’ meine ich alle: Politiker, Verbände, Unternehmen, gesellschaftliche Kräfte – in denen wir also es uns leisten konnten, aus Eitelkeit oder Machtdünkel die Chancen für Verbesserungen in unserem Lande auszulassen und politische Grabenkämpfe zu führen, sind wahrlich vorbei. Und mein Appell ist nicht auf die jeweilige politische Konstellation bezogen, wenn ich bitte und fordere: Las- sen Sie uns eine Allianz aller Kräfte schmieden, die dieses Land voranbringen kön- nen, ohne dass wir dabei unsere eigene politische Überzeugung aufgeben müssten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Wort von der politischen Gestaltung bringt mich auf einen besonderen Punkt, der auch in dieser Legislaturperiode auf mehreren Ebenen das Maß an Zukunftsfä- higkeit dieses Landes und aller Bundesländer, ja ganz Deutschlands bestimmen und über unsere Reformfähigkeit mitentscheiden wird: Ich meine die Modernisierung des Föderalismus, die auch weiterhin unter Beteiligung des Schleswig- Holsteinischen Landtages bewegt werden muss.
Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat bereits im Jahre 2001 in einer gemeinsa- men Entschließung aller Fraktionen seine Vorschläge für eine Modernisierung des Föderalismus unterbreitet und sie 2004 bestätigt. Mit dem Lübecker Konvent im März 2003 haben wir alle 16 Landtage unter eine gemeinsame Flagge in dieser Frage bringen können. In der Folge war dieser Landtag unter maßgeblicher Mitges- taltung durch seinen Präsidenten Heinz-Werner Arens ein wesentlicher Wegbereiter dafür, dass die Bundeskommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ord- nung zusammengetreten ist und verhandelt hat, um eine notwendige Entflechtung von Kompetenzen, Verantwortungen und Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern vorzunehmen. Das Engagement dieses Landtages war kein Selbstzweck. Es war ein Zeichen des Selbstbewusstseins dieses Parlaments, Reformen anzupa- cken und die Leistungsfähigkeit in der parlamentarischen Arbeit und deren Ergeb- nisse verbessern zu wollen. Gewollt waren mehr Transparenz und Effizienz politi- scher Entscheidungen und die Herstellung von mehr Bürgernähe sowie eine klare Erkennbarkeit der jeweiligen Verantwortungsebenen. Getragen werden sollte alles von der viel beschworenen Subsidiarität. In diesen Zielen waren sich grundsätzlich alle Beteiligten einig. Ergebnisse konnten dennoch nicht erzielt werden, denn die Argumente wurden bestimmt von den Ängsten vor alleiniger Verantwortung oder von noch mehr Sorge vor Machtverlust. Sie lieferten damit genau das Bild, das die Situation herbeigeführt hatte, die jetzt bereinigt werden sollte.
Die inhaltliche Bewegungslosigkeit der Kommission spiegelte die politischen Um- stände, die bei Beginn der Kommissionsarbeit zu Recht angeprangert wurden. Und obschon wir nur mit beratend am Tisch saßen, stehen wir heute gleichsam mit allen anderen Beteiligten in der Kritik. Das gilt es zu ändern: Zeigen wir weiterhin Verant- 4


wortung für Reformnotwendigkeiten und mehr Transparenz in das politische Han- deln. Lassen Sie uns erneut gemeinsam eintreten für eine Reform der bundesstaat- lichen Ordnung. Dieser Landtag ist sich in der vergangenen Legislaturperiode in der Sache einig gewesen und ich bin sicher, dass er es immer noch ist: Wir brauchen einen modernen deutschen Staat, eine Stärkung der Kompetenzen der Länder und eine Stärkung des Länderparlamentarismus. Das ist gut für unser Land und das ist gut für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes.
