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27.01.05
17:38 Uhr
SPD

Dr. Henning Höppner zu TOP 31: "Natürlich unverfälscht" muss unser Markenzeichen bleiben

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 27.01.2005 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 31 – Gentechnik in der Landwirtschaft

Dr. Henning Höppner:
„Natürlich unverfälscht“ muss unser Markenzeichen bleiben
Es gibt, wenn man sich auf die Internetplattform des Robert-Koch-Institutes begibt, dort eine summarische Auflistung von genehmigten Forschungsvorhaben zur grünen Gentechnik. Das sind mehrere tausend Vorhaben von öffentlichen Forschungseinrich- tungen wie auch von Hochschulen und auch mehr als tausend im privaten und ge- werblichen Forschungsbereich. Bislang gibt es aber noch kein genehmigtes Freiset- zungs-vorhaben. Seit Jahren steht auf der entsprechenden Internetseite des RKI mit einer Auflistung solcher Freisetzungsvorhaben die Zahl Null.
Dennoch, die Feststellung sei mir gestattet, die Vielzahl der Forschungsvorhaben zeigt uns, dass die oft aufgestellte Behauptung, es gäbe in Deutschland eine Behinderung der Wissenschaft im Bereich der Grünen Gentechnik, für uns so nicht erkennbar wird, wohl aber eine Beeinträchtigung bei der wirtschaftlichen Verwertung.
Für die Freisetzung von GVO-Pflanzen gilt die EU-Richtlinie 2001/18. Diese Richtlinie ist die Grundlage für das Prinzip der Koexistenz beim Anbau von gentechnisch verän- derten Pflanzen und beim gentechnikfreien Anbau. Das am 24.6.2004 vom Deutschen Bundestag verabschie-dete Gentechnikgesetz berücksichtigt dieses Prinzip der Ko- existenz.
Die Frage, die sich für uns Schleswig-Holsteiner stellt, ist die Frage, ob eine solche Koexistenz bei uns in Schleswig-Holstein möglich ist. Oder unter welchen Vorausset- zungen und Bedingungen eine parallele Form des Anbaus von GVO-Pflanzen und konventionellem gentechnikfreiem Anbau sinnvoll und zulässig ist. Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



Vorrangig bezieht sich die Grundproblematik der Koexistenz bei benachbartem Anbau derselben Pflanze, auf dem einen Feld gentechnisch verändert, auf dem anderen her- kömmlich gentechnikfrei. Hierbei spielt nicht nur die Größe der Anbauflächen und de- ren Entfernung zueinander eine Rolle oder die zeitliche Überschneidung der Blühperi- oden, sondern auch die klimatischen Bedingungen, wie vorherrschende Windrichtun- gen, übliche Windstärken, die entscheidend sein können für das Verdriften von Pollen, z.B. beim Mais, der nicht von Insekten bestäubt wird.
Ist Schleswig-Holstein eine geeignete Region für den Anbau von GVO-Pflanzen unter der Beachtung des Koexistenzprinzips? Nach unserer Auffassung eher nicht. Die bei uns vorherrschenden klimatischen Bedingungen mit im wesentlich westlichen Windla- gen und entsprechenden Windstärken lassen diese kaum zu. Zumindest sind die Risi- kofaktoren für Verdriftungen und damit fahrlässige Einkreuzungen in gentechnikfreien Empfängerfeldern höher als in vielen anderen deutschen und europäischen Regionen, wie z.B. in Teilen Mecklenburg-Vorpommerns.
Das Joint-Research-Center der EU-Kommission hat im Jahre 2002 in Modellrechnun- gen eine Koexistenz im genveränderten Maisanbau für möglich gehalten, wenn zwi- schen dem konventionellen und dem gv-produzierenden Betrieb ein kontinuierlicher Abstand von 200 m eingehalten werden kann.
Es gibt auch ältere Erfahrungen aus Feldversuchen mit gv-Mais in den USA, bei denen es unter Einhaltung der Abstände von 200 m Einkreuzungsraten von 1,6 Prozent gab. Die damit aber schon in den Bereich der Kennzeich-nungspflicht kämen, da sie die Schwellenwerte der EU-Richtlinie überschritten haben. Diese Modellrechnungen gel- ten für die Maispflanze, deren Pollen relativ groß und schwer sind und damit nicht so leicht verdriften wie andere Pollen.
Aber, meine Damen und Herren, Trennstreifen in einer Tiefe von 200 m und mehr sind wirtschaftlich bei uns kaum vertretbar. Sie können das sehr gut nachvollziehen, wenn Sie die weitverbreitete Satellitenkarte zu Hilfe nehmen, die Schleswig-Holstein zur Zeit der Rapsblüte zeigt, und wenn Sie hierbei über eine notwendige Regelung zur Koexis- tenz der beiden Anbauarten nachdenken. Breite Geländestreifen müssten eingezogen -3-



werden, die die Anbaufläche insgesamt erheblich reduzieren würden, insbesondere, wenn der Anbauer von GVO-Pflanzen aus seinen eigenen Flächen die Abstandsstrei- fen zum benachbarten konventionellen Anbaufeld aufbringen müsste.
Ein Sprecher des Bauernverbandes sprach sich vor kurzem dafür aus, in Schleswig- Holstein nur die Insel Pellworm als gentechnikfreie Region auszuweisen. Das mag dort auf der Insel an dem hohen Anteil ökologisch wirtschaftender Betriebe liegen und der Tatsache, das dort ein Anbau in Koexistenz nicht möglich sein wird. Außerdem, das ist meine Einschätzung, würde allein ein Bekanntwerden von GVO-Anbau auf der Insel Pellworm die Anzahl der Gäste erschreckend reduzieren. Das Image dieser Insel ver- bietet eine solche Koexistenz.
Ich erwähne hier auch die Regionen im südlichen Dänemark mit hohen Anteilen des ökologischen Landbaus. Auch dort wird die Forderung nach Gentechnikfreiheit in zu- sammenhängenden Regionen inzwischen gestellt.
Koexistenz, meine Damen und Herren, bedeutet, dass auf Anbauflächen, auf denen gentechnikfrei nach konventioneller oder ökologischer Art gewirtschaftet wird, auch ein Schutz vor Einkreuzung sichergestellt sein muss. Der Landwirt, der gentechnikfrei er- zeugen will, muss genauso das Recht und die Sicherheit haben, wie der Verbraucher, der ein natürliches Produkt erwerben und verbrauchen will.
Meine Damen und Herren, wir haben das Gütesiegel Schleswig-Holstein nach Kräften unterstützt. Das Gütesiegel besagt, dass bei der Herstellung des Lebensmittels kein GVO-Futtermittel zum Einsatz gekommen ist, kein GVO-Saatgut und keine GVO- Pflanzen verarbeitet werden. Lassen sie uns dieses zu einem Prinzip für Schleswig-Holstein machen. Schleswig- Holstein ist klar, frisch, einzigartig und natürlich unverfälscht. Das muss unser Markenzeichen bleiben!
Ich bitte Sie daher, liebe Kolleginnen und Kollegen, unserem Antrag zuzustimmen!!