Meine sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Landtag steht mit seiner Arbeit seit vielen Jahren auch für die Verbesserung der politischen Zusammenarbeit im Ostseeraum und für das Zusammenwachsen der Ostseeregion. Es ist nicht unwesentlich auch das Verdienst dieses Parlaments und meines Amtsvorgängers, dass Schleswig-Holstein einen guten Namen als ver- lässlicher Partner im baltischen Raum hat. Neben den vielen Verknüpfungen auf wirtschaftlicher und kultureller Ebene im Ostseeraum gilt es zukünftig vor allem, die parlamentarische Dimension der Kooperation weiter voranzutreiben. Dieses Hohe Haus war in Vergangenheit oft genug Impulsgeber in diesem Prozess. Wir haben viele Türen öffnen können und viele Entwicklungen unterstützen beziehungsweise initiieren können, die Menschen, Unternehmen und Politik zusammengeführt haben. Wir sind weiterhin im Gespräch. Lassen Sie uns die guten Voraussetzungen nutzen und in den kommenden Jahren gemeinsam weitere Schritte der Zusammenarbeit im Ostseeraum gehen, um die großen Potentiale, die das Baltikum und die gesamte Ostseeregion nach wie vor in sich bergen, nicht zuletzt zum Nutzen Schleswig- Holsteins auszuschöpfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die parlamentarische Dimension betrifft selbstverständlich nicht nur den Ostsee- raum. Wir sind gut beraten, wenn wir den Blick nicht nur in die Ferne schweifen las- sen, sondern auch vor unsere Haustür richten. Auf Seiten der Regierung gibt es bereits seit Längerem umfangreiche und prosperierende Kontakte nach Hamburg. Aus gutem Grund: Die Partnerschaft zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein ist eine ‚win-win’-Beziehung. Beide Seiten profitieren von der Kooperation und dement- sprechend gestaltet sich die Partnerschaft immer intensiver und mit immer größe- rem Nutzen für beide Länder.
Der Schleswig-Holsteinische Landtag wiederum hat gute Kontakte zur Hamburgi- schen Bürgerschaft. Und ich werte es gleichermaßen als Ehre und Kompliment an das gesamte Hohe Haus, dass der Bürgerschaftspräsident der Freien und Hanse- stadt Herr Berndt Röder heute bei uns zu Gast ist und die konstituierende Sitzung verfolgt. Herr Präsident Röder, ich freue mich auf die Zusammenarbeit. Wir werden die traditionell guten Kontakte der Landtagspräsidenten fortführen.
Ich nehme Ihre Gegenwart aber auch zum Anlass, um für eine intensivere Partner- schaft der Parlamente von Hamburg und Schleswig-Holstein zu werben. Es kann uns aus meiner Sicht hier und heute egal sein, worin die Zusammenarbeit mit Ham- burg einmal münden wird. Sicher ist aber: Auch das Parlament dieses Landes hat seinen Beitrag zur weiteren Intensivierung der Kontakte und Abgleichung der Felder von weiterer möglicher Zusammenarbeit mit Hamburg zu leisten. Und das bedingt für die Parlamente ein noch engeres Zusammengehen, als dies bisher der Fall war. Ich kann an dieser Stelle nur appellieren und auffordern: Die Parlamente können näher zusammenrücken. Ich denke, wir treffen mit einer Initiative der verstärkten 5


Zusammenarbeit der Parlamente auf offene Türen in Hamburg. Daneben gilt es selbstverständlich aber auch, unsere guten parlamentarischen Kontakte insbeson- dere in Richtung Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen zu pflegen und zu vertiefen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind gewählt worden, um für die Bürgerinnen und Bürger Schleswig-Holsteins Politik zu machen und übernehmen damit Verantwortung dafür, dass dieses Land wieder vorangebracht wird. Die Menschen stellen zu Recht große Ansprüche an uns und unseren Einsatz, der Arbeit, Wohlstand und soziale Gerechtigkeit bringen, be- wahren oder vermehren soll. Vor dem Berg der Probleme, die es zu bewältigen gilt, heißt es Willen und Ehrgeiz zu zeigen, den politischen Auftrag der Menschen ge- wissenhaft und bestmöglich zu erfüllen; dazu sind wir hier. Für die kommenden fünf Jahre haben wir den Auftrag, die Zukunft Schleswig-Holsteins zu gestalten, zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger. In diesem Bewusstsein sollten wir alle Ent- scheidungen treffen.
Aus meinem Amte heraus, in welches Sie mich gewählt habe, werde ich mit Ihrer Unterstützung meinen Beitrag dazu leisten. Ich bin mir meiner Verantwortung in dieser Position bewusst und hoffe und bin auch sicher, dass ich mit Ihrer Hilfe den Anforderungen gerecht werden kann. Ich danke Ihnen herzlich für das Vertrauen, mit dem Sie mich am heutigen Tage bedacht haben und bitte um Ihr weiteres Ver- trauen und Ihre Unterstützung bei der Erfüllung der vor uns liegenden Aufgaben und Herausforderungen. Lassen Sie uns gemeinsam anpacken, Schleswig-Holstein hat es verdient!“